Waldröschen I. Die Tochter des Granden. Karl May
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Название: Waldröschen I. Die Tochter des Granden

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Engel des Todes bereits die kalte Hand nach ihm ausstreckt. Aber warum tust du dabei so geheimnisvoll? Ist es mir denn hier verboten, die Beichte eines Sterbenden zu hören?« – »Nein, aber ich soll bei dieser Beichte zugegen sein, was niemand wissen darf, frommer Vater.« – »Du? Warum?« – »Weil es sich dabei um meine Herkunft handelt«, bemerkte Mariano mit leuchtenden Augen.

      Der Pater erhob sich von seinem Sitz und fragte mit der Miene des allergrößten Erstaunens:

      »Um deine Herkunft? Mein Gott, dann müssen wir allerdings sehr heimlich tun, denn was ich vermute, das bringt mich zu der Überzeugung, daß der Capitano nicht will, daß du erfährst, wer du eigentlich bist. In welcher Zelle befindet sich der Kranke?« – »In der letzten. Ich habe sie ihm angewiesen, damit er durch seinen Husten die anderen nicht störe.« – »So komm!«

      Sie schlichen sich im Dunkeln zu dem Bettler, dessen Husten sie bereits von weitem hörten. Der Priester bat Mariano, außen zu warten, und trat zuerst allein zu dem Kranken. Nach einiger Zeit kam er wieder und sagte, daß sie sich eine Zelle nehmen müßten, die verschlossen sei, weil hier in diesem offenen Gemach nichts zu sprechen sei, was nicht im dunklen Gang belauscht werden könne. Sie begaben sich also alle drei in eine der Gefängniszellen, deren Tür den Schall des Gesprächs dämpfte, obgleich sie von innen nicht verschlossen werden konnte. Dort nahm der Bettler auf dem Lager Platz und begann, nachdem sich die beiden anderen in seine Nähe gesetzt hatten:

      »Mein frommer Vater, ich fühle, daß ich sterben muß, und möchte vorher gern mein Herz von einer Schuld erleichtern, die bereits über achtzehn Jahre lang mit mir durch das Leben gegangen ist.« – »Dem Reuigen gibt Gott Gnade«, bemerkte der Pater. »Erzähle mir, was dein Herz bedrückt.« – »Es sind zwei sehr schwere Sünden, die ich begangen habe, einen Meineid und eine Kindesverwechselung.« – »Das sind allerdings zwei sehr schwere Sünden! An wem hast du sie begangen?« – »Die erste habe ich an dem Capitano begangen.« – »An welchem Capitano? An dem unsrigen?« – »Ja. Ihr müßt nämlich wissen, ehrwürdiger Vater, daß ich einst Mitglied der Briganten war.« – »Du? Ah! Der hiesigen Briganten?« – »Ja. Der Capitano war mein Hauptmann. Ich war ein armer Schiffer und schaffte zuweilen einige Ellen seidenes Zeug von Frankreich über die Grenze herein. Da wurde ich einst ertappt. Man konfiszierte mir mein Boot und die Ware und steckte mich ins Gefängnis. Ich aber entfloh, und da ich nun nirgend sicher war, so ging ich unter die Briganten. Meine erste Tat die ich verrichten mußte, war die Vertauschung eines Kindes. Ein kleiner Schmuggel hatte mein Gewissen nicht beschwert, diese Tat aber machte mir bange, ich konnte des Nachts nicht mehr schlafen, und als dann der Capitano gar von mir verlangte, einen Menschen zu töten, da brach ich den Eid der Treue, den ich ihm geleistet hatte, und ging davon.« – »Erzähle mir die Geschichte von der Vertauschung des Kindes«, sagte der Dominikaner. – »Es war, wie ich bereits bemerkte, meine erste Tat. Der Hauptmann ging, um ganz sicher zu sein, selbst mit. Er führte mich in einen Gasthof der Stadt Barcelona, wo wir einkehrten und über Nacht blieben. Um Mitternacht trat ein Mann zu uns herein, der ein Paket auf den Tisch legte. Als er das Tuch auseinanderschlug, enthielt es einen etwa vier Jahre alten Knaben. Das Tuch roch sehr nach Äther, und daraus schloß ich, daß man das Kind besinnungslos gemacht hatte. Ich mußte diesen Knaben mit einem anderen verwechseln, der in einem zweiten Gastzimmer lag und schlief. Das Zimmer war nicht verschlossen, und ich bekam ein Ätherfläschchen mit, um erst die Wärterin und dann auch den Knaben bewußtlos zu machen. Nachdem ich die Kleidung der beiden Kinder verwechselt hatte, kehrte ich mit dem fremden Kind zurück, das der Hauptmann nun mit hierher nach der Höhle nahm.« – »Weißt du dies genau?« – »Ja. Ich ging ja mit und mußte den Knaben tragen. Es ist kein anderer als dieser Jüngling hier.« – »Auch das weißt du genau?« – »Ich möchte es beschwören! Dieser Jüngling glaubt, geträumt zu haben, aber er irrt sich, denn sein Traum ist Wahrheit gewesen. Als ich die Kleider verwechselte, sah ich auf den Kleidern des fremden Knaben die Grafenkrone mit den beiden Buchstaben S und R. Ich kann mich noch ganz genau besinnen, daß es am ersten Oktober des Jahres 18** gewesen ist, nämlich in der Nacht vom ersten auf den zweiten Oktober.« – »Die Wege des Herrn sind unerforschlich, aber er führt alles herrlich hinaus«, meinte der Pater. »Vielleicht bist du das Werkzeug eines göttlichen Ratschlusses gewesen, mein Sohn. Hast du den Mann nicht erkannt, der euch den Knaben brachte? Dies zu erfahren, muß für uns von der allergrößten Bedeutung sein.« – »Ich kannte ihn nicht, aber seinen Namen habe ich gehört. Der Hauptmann vergaß sich einmal und nannte ihn Señor Gasparino, und beim Abschied draußen an der Treppe, als sie sich unbeobachtet glaubten, sprach er diesen Namen abermals aus, die Tür stand offen, und so hörte ich ihn deutlich. Ich würde den Mann sofort wiedererkennen, wenn ich ihn noch einmal zu sehen bekäme.« – »Wie war seine Gestalt?« – »Lang und hager. Er hatte eine schnarrende Stimme und sprach in sehr frommen Worten und Ausdrücken.« – »Also Ihr habt den fremden Knaben in fremden Kleidern hierher gebracht. Was wurde dann mit ihm?« – »Er blieb in der Höhle und wurde gut gepflegt. Er sprach immer von seiner Mama, von seinem Papa, von der kleinen Rosita, von dem guten Alimpo und von der guten Elvira. Endlich verbot ihm der Capitano, diese Namen zu nennen, und dann mag er sie wohl ganz und gar vergessen haben.« – »Nein«, fiel Mariano ein. »Ich habe sie nicht vergessen. Die beiden letzteren Namen waren mir allerdings entfallen, aber jetzt entsinne ich mich ihrer genau. Der gute Alimpo trug mich viel auf seinen Armen. Was er im Schloß war, das weiß ich nicht. Er hatte ein wunderbares Bärtchen unter der Nase. Die Spitzen dieses Schnurrbarts waren fortrasiert, und nur gerade unter der Nase hingen ihm zwei lange Haarflocken weit über den Mund herab. Ich litt es deshalb nicht, daß er mich küßte. Die Elvira war seine Frau. Sie war sehr dick und sagte immer, wenn sie etwas behauptete: ›Das sagt mein Alimpo auch!‹ Sie steht so lebhaft vor meinem Gedächtnis, daß ich sie sofort erkennen würde, wenn ich ihr einmal begegnete.« – »Das ist wunderbar, mein Sohn«, meinte der Pater. »Nun bin ich allerdings vollständig überzeugt, daß du der Knabe bist, den dieser Mann verwechselt hat«, und sich zu dem Kranken wendend, fragte er »Wie ist dein wirklicher Name, und wo bist du her?« – Ich heiße eigentlich Manuel Sertano, wurde aber hier nur Manuel genannt und bin aus Mataro.« – »Das wird uns vielleicht von einiger Bedeutung sein. Erzähle jetzt weiter, mein Freund.«

      Nachdem der Kranke einen erneuten Hustenanfall überwunden, fuhr er fort:

      »Einige Wochen nach der Umwechselung des Kindes sollte ich einen Reisenden töten. Ich weigerte mich. Der Capitano drang darauf und drohte mir mit der Todesstrafe, wenn ich seine Befehle nicht erfüllen würde. Ich tat, als ob ich gehorchen wolle, und ging; aber ich bin nicht wiedergekommen.« – »Das ist also der Meineid, den du begangen hast?« – »Ja. Ich hatte geschworen, alle Befehle des Capitanos zu erfüllen. Ich habe also meinen Eid gebrochen.« – »Mein Sohn, wenn dir nur das dein Gewissen beschwert, so kannst du ruhig sein. Ich bin hier zwar unter Briganten, denn diese verlorenen Schafe sollen nicht ohne Trost und Gottes Hilfe sein, und niemals werde ich einen dieser Männer in Schaden bringen; aber dennoch sage ich dir, daß du ganz recht gehandelt hast, indem du den Reisenden nicht tötetest. Kraft meines Amtes, als Diener der heiligen Kirche entbinde ich dich deines Schwurs und gewähre dir Verzeihung dafür, daß du ihn nicht gehalten hast!« – »Oh, mein frommer Vater, wie danke ich Euch!« sagte da der Kranke. »Ihr nehmt mir eine große Last vom Herzen. Könnte die andere Sünde mir doch auch vergeben werden, damit ich ruhig zu sterben vermag!« – »Laß mich erst deine Erzählung vollständig hören.« – »Als ich von hier floh, ging ich nach Jean de Luz in Frankreich und kam als Matrose auf ein Schiff. Wir fuhren nach den Antillen, und von da an diente ich auf verschiedenen amerikanischen Küstenfahrern, bis ich einst in San Juan de Callao erkrankte. Ich genas und trat in den Dienst eines reichen Mexikaners, der mich mit in die Hauptstadt Mexiko nahm. Bei ihm diente ich viele Jahre, bis er starb. Von da an ist es mir sehr traurig gegangen. Meine kleinen Ersparnisse gingen zu Ende, und die Auszehrung ergriff meine Brust. Ich fühlte, daß ich dem Tod nicht entgehen könne, und da ergriff mich die Sehnsucht nach Vergebung meiner Sünden, und ich fühlte das Verlangen, den geraubten Knaben aufzusuchen und ihn um Gnade und Verzeihung zu bitten. Ich bettelte mir die Überfahrtgelder zusammen und kehrte nach Spanien zurück. Die Krankheit hat meinen Körper verheert, und niemand kann mich erkennen. So konnte ich es wagen, die Höhle aufzusuchen, um mich nach dem Knaben СКАЧАТЬ