Название: Briefe an Ludwig Tieck 3
Автор: Various
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Leben Sie nun recht wohl, und empfangen Sie die Versicherung der höchsten Achtung von
Prutz, Robert
Geb. den 30. Mai 1816 zu Stettin, wo er jetzt wieder seinen bleibenden Aufenthalt genommen, nachdem er mehrere Jahre hindurch eine Professur in Halle bekleidet hatte.
An wissenschaftlichen Werken lieferte er u. A.: Der Göttinger Dichterbund (1841). – Geschichte des deutschen Journalismus, 2 Bde. (1845). – Vorlesungen über die Geschichte des deutschen Theaters (1847.) – Litterarhistorisches Taschenbuch, 6 Bde. (1843–48). – Die deutsche Litteratur der Gegenwart, 2 Bde. (1860).
Seine „Gedichte“ erschienen zuerst 1841. – Dann: Neue Gedichte (1843). – Aus der Heimath (1858).
Von dramatischen Werken sind zu nennen: Nach Leiden Lust, Lustsp. – Karl von Bourbon. – Moriz von Sachsen. – Erich XIV., Trauerspiele.
Von Romanen: Das Engelchen, 3 Bde. (1851). – Felix, 2 Bde. (1851). – Der Musikantenthurm, 3 Bde. (1855) u. a. m.
Die von ihm gestiftete und redigirte Zeitschrift „Museum“ bewahrt dauernd ihre bedeutende Geltung.
I
Mit dem unbedingten Vertrauen, welches der Name eines so hochgefeierten Mannes in jeder jugendlichen Brust erregt, zugleich mit der Offenheit, die wol das beste Zeugniß eines bewegten und ernsten Gemüthes ist, wendet sich an Sie, hochgeehrtester Herr! ein junger Mann, der von Ihrem Urtheil, Ihrem Rathe sein fernerweitiges Leben abhängig machen will. Welcher Art dies Gesuch ist, werden Ihnen die eingelegten Papiere andeuten, und schon tadeln Sie vielleicht die Zudringlichkeit dieser halbreifen Poeten, die Sie mit ihren Verseleien verfolgen; – dennoch erlauben Sie mir, Ihnen Ausführlicheres mitzutheilen. —
Unter eigenthümlich aufregenden Verhältnissen erzogen, und von der Natur mit einer mindestens lebhaften Seele begabt, ward es mir sehr früh zum Bedürfniß, dies rastlose innere Treiben in oft sehr unvollkommener poetischer Form zu äußern. So bin ich – zum Dichter freilich nicht; denn dies eben ist es, was mich beunruhigt, und was ich so gern wissen möchte! – zum Versemacher geworden, ohne selbst recht zu wissen, wie; von älteren Freunden aufgemuntert, überließ ich mich gern diesem unverstandenen Drange, dessen Befriedigung mir ein so süßes Spiel war. Jetzt aber, da jene Jugendzeit entschwunden ist und ich mich ganz einer ernsten und ein Menschenleben in Anspruch nehmenden Wissenschaft (dem Studium der Sprachen) seit Längerem gewidmet habe; – jetzt erregt mir dies Spiel mancherlei Zweifel und Bangigkeit. Es will ja Alles heut zu Tage dichten, Alles will mit immensen Talenten, mit großen Hoffnungen prunken – und bei den Meisten ist es nur ein Spielwerk. Bin nun auch ich nicht zu Ernsterem fähig (denn der Trieb zum Dichten ist nicht immer Beruf dazu!) so ist es jetzt Zeit, dem Spiele zu entsagen, gewaltsam jenen Trieb zu unterdrücken und mich mit ungetheilter Kraft dem ernsten Studium zu weihen. Darum thut eine Entscheidung in dieser fraglichen Sache so noth; aber nur der Dichter kann über Dichtertalent und Dichterwerke urtheilen, und darum, geehrtester Herr! wende ich mich an Sie! – In der inneren Befangenheit, da ich jetzt bin, da jener Verse und Gedichte, alle die poetischen Bilder und Gedanken wie ein Ballast auf meiner Seele ruhen, kann ich mich nicht anders davon befreien, als indem ich durch Herausgabe meiner Lieder mich des alten Wustes ganz entäußere, und Raum gewinne in meinem Herzen zu neuen, vielleicht ganz anderen Eindrücken. Aber ich möchte durch mein Buch nicht gern die lange Reihe elender Machwerke vermehren; darum, bitte ich, lesen Sie gütigst die beigefügten Bruchstücke meiner Gedichte: freilich sind es eben nur Einzelheiten, Bruchstücke; allein sie werden Ihnen genügen, daraus zu erkennen, weß Geistes Kind der sein mag, der diese Gedichte empfand und schrieb. Ihrem Urtheile will ich mich gern fügen; denn gewiß werden Sie ebenso richtig urtheilen, als Ihr Urtheil, welcher Art es sein mag, unumwunden aussprechen. Vielleicht, wenn meine Versuche nichts Eigenthümliches beurkunden, wird es mir schwer fallen, alle ferneren Ergüsse meiner Seele zu hemmen; das Eine aber gelobe ich Ihnen feierlichst, daß ich nie gegen Ihren Rath an Veröffentlichung meiner Machwerke denken werde. Verdienten sie jedoch, dem Publikum übergeben zu werden, so würde ich ihnen einen wohlberufenen Verleger zu verschaffen suchen; denn auch hierin bin ich ängstlich. Mit großem Rechte giebt man bei der heutigen Büchersündfluth fast mehr auf den Namen des Verlegers, als auf die Titel des Verfassers. Dann, geehrtester Herr! würde ich zu so vielen Bitten noch ein neues Gesuch hinzufügen: erlauben Sie mir, Ihnen, dem gefeierten und von mir geliebtesten Dichter, dem Einzigen unter den Mitlebenden, dessen Namen noch an jene für ewig hingeschwundene glänzendere Zeit unserer Literatur erinnert – Ihnen, dem Manne, der sich auch meiner freundlich annehmen wird, als ein öffentliches, wenn auch vielleicht nur allzuvergängliches Denkmal unvergänglicher Achtung und Liebe jenes Bändchen Gedichte zu widmen. – Doch freilich sind das Träume, deren Verwirklichung sehr fraglich, denen sich hinzugeben, sehr gefährlich ist. —
Indem ich jetzt diesen Brief wieder durchlese, tritt es mir recht lebhaft vor die Seele, wie sehr Sie erstaunen mögen über dies zudringliche, vielleicht langweilige Geschwätz; ja, Sie mögen unwillig werden, wenn ich Ihnen eine recht – recht baldige Beantwortung meines Briefes mit gehorsamster Bitte recht dringend an’s Herz lege; aber sehen Sie – darum bitte ich: – in allen diesen Außergewöhnlichkeiten, sogar in diesen Verstößen gegen Sitte und Bescheidenheit nur Merkmale der unbegrenzten Hochachtung, Verehrung und Liebe, mit welcher ich Ihrer gütigen Theilnahme mich empfehle.
II
Auf einem kleinen Ausfluge in’s sächsische und böhmische Gebirge auch Ihr liebliches Dresden berührend, war mein erster Gang in Ihre Behausung; denn obwohl Sie, verehrtester Herr! mich auf mein freilich sehr andringliches und seltsames Ansuchen noch mit keiner Antwort erfreut hatten, hoffte ich dennoch, Ihr freundliches Wohlwollen werde mir die Gunst längst ersehnter persönlicher Nähe nicht versagen. Leider will der Zufall, daß ich Sie hier nicht finde, und meine Zeit gestattet mir keinen längeren Aufenthalt: sehr schnell und sehr ungern muß ich diesem kleinen Paradies mein Lebenwohl! sagen. Dennoch kann ich nicht umhin, mich mindestens schriftlich neuerdings Ihrer Theilnahme, Ihrer freundlichen Geneigtheit zu empfehlen: wohl mögen Sie den Kopf schütteln, und ich erröthe ja auch selbst über dies ungeschickte und Ihnen wol gar verhaßte Ansuchen; aber gar zu lieblich hatte ich’s mir geträumt, die alten Zeiten neu zu machen, und wie jene wackern mittelalterlichen Sänger von dem Meister und wo möglich vor dem Meister selbst zu lernen. Jene Zeiten sind dahin, und wie so unsäglich vieles Schöne auch dies mit ihnen; aber ich weiß nicht, welche Stimme mir zuflüstert, daß sie für mich noch wiederkehren, daß Sie, Geehrtester! meinem herzlichen Gesuche um Rath, Theilnahme und Belehrung sich nicht entziehen werden. Und so hoffe ich denn bald, recht bald (denn Sie mögen denken, wie froh und zaghaft ich seit Monaten harre!) einige Zeilen von Ihnen zu empfangen. In dieser freundlichen Hoffnung und mit der wiederholten Bitte, meinem Anliegen nicht ganz abhold zu sein, empfehle ich mich Ihrer gütigen Theilnahme