Название: Ange Pitou Denkwürdigkeiten eines Arztes 3
Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Ich begreife,« sagte Pitou, »doch das Kistchen?«
»Richtig, Pitou! diese verteufelte Politik reißt mich immer weiter fort, als ich gehen will; ja vor allem das Kistchen. Du hast recht, Pitou; erst wenn ich den Doktor Gilbert gesehen habe, erst dann wollen wir zur Politik zurückkehren. Das ist eine heilige Pflicht.«
»Es giebt nichts heiligeres, als die heiligen Pflichten,« sprach Pitou.
»Laß uns also in das College Louis-le-Grand gehen, wo sich Sebastian Gilbert befindet,« sagte Billot.
»Gehen wir,« erwiderte Pitou seufzend, denn er mußte ein weiches Rasenbett verlassen, das ihm lieb geworden war. Ueberdies stieg, trotz der übermäßigen Aufregung des Abends, der Schlaf, der beständige Geist reiner Gewissen und ermatteter Kräfte, mit all seinem Schlummersaft auf den tugendhaften und ermüdeten Pitou herab.
Billot war schon aufgestanden, und Pitou erhob sich, als es halb zwölf Uhr schlug.
»Doch um halb zwölf Uhr wird das College Louis-le-Grand geschlossen sein, wie mir scheint,« sagte Billot.
»Oh! ganz gewiß,« erwiderte Pitou.
»Dann kann man bei Nacht in einen Hinterhalt geraten; mir scheint, ich sehe Biwakfeuer in der Nähe des Justizpalastes; man könnte mich verhaften oder töten; du hast recht, Pitou, man soll mich nicht verhaften, soll mich nicht töten.«
Seit diesem Morgen war es das dritte Mal, daß Billot in die Ohren Pitous die drei für den Menschen so schmeichelhaften Worte klingen ließ: du hast recht.
Pitou fand dagegen nichts besseres zu thun, als die Worte Billots zu wiederholen.
»Sie haben recht,« wiederholte er, während er sich auf den Rasen niederlegte. »Man darf Sie nicht töten, lieber Herr Billot.«
Und mit dem letzten Wort dieses Satzes erlosch die Stimme in der Kehle Pitous. Vox faucibus haesit hätte er sagen können, wenn er wach gewesen wäre. Aber er war eingeschlafen.
Billot bemerkte es nicht.
»Ein Gedanke,« rief er.
»Ah!« schnarchte Pitou.
»Höre mich, ich habe einen Gedanken! Trotz aller Vorsicht, mit der ich zu Werke gehe, kann ich getötet werden, von nahe oder von fern getroffen, vielleicht auf den Tod getroffen werden und sogleich sterben; würde dies geschehen, so mußt du wissen, was du statt meiner dem Doktor Gilbert sagen sollst.«
Pitou hörte nicht und antwortete folglich auch nicht.
»Wenn ich auf den Tod verwundet würde und meine Sendung nicht erfüllen könnte, so müßtest du statt meiner den Doktor Gilbert aufsuchen und ihm sagen . . . hörst du mich wohl, Pitou?« sprach Billot, indem er sich gegen den jungen Mann hinabbückte, und du wirst ihm sagen . . . Doch er schnarcht, der Unglückliche.«
Die ganze gewaltsame Aufregung Billots erlitt sofort eine Abspannung durch den Anblick des schlafenden Pitou.
»Schlafen wir also,« sagte er. Denn wie sehr auch der Pächter an Strapazen gewohnt war, der Ritt am Tage und die Ereignisse des Abends waren für ihn nicht ohne einschläfernde Gewalt.
Und nach drei Stunden ihres Schlummers oder vielmehr ihrer Erstarrung, erschien der Tag.
Als sie die Augen wieder öffneten, hatte Paris nichts von der wilden Physiognomie verloren, die sie am Tage zuvor an ihm wahrgenommen.
Nur sahen sie mehr Soldaten und überall Volk.
Das Volk bewaffnete sich mit Piken, die man in der Eile fabriziert hatte; mit Schießgewehren, deren sich die meisten nicht zu bedienen wußten; mit herrlichen Waffen aus einem andern Zeitalter, an denen die Träger ihre Verzierung von Gold, Elfenbein und Perlmutter bewunderten, ohne den Gebrauch und den Mechanismus davon zu verstehen.
Sogleich nach dem Rückzug der Soldaten hatte man das Garde-Meubles geplündert.
Und das Volk rollte zwei kleine Kanonen gegen das Stadthaus.
Die Sturmglocke erscholl in Notre-Dame, im Stadthause, in allen Kirchen. Man sah, und wußte nicht, von wo Legionen von bleichen, magern, nackten Männern und Weibern kommen, welche am Tage zuvor: Brot! geschrieen hatten und heute: Waffen! schrieen.
Es läßt sich nichts entsetzlicheres denken, als die Gespensterbanden, die seit ein paar Monaten aus der Provinz eintrafen, stillschweigend durch die Barrièren zogen und sich in dem selbst ausgehungerten Paris einquartierten, wie die arabischen Goules5 auf einem Friedhof.
Ganz Frankreich rief, an diesem Tage in Paris durch die Ausgehungerten jeder Provinz vertreten, seinem Könige zu: Mache uns frei! und seinem Gott: Sättige uns!
Billot, der zuerst wach geworden war, weckte Pitou auf, und beide wanderten nach dem College Louis-le-Grand, wobei sie, erschreckt durch dieses blutige Elend, schauernd umherschauten.
Als sie näher zu dem Teil der Stadt kamen, den wir heute das Quartier Latin nennen, als sie sodann die Rue de la Harpe hinaufstiegen, und endlich gegen die Rue Saint-Jacques, das Ziel ihres Marsches, vordrangen, sahen sie, wie zur Zeit der Fronde, Barrikaden sich erheben. Weiber und Kinder schleppten in die oberen Stockwerke der Häuser Folianten, schwere Möbel, kostbare Marmorarbeiten, in der Absicht, die fremden Soldaten niederzuschmettern, falls sie sich in die gekrümmten, engen Straßen des alten Paris wagen würden.
Von Zeit zu Zeit bemerkte Billot ein paar französische Gardesoldaten im Mittelpunkte einer Versammlung, die sie organisierten und mit einer wunderbaren Schnelligkeit die Handhabung eines Schießgewehres lehrten, eine Übung, welche die Weiber und Kinder mit Neugierde und beinahe mit dem Wunsche, sie selbst zu lernen, verfolgten.
Billot und Pitou fanden das College Louis-le-Grand im Aufruhr; die Schüler hatten sich erhoben und ihre Lehrer fortgejagt. In dem Augenblick, wo der Pächter und sein Gefährte vor das Gitter kamen, belagerten die Schüler dieses Gitter mit Drohungen, die der erschrockene Vorsteher durch Thränen erwiderte.
Der Pächter schaute einen Augenblick dieser Empörung im Innern zu und rief dann plötzlich mit einer Stentorstimme:
»Welcher von euch heißt Sebastian Gilbert?«
»Ich,« antwortete ein junger Mensch von einer beinahe weiblichen Schönheit, der mit Hilfe von drei bis vier seiner Kameraden eine Leiter brachte, um die Mauer zu erklettern, da er sah, daß er das Gitter nicht sprengen konnte.
»Kommen Sie näher hierher, mein Kind.«
»Was wollen Sie von mir, mein Herr?« fragte der junge Sebastian den Pächter.
»Wollen Sie ihn mitnehmen?« rief der Vorsteher, erschrocken bei dem Anblick der zwei bewaffneten Menschen, von denen der eine ganz mit Blut bedeckt war.
Der Knabe schaute seinerseits diese zwei Menschen mit Erstaunen an und suchte mit vergeblicher Mühe seinen Milchbruder Pitou wiederzuerkennen, denn er war seit der Zeit ihrer Trennung übermäßig gewachsen und in der kriegerischen Rüstung völlig verändert.
»Ihn mitnehmen!« rief Billot, »den Sohn von Herrn Gilbert mitnehmen; ihn in dieses Gemenge führen; ihn der Gefahr aussetzen, einen schlimmen Schlag zu bekommen! Oh! bei meiner Treue, nein!«
»Sehen СКАЧАТЬ
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Bei den Orientalen eine Art von Dämon, ein weiblicher Dämon, der die Friedhöfe heimsucht und sich mit Leichen füttert. D. Übers