Название: Der Schut
Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Du hast die Abgabe zu entrichten,« erklärte er mir.
»Eine Steuer? Wie so denn?«
»Jeder Fremde, welcher durch unser Dorf kommt, hat sie zu zahlen.«
»Warum? Machen Fremde euch einen Schaden, den sie zu vergüten haben?«
»Du hast gar nicht zu fragen, sondern zu zahlen.«
»Wie viel denn?«
»Für die Person zwei Piaster. Ihr seid vier Fremde, denn der Konakdschi kann nicht gerechnet werden, da er uns bekannt und ein Kind des Landes ist; du aber bist der Anführer dieser Leute, wie er mir sagte, und hast also acht Piaster zu zahlen.«
»So sage mir doch einmal, wer du bist!«
»Ich bin der Feriki ameje daïr eminlikün (* "Chefgeneral der öffentlichen Sicherheit.") dieses Ortes.«
»Da bist du freilich ein bedeutender Mann. Aber wie dann, wenn ich mich zu zahlen weigere?«
»So pfände ich euch.«
»Wer aber hat den Befehl gegeben, von jedem Fremden diese Steuer zu erheben?«
»Ich und der Kiaja.«
»Befindet er sich auch hier?«
»Ja, dort steht er.«
Er deutete auf den Würdevollen, mit welchem er vorhin gesprochen hatte und der jetzt seinen Blick erwartungsvoll auf mich gerichtet hielt.
»Rufe ihn einmal her!« gebot ich.
»Wozu? Was ich sage, das hat zu geschehen und zwar sofort, sonst — — «
Er machte mit dem Säbel eine drohende Bewegung.
»Still!« antwortete ich ihm. »Du gefällst mir außerordentlich, denn du hast denselben Grundsatz, wie ich: Was ich sage, das hat zu geschehen. Ich zahle die Steuer nicht.«
»So nehmen wir euch so viel von euren Sachen, daß wir gedeckt sind!«
»Das würde euch schwer werden.«
»Oho! Wir haben erfahren, wer ihr seid. Wenn ihr euch nicht fügt, so bekommt ihr die Peitsche!«
»Halte deine Zunge im Zaum, denn ich bin gewohnt, mit Achtung und Ehrerbietung behandelt zu werden. Die Steuer zahle ich nicht; aber ich sehe, daß du ein armer Teufel bist, und so will ich dir aus Güte zwei Piaster schenken!«
Ich griff schon in die Tasche, um ihm dieses Bakschisch zu geben, zog aber die Hand wieder zurück, denn er hob den Säbel empor, fuchtelte mir mit demselben vor dem Gesicht herum und rief:
»Ein Bakschisch etwa? Mir, der ich der Bekdschi und Kajyrdschy (* Bewahrer und Behüter.) dieser Gemeinde bin? Das ist eine Beleidigung, welche ich auf das strengste bestrafen muß. Die Steuer wird verdoppelt werden. Und wie soll ich dich behandeln? Mit Achtung und Ehrerbietung? Du bist ein Tschapkyn (** Lump.), vor dem ich nicht eine Spur von Achtung haben darf. Du stehst so tief, so tief unter mir, daß ich dich gar nicht sehe, denn . — «
»Schweig!« unterbrach ich ihn. »Wenn du mich nicht sehen kannst, so wirst du mich fühlen. Hebe dich von dannen, sonst erhältst du die Peitsche!«
»Was?« brüllte er. »Die Peitsche? Das sagst du mir, dem Mann von Geltung und Gewicht, während du eine tote Ratte und eine verhungerte Maus bist gegen mich. Hier stehe ich, und hier ist mein Säbel! Wer verbietet es mir, dich zu erstechen? Es würde ein Spitzbube weniger auf der Erde sein. Du samt deinen Begleitern — — «
Er wurde abermals unterbrochen. Halef legte ihm die Hand auf die Achsel mit den Worten:
»Schweig nun endlich, sonst macht der Effendi ernst, und du bekommst die Steuer dorthin ausgezahlt, wo du sie nicht wegnehmen kannst.«
Da versetzte der »Ortswachtmeister« dem Hadschi einen Stoß, daß dieser einige Schritte zurücktaumelte, und schrie ihn an:
»Wurm! Wagst du es wirklich, den obersten Beamten dieser Ortschaft zu berühren? Das ist ein Verbrechen, welches augenblicklich bestraft werden muß. Nicht ich bin es, sondern du bist es, der die Peitsche erhalten wird. Herbei, Kiaja, herbei, ihr Männer! Haltet dieses Männlein fest! Er soll die Hiebe mit seiner eigenen Peitsche empfangen.«
Der Kiaja hob schon den Fuß, um näher zu kommen, aber er zog ihn schnell zurück. Der Blick, welchen ich ihm zuwarf, schien ihm nicht zu gefallen. Sein Beispiel bewirkte, daß auch keiner der Andern der Aufforderung des »Chefgenerals der öffentlichen Sicherheit« gehorchte.
»Sihdi, soll ich?« fragte Halef.
»Ja,« nickte ich ihm zu.
Es genügte ein Wink von ihm zu Osko und Omar. Im nächsten Augenblick lag der Mann an der Erde, mit der Rückseite nach oben. Osko hielt ihn an den Schultern nieder, und Omar kniete ihm auf den Beinen. Der Bursche schrie, aber Halef überschrie ihn:
»Seht her, ihr Männer und Frauen, wie wir diesem Besitzer großer Worte die Steuer bezahlen! Er erhält sie zunächst; dann aber wird jeder drankommen, der es wagen sollte, ihm beizuspringen; der Kiaja gleich zuerst! Wie viel soll er erhalten, Effendi?«
»Acht Piaster hat er verlangt.«
Ich setzte nichts hinzu, doch ersah Halef aus meiner Miene, daß er gnädig verfahren solle. Er verabreichte ihm also acht Hiebe, und zwar nur der Form wegen. Schmerzen konnten diese acht gelinden Streiche gar nicht erwecken; dennoch machten sie einen gewaltigen Eindruck. Gleich beim ersten Hieb war der »Chefgeneral« still geworden. Jetzt, als die beiden ihn losließen, stand er langsam auf, rieb sich den rückwärts liegenden Pol seines Körpers und klagte:
»O Gesetz, o Gerechtigkeit, o Großsultan! Der treueste Diener des Jakyschyk memleketin (* Wohlstand des Landes.) wird mit der Peitsche beleidigt! Meine Seele zerfließt in Tränen, und aus meinem Herzen rinnen die Bäche der Wehmut und der Traurigkeit. Seit wann erhalten verdiente Männer den Nischani iftichar, den Orden des Ruhmes, mit der Kurbatsch dorthin gehängt, wo er bei einer Begegnung von vorn gar nicht zu sehen ist? Mich ergreifen die Schmerzen des Lebens, und ich empfinde die Qualen des vergänglichen Daseins. O Gesetz, o Gerechtigkeit, o Großsultan und Padischah!«
Er wollte sich von dannen schleichen, aber ich rief ihm zu:
»Warte noch ein wenig! Ich halte stets Wort. Da ich dir zwei Piaster versprochen habe, so sollst du sie auch bekommen. Und damit die Schmerzen des Daseins dir nicht allzu schwer werden, will ich dir sogar drei Piaster geben. Hier hast du sie!«
Er traute seinen Augen nicht, als ich ihm das Geld hinstreckte. Erst nachdem er mich prüfend angeschaut hatte, griff er zu und fuhr dann mit der Hand in die Tasche. Diese schien aber ein Loch zu haben, denn er zog die Hand wieder zurück und schob das Geld unter den Riesenturban. Dann ergriff er meine Hand, drückte sie an seine Lippen und sagte:
»Herr, die Qualen der Erde und die Unannehmlichkeiten dieser Welt sind vergänglich, wie die ganze Schöpfung. Deine Gnade träufelt Melhem (** Balsam.) in mein Gemüt und Sarmessak suju (*** Knoblauchsaft.) in die Tiefen meiner Gefühle. Möge das Schicksal dafür sorgen, daß dein Beutel nie ohne СКАЧАТЬ