Die Schlucht. Иван Гончаров
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Название: Die Schlucht

Автор: Иван Гончаров

Издательство: Public Domain

Жанр: Русская классика

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СКАЧАТЬ das Joch, alle Fesseln muß er zerreißen, um kühn, stark und leidenschaftslos dazustehen und zu schaffen. Die tote Wüste, den kalten Stein soll er mit Leben erfüllen, soll die Menschen zeigen, wie sie leben, lieben, leiden, glücklich sind und sterben . . . Das ist die große Aufgabe, um deretwillen er in die Welt gesandt ist! . . .«

      Sorgfältig verzeichnete Raiski diese Vision in dem Programm seines Zukunftsromans, wie er bereits vorher seine Gespräche mit Sophie, die Episode mit Natascha und vieles andere aufgezeichnet hatte, was er in dem Laboratorium seiner Phantasie zu verarbeiten gedachte.

      »Ja – aber wo steckt denn hier der Roman?« dachte er kleinmütig. »Es ist ja gar kein Roman da! Aus diesem ganzen Wust von Material kann ich doch höchstens die Einleitung zu einem Roman gestalten; der Roman selbst liegt noch im weiten Felde, wenn er überhaupt zustande kommt! Und was für ein Roman ist wohl dort in dem stillen Provinzwinkel, auf dem flachen Lande, zu finden? Ein Idyll vielleicht, das sich zwischen Hühnern und Hähnchen abspielt – aber kein Roman mit lebendigen Menschen, voll Feuer, Bewegung und Leidenschaft!«

      Gleichwohl brachte er zuunterst in seinem Reisekoffer sein ganzes literarisches Material unter, während er seine Bleistiftskizzen, Farbenstudien, Porträts usw. in eine besondere Kiste legte und auch Farben, Pinsel und Palette nicht vergaß, um dort auf dem Lande ein kleines Atelier zu eröffnen, falls seine Romanpläne nicht recht vorwärtsschreiten sollten.

      Obendrauf packte er dann seine Wäsche, seine Kleider, ein paar Geschenke für die Großtante und die Cousinen und die gemsledernen Beinkleider nebst ebensolcher Jacke, die er im Auftrage Tatjana Markownas für Tit Nikonytsch besorgt hatte.

      »Nun auf – dahin, dahin! Wollen sehen, was weiter wird!« sagte er nachdenklich, als er Petersburg verließ.

      Zweiter Teil

      Erstes Kapitel

      In langsamem, schläfrigem Trabe näherte sich Raiski auf einem mit drei mageren Kleppern bespannten elenden Fuhrwerk, einen Seitenweg benutzend, seinem Gute.

      Nicht ohne einige Aufregung sah er die leichten Rauchwölkchen aus den Schornsteinen des Hauses aufsteigen, das sein Heim, seine Geburtsstätte war; die in morgenfrischem Grün prangenden Birken und Linden beschatteten den behaglichen stillen Winkel, das Ziegeldach des alten Wohnhauses blickte aus dem Gezweige, und zwischen den Baumstämmen hindurch schimmerte, von Zeit zu Zeit wieder verschwindend, der breite Silbergürtel der Wolga. Ein frischer, gesunder Luftstrom, wie er ihn schon lange nicht geatmet, wehte ihm von dorther entgegen.

      Er kam näher und näher: jetzt sah er die bunten Blumenbeete in dem Gärtchen vor dem Hause, und weiterhin die Linden- und Akazienalleen und die alten Rüstern, und dann links die Apfel-, Kirsch- und Birnbäume.

      Dort spielen die Hunde in einem Winkel des Hofes, da liegen die jungen Katzen in der Sonne; Starkästen schaukeln sich an dünnen Stangen; Tauben drängen sich auf dem Dache des neuen Hauses, Schwalben schießen darüber hin.

      Hinter dem Gutshofe, nach dem Dorfe zu, ist die ganze Wiese mit Leinwand bedeckt, die in der Sonne bleichen soll.

      Dort rollt eine Bäuerin ein kleines Faß über den Hof, ein Kutscher zerkleinert Holz, ein anderer ist eben dabei, einen Arbeitswagen zu besteigen und den Hof zu verlassen: lauter Unbekannte sind es, die er da sieht. Doch nein: dort schaut Jakow schläfrig von der Verandatreppe in die Weite. Den kennt er noch von früher: wie alt ist er geworden!

      Und hier ist noch ein Bekannter: Jegor der Spötter, der sich vergeblich bemüht, ein Reitpferd zu besteigen, das von ihm durchaus nichts wissen will. Die Mädchen stehen da und spotten über ihn, den Spötter.

      Er hat Jegor kaum wiedererkannt: als siebzehnjährigen Burschen hat er ihn zuletzt gesehen, und jetzt ist er ein Mann geworden und trägt einen Schnurrbart, der bis an die Schultern reicht; nur der Schopf auf dem Schädel, der kecke Blick und die ewig sichtbaren Zähne in dem spöttisch verzogenen Munde sind dieselben geblieben.

      Da scheint noch ein bekanntes Gesicht zu sein: irgendeine Marina oder Fedoßja, deren er sich dunkel als fünfzehnjährigen jungen Mädchens erinnert, und die nun dort über den Hof schreitet.

      Alles suchte Raiski mit sorgsam spähendem Blick zu erfassen, während er an dem Zaune entlang, der das Haus, den Hof und den Garten vom Fahrweg trennte, neben seinem Wagen zu Fuß daherging.

      Mit stillem Behagen betrachtete er alle die Einzelheiten des ihm wohlbekannten Bildes, als seine Augen plötzlich auf einer unerwarteten Szene haften blieben.

      Auf der mit Zitronen- und Pomeranzenbäumchen, Kakteen, Aloekübeln und Blumentöpfen besetzten, vom Hofe durch ein Gitter getrennten Veranda stand ein junges Mädchen von etwa zwanzig Jahren, das von zwei Tellern, die ein barfüßiges Bauernmädchen im bunten Kattunrock ihr entgegenhielt, ganze Hände voll Hirse nahm und dem Geflügel hinstreute. Hühner, Enten, Truthühner, Tauben sowie Spatzen und Dohlen tummelten sich zu ihren Füßen.

      »Zip, zip, ti, ti, ti! Gul, gul, gul!« lud sie die Vögel freundlich zum Frühstück ein.

      Die Hühner und Tauben pickten rasch zu und wichen dann zurück, als fürchteten sie jeden Augenblick eine Gefahr, kamen jedoch sogleich wieder. Kam eine Dohle von der Seite her angehüpft, um heimlich ein Hirsekorn zu stehlen, dann stampfte das Mädchen mit dem Fuße auf: »Weg da, weg, was willst du hier?« rief sie und scheuchte die Zudringliche mit einer Handbewegung fort, worauf die gefiederte Schar nach allen Seiten auseinanderstob, um im nächsten Augenblick wieder die Köpfe zusammenzustecken und mit Gier und Hast, als müßten sie die Körner stehlen, das gestreute Futter aufzupicken.

      »Ach, du Gierschlung!« rief sie einem großen Hahne zu und trieb ihn fort. »Keins läßt er heran – was ich auch hinwerfe, alles will er selbst fressen!«

      Die Morgensonne leuchtete hell herab auf die bunte Geflügelschar und das junge Mädchen. Raiski hatte Zeit gefunden, sie zu betrachten: sie hatte große, dunkelgraue Augen, runde, frische Wangen, dichte, weiße Zähne, zwei hellbraune, um den Kopf gewundene Zöpfe und eine kräftig entwickelte Brust, die in der feinen weißen Bluse prall hervortrat.

      Der Hals war frei, von keinem Tuch oder Kragen bedeckt – er war weiß, nur ganz leicht von der Sonne gebräunt. Bei dem Versuche, den gefräßigen Hahn fortzujagen, war der eine ihrer beiden Zöpfe heruntergeglitten und hing nun über Hals und Rücken herab, doch achtete sie nicht weiter darauf, sondern fuhr fort, den Vögeln das Futter zu streuen.

      Sie lachte, runzelte die Stirn, lachte wieder und blickte so frisch und heiter drein wie der Frühlingsmorgen selbst. Sie achtete sorgfältig darauf, daß nur ja alle ihr Teil abbekamen, und daß die Spatzen und Dohlen nicht zu viel wegstibitzten.

      »Hast du das Gänschen nicht gesehen?« fragte sie das vor ihr stehende Mädchen mit wohlklingender Altstimme.

      »Nein, Fräuleinchen,« sagte das Mädchen. »Man sollte es lieber den Katzen geben. Asimia sagt, es werde doch draufgehen.«

      »Nein, nein, ich will selber nachsehen,« fiel das Fräulein ihr ins Wort. »Asimia hat auch gar kein Mitleid mit dem Tierchen, sie ist imstande, es ihnen lebendig hinzuwerfen.«

      Raiski hatte, selbst unbemerkt, diese ganze Szene – das junge Mädchen, die Geflügelschar, das Bauernmädchen – mit Aufmerksamkeit beobachtet.

      »Ich wußte es ja: ein Idyll!« dachte er. »Das muß mein Cousinchen sein – was für ein liebes Kind! Wie einfach, wie anmutig! Aber welche von beiden ist’s nur—Wjerotschka oder Marsinka?«

      Er wartete nicht, bis sein Wagen in das Hoftor einbog, sondern lief voraus und stand plötzlich СКАЧАТЬ