Название: Briefe an Ludwig Tieck 3
Автор: Various
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Ich habe, was ich geschrieben, wieder durchgelesen, aber mit Schrecken, wenn das Gefühl, von dessen Instinkt geleitet ich schrieb, nicht in dem Augenblick noch als mein eigenstes Leben pulsierte, ich verstände mich nicht aus diesen Worten, ach darum nur bin ich so unglückseelig, so verlassen u. einsam, wie keiner, weil Alles, was ich gebäre, todt zur Welt kommt – ja wenn ich mir denke, diese Worte vollends von einem Andern zu lesen, wie verächtlich würd’ ich darüber lachen, es schienen mir hochtönende Phrasen, leerer Schellenklang, die Unverjohrenheit, die man alltäglich sieht, und doch wag’ ich, gerade eine solche Sprache mit Ihnen, die mir schon zu niedrig ist? Ja! von Ihnen kann ich am wenigsten fürchten. Wie Ihnen Etwas erscheint, also ist es auch in der Wahrheit, sind es Ihnen Worte, so sind es auch wahrhaftig nichts, als Worte. Ich aber bin – ein dummer Teufel
II
Arg hat mich mein eigen Gewissen ob der Grobheit, mit der ich Ihnen genaht bin, gefoltert. Ich bitte Sie unter heißen Thränen, vergeben Sie dieß einem Knaben, den freilich der albernste Uebermuth zu Ihnen geführt hat, der aber dadurch hart genug gestraft ist, daß er Heimath, Verwandte und Freunde, ach Alles, worin er ganz lebte, verloren hat und nun einsam in der kalten Fremde da steht. Ich bin wieder demüthig geworden und habe Gott gebeten, er möchte mich nur irgend Etwas brauchbares noch werden lassen; wie ichs aber angreifen soll, um den Faden wieder aufzunehmen, nachdem die Jugend verloren ist, weiß ich nicht, ich habe Niemand, der mir rathen könnte, als Sie. Und wahrhaftig – Sie wären gewiß nicht so böse auf den letzten Brief geworden, wenn Sie gewußt hätten, wie schwer mirs auf dem Herzen lag, daß Sie mich für einen ganz andern ansahen. Den angenommenen Doktorrock wollt ich abwerfen und als armer Junge Ihnen zu Füßen fallen. Gebe Gott, daß Sie mir ins Herz sehen!
Nicolai, Christoph Friedrich
Geb. am 18. März 1733 zu Berlin, gest. daselbst am 8. Jan. 1811.
Buchhändler und Schriftsteller, Freund großer Männer, obgleich prosaischer Widersacher der eigentlichen Poesie; bei alle dem eine kräftige Natur, vielfach unterrichtet und nicht ohne produktives Talent. – Leben und Meinungen des Magisters Sebaldus Nothanker (4. Auflage 1799) bleibt ein wichtiges Buch aus jener Litteratur-Epoche.
Und mag die von ihm begründete, in 106 Bänden von 1765–1792 fortgeführte: „Allgemeine deutsche Bibliothek“ aus höherem Standpunkte noch so heftig angegriffen worden sein, sie enthält doch auch sehr viel Schätzbares und der Mann, der sie länger als ein Vierteljahrhundert zu halten verstand, verdient Achtung.
Nachfolgende zwei Briefe, denen wenigstens Niemand ihren praktischen Werth, noch ihre redliche Aufrichtigkeit absprechen kann, fanden sich schon durch Tieck für den Druck abschriftlich vorbereitet.
I
Von dem Manuscripte, welches Ew. Wohlgeboren mir heute zugeschickt haben, habe ich das erste Schauspiel und das Tagebuch heute an den Buchdrucker geschickt. Ew. Wohlgeboren aber werden verzeihen, daß ich das andere Schauspiel anbei zurückschicke. Ich thue es ungern, aber Euer Wohlgeboren werden mir verzeihen, daß ich offenherzig meine Meinung sage.
(Ich hatte bis hierher dictirt, und nehme nun selbst die Feder, ohnerachtet das eigenhändige Schreiben mir etwas sauer wird.)
Die Sammlung ist zu Erzählungen nicht zu theatralischen Stücken gewidmet. Sie haben im vorigen Theile schon eine Ausnahme gemacht. Ich will allenfalls in diesem Bande auch noch das eine Stück gehen lassen, aber zwei ist fast zu viel. Sie sind außerdem in einer gewissen excentrischen Laune geschrieben – Es läßt sich über solche Sachen nicht streiten – Aber der vorzüglichste Theil der Leser kann derselben schon in Ihren Volksmährchen keinen Geschmack abgewinnen. Ich bekenne, ich selbst halte es mehr für Witzelei, als für Witz: Rondi, Menuett, Variatione u. dgl. m. Ich mag Unrecht haben, aber darin habe ich gewiß Recht, daß dieser Ton von dem Ton im Musäus allzusehr abweicht, und daß man also wenigstens nicht den größten Theil eines Bandes der Strausfedern damit anfüllen sollte. Dies haben verschiedene Recensenten des VII Bandes schon bemerkt, welche ausdrücklich sagen, er scheine gar nicht von eben dem Verfasser zu sein &c.
Erlauben Sie mir noch zu bemerken, daß der Schriftsteller doch auf seinen Leser, nicht blos auf sich zu sehen hat. Die Kunst der Darstellung ist eigentlich die Kunst des Schriftstellers, die Wirkung einer Schrift ist die, welche sie auf den Leser macht, und machen kann. Es scheint aus einigen Ihrer letzten Schriften, es macht Ihnen Vergnügen, sich Sprüngen Ihrer Einbildungskraft ohne Plan und Zusammenhang zu überlassen. Das mag Sie vielleicht amüsiren, ich zweifle aber, ob es Ihre Leser amüsiren werde, die wahrlich nicht wissen, aus welchem Standpunkte sie ansehen sollen, was sie lesen. Erlauben Sie mir zu bemerken, wenn Sie z. B. im gestiefelten Kater auf hiesige Theateranecdoten anspielen, so ist’s vielleicht schon für hiesige Leser, welche unbedeutende Theater- und Parterre-Anecdoten für armselig halten, nicht interessant; was sollen denn auswärtige Leser dabei denken, welche gar nicht wissen, was sie lesen? Der Autor, der sich die Miene giebt, als wolle er seine Leser zum Besten haben, nimmt die Leser nicht für sich ein, selbst, wenn er die Miene annimmt, als lache er über sich selbst. Und das unangenehmste ist – wenigstens für mich als Verleger, und als einen Verleger, dem man oft die Ehre anthut, zu glauben, was er verlege, sei gewissermaßen von ihm gebilligt – daß, weil nun die Leser nicht wissen, was sie lesen, – so legen sie vielleicht die dunkeln Anspielungen ganz falsch aus. Sie haben in dem anbei zurückgehenden Stücke auf Gewissenszwang, Königthum u. dgl. angespielt. Dies ist, meines Erachtens, jetziger Zeit, da wir Hoffnung haben, einige Preßfreiheit zu erhalten, und es doch noch sehr ungewiß ist, ob wir sie erhalten, gar nicht passend; wenigstens halte ich es für mich nicht passend!
Ich bitte also, von dem anbei zurückgehenden Schauspiele irgend einen Gebrauch außer meinem Verlage zu machen, und das was noch zum Manuscripte zu dem letzten Bande der Strausfedern fehlt, mit irgend kleinen Romanen beliebigst auszufüllen, und sie mir bald zu senden.
Ich nehme mir übrigens nicht heraus, Ihren Genius zu leiten. Wollen Sie aber einem Manne, der unsere Litteratur und unsere Schriftsteller und Leser seit 40 Jahren kennt, in etwas glauben, so werden Sie von dem excentrischen Wege etwas ablassen. Er mag Sie vergnügen, aber Sie werden sich auf diesem Wege nie ausbilden. Das Excentrische ist im Grunde leichte Arbeit! Ich wüßte nicht, wie viel ich alle Tage schreiben könnte, wenn ich alles hinschreiben wollte, was mir in den Kopf käme! Aber sich mehr als oberflächliche Kenntniß menschlicher Charaktere und Situationen zu erwerben, СКАЧАТЬ