Waldröschen I. Die Tochter des Granden. Karl May
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Название: Waldröschen I. Die Tochter des Granden

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Capitano faltete das Papier wieder zusammen, legte es in das Versteck zurück, strich sich mit sehr zufriedener Miene den Bart und sagte:

      »So habe ich den Alten fest in der Hand, und sein Beutel wird bluten müssen. Schade nur, daß er sich so hartnäckig weigert, mir zu sagen, wer die beiden umgetauschten Knaben gewesen sind. Allerdings, eine schwache Vermutung habe ich ja. Er ist Geschäftsführer des Grafen Emanuel de Rodriganda. Ich werde nachforschen! Der junge Graf soll zurückkehren oder ist vielleicht sogar schon da. Soll ich ihn beobachten? Soll ich die Familienverhältnisse des Grafen ausforschen lassen? Ja, das wäre das sicherste Mittel. Aber durch wen?«

      Seine nachdenkliche Miene erheiterte sich plötzlich, und er stieß ein kurzes Lachen aus, um darauf in seinem Selbstgespräch fortzufahren:

      »Das ist allerdings ein lustiger Gedanke! Schicke ich vielleicht Mariano, um das Nötige zu erfahren? Ja, er ist der einzige, der dazu fähig ist. Er ist der einzige von uns, der sich unter solchen Leuten fehlerlos bewegen kann. Ich habe ihm ja alles lehren lassen, was ein vornehmer Señor wissen muß; er reitet wie ein Kavalier, kann fechten, schießen, schwimmen, ist stark und tapfer, treu und anhänglich, dabei klug und listig – ja, ich werde es tun! Der Notar hat ihn nie gesehen; er wird ihn also nicht erkennen, er wird gar nicht ahnen, daß dieser junge, liebenswürdige und gewandte Mann der Knabe ist, den er einst töten lassen wollte. Per Dios, das ist ein wirkliches Abenteuer! Das ist ein Coup, der meinem Kopf die größte Ehre macht!«

      Er schritt noch einige Zeit in der Zelle auf und ab und begab sich dann in den Nebenraum, um sich schlafen zu legen.

      Als er am Morgen erwacht war, trat der Pater Dominikaner bei ihm ein und meldete:

      »Capitano, der fremde Mann, dessen Beichte ich heute nacht hörte, ist soeben gestorben.« – »Gut, so sind wir ihn los. Man werfe ihn in die Schlucht!« – »Das werde ich nicht zugeben, Capitano! Er ist als ein reuiger Christ gestorben und soll als ein solcher auch begraben werden.« – »Mir gleich. Tut, was Ihr wollt, nur laßt mich dabei aus dem Spiel! Ist Mariano schon wach?« – »Ja.« – »Er soll gleich zu mir kommen!«

      Der Pater entfernte sich, und kurze Zeit später trat Mariano ein. Er grüßte freundlich, und zwar mit der vertraulichen Untertänigkeit, die er sich für den Umgang mit dem Hauptmann angeeignet hatte, und ließ sich nichts von der Gesinnung merken, die zu verbergen er sich vorgenommen.

      Der Capitano bot ihm einen Sitz an und begann:

      »Mariano, wie befindet sich dein Rapphengst?«

      In den Zügen des Jünglings ward es hell, und in sein Gesicht stieg eine leise Röte. Es war augenscheinlich, daß die Erwähnung des Pferdes ihm angenehm war.

      »Er wird kaum zu bändigen sein«, antwortete er. »Er steht nun über einen Monat drüben in der Pferdehöhle, und ich habe ihn von den anderen Tieren fortnehmen müssen, weil er sie sonst zu Schanden schlägt.« – »So nimm dich heute in acht, daß es kein Unglück gibt. Wenn so ein edles und mutiges Pferd vier Wochen lang den Reiter nicht getragen hat, so ist es schwer zu bändigen.« – »Ah! Soll ich ausreiten, Capitano?« – »Ja.« – »Wohin?« – »Nach Manresa und Schloß Rodriganda.« – »Das ist sehr weit, Hauptmann!« – »Du hast viel Zeit zu diesem Ausflug. Es ist möglich, daß du wochenlang dort verweilen wirst.«

      Das Gesicht des Jünglings hellte sich immer mehr auf. Der Gedanke, auf eine lange Zeit von der jetzigen düsteren Umgebung erlöst zu sein, war ihm der angenehmste, den er haben konnte.

      »In einem Auftrag?« fragte er. – »Ja, und noch dazu in einem sehr schwierigen«, antwortete der Capitano. »Ist deine Garderobe instand?« – »Vollständig.« – »Auch die Uniformen?« – »Ja. Soll ich mich als Offizier verkleiden?« – »Als französischer Offizier. Du bist ja des Französischen vollständig mächtig. Ich werde dir einen Urlaubspaß geben, der auf den Husarenleutnant Alfred de Lautreville lautet.« – »Und was ist meine Aufgabe, Capitano?« – »Du hast auf irgendeine Weise auf Schloß Rodriganda Zutritt zu suchen und dich dabei so zu verhalten, daß man dich veranlaßt, längere Zeit als Gast zu bleiben. Während dieser Zeit studierst du die Verhältnisse der Bewohnerschaft auf das sorgfältigste und speziellste. Ich werde dir darüber einen eingehenden Bericht abverlangen. Du bist klug genug zur Lösung einer solchen Aufgabe.« – »Willst du mir vielleicht einzelne Anhaltspunkte mitteilen, Hauptmann? Es wäre mir das lieb.« – »Ich kann dir nicht viel sagen. Aber da ist besonders ein Notar, ein gewisser Cortejo, der der Geschäftsführer des Grafen ist, und den du am aufmerksamsten beobachten sollst. Ich möchte gern genau wissen, wie er zu den Gliedern der gräflichen Familie steht. Dann ist da der junge Graf Alfonzo, der in Mexiko gewesen ist. Sieh einmal zu, wie er sich gegen den Grafen und dessen Geschäftsführer verhält. Es liegt mir besonders daran, zu wissen, ob er diesem letzteren vielleicht ähnlich sieht. Gehe und mache dich fertig. Das Geld, welches du brauchst, werde ich dir mit dem Paß aushändigen. Du mußt fein auftreten und als ein wohlhabender Offizier gelten; darum wird die Summe nicht unbedeutend sein. Ich werde dafür sorgen, daß du einen tüchtigen Mann als Diener erhältst, den du als Bote verwendest, wenn du mir etwas mitzuteilen hast.«

      Mariano ging. Es war ihm noch niemals ein Auftrag so willkommen gewesen, wie der gegenwärtige, und er hatte ganz das Gefühl, als ob er kurz vor dem Beginn neuer und wichtiger Ereignisse stünde.

      5. Kapitel

      An dem Ort, von dem hier die Rede war, nämlich in Schloß Rodriganda, herrschte heute eine tiefe Stille. Der Graf hatte befohlen, daß sich jedermann der möglichsten Ruhe befleißigen sollte, da er sich sehr angegriffen fühle.

      Niemand befolgte diesen Befehl so genau wie der alte Kastellan Juan Alimpo. Er schlich auf den Fußzehen wie eine Katze die Treppen auf und ab, er huschte unhörbar wie ein Schatten über die Korridore, und selbst in seiner Wohnung, die von der des Grafen so entfernt lag, daß selbst der größte Lärm nicht zu dem Gebieter hätte dringen können, schwebte er so lautlos hin und her, als verstehe er die Kunst, den Boden nicht zu berühren.

      Dieser großen Kunst befleißigte sich auch seine Gattin Elvira, aber mit nicht so großem Erfolg. Denn während der Kastellan ein sehr kleines und dürres Männlein war, besaß Frau Elvira eine geradezu erstaunliche Körperfülle. Ihr Umfang war wohl ebenso groß wie ihre Höhe, und sie, allein auf einer Waagschale, hätte sicher fünf Alimpos emporgeschnellt. Ihr Vollmondgesicht glänzte vor Zufriedenheit; ihr Auge lachte vor Güte; ihr Mund war stets zu einem guten Wort bereit, und da ihr teurer Juan trotz aller körperlichen Verschiedenheit ganz dieselben seelischen Eigenschaften besaß wie sie, so lebten sie wie Tauber und Täubchen, und es hatte noch kein Mensch ein einziges schroffes Wort gehört, das zwischen ihnen gefallen wäre.

      Jetzt aber war der Kastellan mit der Zusammensetzung eines kostbaren Schreibzeugs beschäftigt, und seine Ehefrau besserte die aufgedrehte Troddel eines prächtigen Teppichs aus. Dabei unterhielten sie sich so leise, als ob der kranke Graf sich in ihrer unmittelbaren Nähe befinde.

      »Meinst du wohl, Elvira, daß dieses Schreibzeug ihm gefallen wird?« fragte der Kastellan. – »Sehr gut! Und was, Alimpo, glaubst du, daß er zu diesem Teppich sagt?« – »Sehr schön, wird er sagen!« – »Ja, wir suchen für ihn das Beste hervor!« – »Er ist‘s auch wert, Elvira!« – »Natürlich! Er ist so gut!« – »So bescheiden!« – »So klug und gelehrt!« – »Und so schön, Alimpo!« – »Das mag wohl sein. Euch Frauen fällt das gleich auf, ich aber verstehe mich darauf nicht. Aber das weiß ich, daß ich ihn lieb habe und doch zugleich einen gewaltigen Respekt vor ihm empfinde. Nicht, Elvira?« – »Ja. Mir geht es ebenso. Ich möchte ihm alles an den Augen absehen, und doch kommt er mir so hoch, so stolz und vornehm vor, als ob er ein Graf, ein Prinz oder gar ein Herzog sei.« – »Der gnädige Herr hat ihn auch gar lieb.« – »Ebenso die gnädige Condesa. Aber diese anderen, die Ärzte, oh, Alimpo, die gefallen mir gar nicht.« СКАЧАТЬ