Название: Helene
Автор: Иван Тургенев
Издательство: Public Domain
Жанр: Русская классика
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Und mit der Hand auf den zu einem Kopfe geformten Lehm schlagend, lief er aus der Laube hinaus und begab sich auf sein Zimmer.
– Ein Kind, sagte Helene und sah ihm nach.
– Ein Künstler« sagte lächelnd Berßenjew. Die Künstler sind alle so. Man muß ihnen ihre Launen hingehen lassen. Das ist ihr Recht.
– Ja wohl, erwiederte Helene, Pawel hat jedoch bisher sich noch durch nichts dieses Recht erworben. Was hat er bis jetzt vor sich gebracht? Geben Sie mir Ihren Arm, wir wollen einen Gang durch die Allee machen. Er hat uns gestört. Wir sprachen von der Schrift Ihres Vaters.
Berßenjew nahm Helene’s Arm und folgte ihr in den Garten, doch das zu früh unterbrochene Gespräch ward nicht wieder aufgenommen; Berßenjew war wieder auf seine Ansichten über Professur und seine künftige Wirksamkeit zurückgekommen. Langsam und unbeholfen ging er an Helene‘s Seite hin, hielt ungeschickt ihren Arm, stieß sie zuweilen mit der Schulter an und blickte ihr nicht ein einziges Mal ins Gesicht; seine Rede floß indessen leicht, wenn auch nicht frei dahin, er drückte sich dießmal einfach und passend aus, seine Blicke, die langsam an den Stämmen der Baume, an dem Rande des Weges, an dem Rasen hinstreiften, glühten von sanfter Rührung edler Gefühle und in der ruhigen Stimme äußerte sich die Freude, die der Mensch empfindet, wenn ihm vergönnt wird, sich gegen ein anderes, ihm theueres Wesen auszusprechen. Helene hörte ihm mit Aufmerksamkeit zu, und halb zu ihm gekehrt, verwandte sie nicht den Blick von seinem etwas bleichgewordenen Gesichte, von seinen freundlichen und sanften Augen, die doch den ihrigen auszuweichen suchten. Ihre Seele hatte sich aufgethan und ein Gefühl von Zärtlichkeit, Gerechtigkeit, Güte ergoß sich halb in ihr Herz, halb wuchs es in ihm empor.
V
Bis in die Nacht hinein kam Schubin nicht aus seinem Zimmer. Es war schon ganz dunkel geworden, der Mond stand hoch am Himmel, die Milchstraße leuchtete und die Sterne flimmerten, als Berßenjew, nachdem er von Anna Wassiljewna, Helene und Zoë Abschied genommen hatte, an die Thür seines Freundes trat. Er fand sie verschlossen und klopfte an.
– Wer da? ließ sich Schubin‘s Stimme vernehmen.
– Ich bin’s« gab Berßenjew zur Antwort.
– Was willst Du?
– Laß mich ein, Pawel, höre auf zu schmollen; schämst Du Dich nicht?
– Ich schmolle nicht, ich schiefe und sehe im Traume Zoë’s Bild.
– So höre doch auf. Du bist ja kein Kind. Laß mich hinein, ich muß mit Dir sprechen.
– Hast Du Dich denn noch nicht sattgesprochen mit Helene?
– Nun höre endlich auf; laß mich ein!
Schubin stellte sich schnarchend. Berßenjew zuckte die Achseln und entfernte sich.
Die Nacht war warm und ganz besonders still, als ob Alles rings umher aus ein Unbekanntes lauschte und Wache stünde; auch Berßenjew, umfangen von dem unbeweglichen Dunkel, blieb unwillkürlich stehen, lauschte gleichfalls und stand Wache. Ein leichtes Rauschen, dem Rauschen eines seidenen Gewandes vergleichbar, ließ sich von Zeit zu Zeit in den Wipfeln der nächsten Bäume vernehmen und erregte in Berßenjew eine angenehme und beängstigende Empfindung, ja etwas wie Furcht. Ein leichter Schauer überflog seine Wangen, seine Augen wurden von kalten Thränen plötzlich feucht; ihm dünkte, er müsse so leise wie möglich auftreten, sich verbergen, fortschleichen. Da strich ein scharfer Hauch an ihm vorüber: er fuhr zusammen und war fast wie versteinert; ein schläfriger Käfer fiel aus den Zweigen zu seinen Füßen nieder; ein leises Ah! entschlüpfte Berßenjew’s Lippen von Neuem blieb er stehen. Er begann an Helene zu denken, und mit einem Male waren jene zufälligen Eindrücke vermischt: es blieb nur die belebende Empfindung der nächtlichen Kühle und des nächtlichen Spazierganges zurück; das Bild des jungen Mädchens erfüllte ganz seine Seele. Gesenkten Kopfes schritt Berßenjew fort und dachte an ihre Worte und Fragen. Auf ein Mal glaubte er rasche Fußtritte hinter sich zu hören. Er lauschte: es kam Jemand gelaufen, man wollte ihn einholen, ein unterbrochenes Athemholen konnte er schon hören; da tauchte plötzlich aus dem schwarzen Schatten eines großen Baumes, ohne Mütze auf dem zerwühlten Haare, ganz bleich im Lichte des Mondes, Schubin vor ihm auf.
– Es freut mich, daß Du diesen Weg gegangen bist, brachte er außer Athem hervor, – ich hätte die ganze Nacht nicht geschlafen, wenn ich Dich nicht eingeholt hätte. Gieb mir die Hand. Du gehst jetzt nach Hause?
– Ja, nach Hause.
– Ich werde Dich begleiten.
– Ohne Mühe?
– Thut nichts. Ich habe auch das Halstuch abgenommen. Es ist jetzt warm.
Die Freunde gingen einige Schritte weiter.
– Nicht wahr, ich bin heute ein Narr gewesen? fragte Schubin plötzlich.
– Aufrichtig gesagt, ja. Ich habe Dich nicht begreifen können. So habe ich Dich noch nie gesehen. Und worüber bist Du in Zorn gerathen, lohnte sich’s denn! Um solche Kleinigkeiten?
– Hm, murmelte Schubin. Das sagst Du, für mich sind es aber, keine Kleinigkeiten. Siehst Du, setzte er hinzu, – ich muß es Dir bekennen, ich . . . ich . . . denke von mir was Du willst . . . ich . . . nun ja denn! ich liebe Helene.
– Du liebst Helene! wiederholte Berßenjew.
– Nun ja, sagte Schubin mit affectirter Gleichgültigkeit. Das nimmt Dich Wunder? Ich will Dir noch mehr sagen. Bis zum heutigen Abend durfte ich hoffen, daß auch sie mich mit der Zeit lieben werde. Heute aber habe ich die Ueberzeugung gewonnen, daß ich auf nichts zu hoffen habe. Sie hat einen Anderen liebgewonnen.
– Einen Anderen? Wen denn?
– Wen? Dich! rief Schubin aus und gab Berßenjew einen Schlag auf die Schulter.
– Mich?
– Dicht wiederholte Schubin.
Berßenjew that einen Schritt zurück und blieb regungslos stehen. Schubin beobachtete ihn scharf.
– Und das wundert Dich? Du bist ein bescheidener Jüngling. Sie liebt Dich aber doch, darauf kannst Du Dich verlassen.
– Was Du für Unsinn schwatzst! sagte endlich Berßenjew ärgerlich.
– Keinen Unsinn, nein. Doch warum bleiben wir stehen? Laß uns weiter gehen. Es spricht sich besser im Gehen. Ich kenne sie schon lange, und kenne sie gut. Ich kann mich nicht täuschen. Sie hat Geschmack an Dir gefunden. Es war eine Zeit, wo ich ihr gefiel; aber erstens bin ich ihr ein gar zu leichtfertiger junger Bursche, Du hingegen bist ein ernster Kopf, bist moralisch und physisch eine anständige Persönlichkeit, Du . . . warte etwas, ich bin noch nicht fertig . . . Du bist ein gewissenhaft-gemäßigter Enthusiast, Du bist ein wahrer Repräsentant jener Priester der Wissenschaft, auf die . . . nein, nicht auf die . . . auf welche die Klasse des mittleren russischen Adels mit vollem Rechte stolz ist! Und zweitens hat Helene mich neulich ertappt, wie ich Zoë die Hände küßte.
– Zoë?
– Ja wohl, Zoë. Was ist dabei zu machen? Sie hat so schöne Schultern.
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