In den Schluchten des Balkan. Karl May
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Название: In den Schluchten des Balkan

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Effendi?«

      »Ja; sie lieben die Blumen, die ihre Schwestern sind.«

      »Und hast du noch lange Zeit zu reiten, ehe du zu ihnen kommst?«

      »Vielleicht noch wochenlang. Und dann, wenn ich vom Pferde steige, habe ich noch tagelang auf dem Schiff und auf der Eisenbahn zu fahren.«

      »Das ist weit, sehr weit. Kommst du da vielleicht in gefährlichen Gegenden zu bösen Leuten?«

      »Das ist sehr möglich. Ich muß durch das Land derjenigen, die in die Berge gegangen sind.«

      Er blickte erst sinnend vor sich nieder; dann musterte er mich aufmerksam und endlich sagte er:

      »Effendi, des Menschen Angesicht ist wie die Oberfläche des Wassers. Das eine Wasser ist rein, hell und klar, und seinem leuchtenden Spiegel vertraut sich der Badende gern an. Das andere Wasser aber ist finster, dick und schmutzig; wer es erblickt, der ahnt Gefahr und geht eiligst vorüber. Das erstere gleicht dem Antlitz des guten und das zweite demjenigen des bösen Menschen, des Bösewichtes. Deine Seele ist freundlich und hell; dein Auge ist klar, und in deinem Herzen lauert weder Gefahr noch Verrat. Ich möchte dir etwas sagen, was ich sehr selten einem Bekannten mitgeteilt habe. Und du bist doch ein Fremder.«

      Diese Worte mußten mich erfreuen, obgleich ich keine Ahnung von der Natur seiner Mitteilung haben konnte. Ich antwortete:

      »Deine Worte sind warm und sonnig wie Strahlen, welche auf das Wasser fallen. Sprich weiter!«

      »In welcher Richtung wirst du von Mastanly aus reiten?«

      »Nach Menlik zunächst. Dort aber wird es sich entscheiden, welche Richtung ich einschlage. Vielleicht muß ich nach Uskub und von da hinauf in die Berge von Kostendil.«

      »Wullack – wehe dir!« entfuhr es ihm.

      »Hältst du diesen Weg für schlimm?«

      »Für sehr schlimm. Bist du in Kostendil und willst an das Meer, so mußt du über den Schar-Dagh nach Perserin, und da haben sich die Skipetars und Flüchtlinge versteckt. Sie sind arm; sie haben nur ihre Waffen; sie müssen vom Raube leben. Sie werden dir alles, alles nehmen, was du hast, vielleicht sogar das Leben!«

      »Ich werde mich zu verteidigen wissen!«

      Er schüttelte leise den Kopf und sagte:

      »Bir gendsch kan war on bin küstachlück – ein junges Blut hat zehntausend Mut! Und du bist noch jung. Du hast zwar viele Waffen bei dir, aber was helfen sie gegen zehn oder zwanzig und gar fünfzig Feinde?«

      »Mein Pferd ist schnell!«

      »Ich bin kein Kenner, doch sehe ich, daß dein Rappe schön ist; aber diejenigen, welche in die Berge gehen, besitzen auch nur schnelle Tiere. Sie werden dich leicht einholen.«

      »Mein Hengst ist von reinem Blute; er heißt Wind und läuft wie der Wind.«

      »So werden dich doch ihre Kugeln treffen, denn die Kugel fliegt schneller als das flinkeste Pferd. Die Skipetars sind Pferdekenner; sie werden sofort sehen, daß dein Pferd den ihrigen überlegen ist, und dich also nicht offen erwarten, sondern aus dem Hinterhalt auf dich schießen. Wie willst du dich vor ihnen verwahren?«

      »Durch Vorsicht.«

      »Auch diese wird dich nicht retten, denn das Sprichwort sagt: Sakinma dir kawl kabahatun[24]. Du bist ein ehrlicher Mann; sie werden zehnmal vorsichtiger sein als du! Erlaube mir, daß ich dich warne!«

      »Steht diese Warnung vielleicht in Beziehung zu dem, was du mir sagen wolltest?«

      »Ja.«

      »So bin ich sehr wißbegierig, es zu erfahren.«

      »Nun, ich will dir anvertrauen, daß es ein Sicherheitspapier gibt, welches die Freunde, Bekannten und Verbündeten der Unheimlichen besitzen.«

      »Woher weißt du das?«

      »Das weiß hier jedermann. Aber nur wenige kennen die Art und Weise, wie es zu erlangen ist.«

      »Und du aber weißt es?«

      »Nein. Ich bleibe in meinem Garten und mache niemals eine Reise. Aber Schimin, mein Bruder, ist ein Wissender. Ich darf dir das sagen, weil ich dir vertraue, und weil du dieses Land ja bald verlassen wirst.«

      »So wäre es mir lieb, wenn er dasselbe Vertrauen zu mir hätte!«

      »Er wird es haben, wenn ich dich schicke.«

      »Könntest du mir nicht einige Zeilen an ihn geben?«

      »Ich kann nicht schreiben. Aber zeige ihm dein Rosenöl. Er kennt das Fläschchen ganz genau; er weiß, daß ich es an keinen Unwürdigen verkaufe oder verschenke. Und dann, wenn du es ihm zeigest, so sage ihm, daß dich sein Oeje-kardasch[25] oder sein Jary-kardasch[26] sendet. Kein Mensch weiß, daß wir verschiedene Mütter hatten. Sende ich ihm eine vertrauliche Botschaft, so dient das Oeje oder Jary stets als Zeichen, daß er dem Boten trauen kann.«

      »Ich danke dir! Du glaubst also, daß er mir Näheres über das Sicherheitspapier mitteilen werde?«

      »Ich hoffe es. Es sind in dieser Gegend – —«

      Er hielt inne und lauschte. Von weit hinten im Garten hatte sich ein lauter Pfiff hören lassen, welcher jetzt wiederholt wurde.

      »Mein Herr ruft,« fuhr er fort. »Ich muß zu ihm. Hast du dir alles gemerkt, was ich dir gesagt habe?«

      »Alles.«

      »Nun, so vergiß es nicht unterwegs. Allah sei bei dir und gebe dir die Erlaubnis, den schönen Frauen deines Vaterlandes die Düfte meines Gartens zu bringen!«

      Noch ehe ich antworten konnte, hatte er sich von dem Zaune entfernt, und im nächsten Augenblick war das Geräusch seiner Schritte nicht mehr zu hören.

      Konnte ich das Begegnen mit dem Gartenaufseher ein für mich glückliches nennen? Ein unglückliches jedenfalls nicht. Beruhte das, was er mir von dem Papiere der Sicherheit gesagt hatte, auf Wahrheit? Wie ein Lügner hatte er nicht ausgesehen. Auf alle Fälle war es gut, seinen Bruder aufzusuchen, dessen Schmiede höchst wahrscheinlich an dem Wege lag, den nicht nur meine Begleiter, sondern auch der Reiter, welchem ich die Richtung verlegen wollte, einschlagen mußten.

      Ich ritt weiter. Mein Pferd hatte sich während des Gespräches verschnauft und konnte nun desto besser ausgreifen.

      Wollte ich mich in gerader Linie halten, so mußte ich über Höhen hinweg, welche jedenfalls große Schwierigkeiten boten. Darum beschloß ich, mich lieber möglichst am Fuße derselben zu halten.

      Von dem Plateau Tokatschyk kommend, sucht der Burgasfluß in ziemlich grad nördlicher Richtung die Arda zu gewinnen, der er bei Ada seine Wasser zuführt. An diesem kleinen Flusse liegt Koschikawak. Der stumpfe Winkel, den er mit der Arda bildet, schließt eine Niederung ein, die nach Süden zu immer höher emporsteigt und dann in die Hochebene von Taschlyk übergeht. Diese Höhe wollte ich vermeiden.

      Es gelang mir dies, obgleich ich die Gegend nicht kannte, keine eigentlichen Wege fand und mehrere Flüßchen, die der Arda СКАЧАТЬ



<p>24</p>

Vorsicht ist die Bedingung des Verbrechens.

<p>25</p>

Stiefbruder.

<p>26</p>

Halbbruder.