Der Schut. Karl May
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Название: Der Schut

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ erreichten, und die Augen so fest zu gekniffen, als ob er all seine Lebtage das Licht der Sonne nicht mehr sehen wolle. Die beiden Arme hielt er ausgestreckt und alle zehn Finger so weit wie möglich auseinander gespreizt. Die Flasche hatte er im ersten Augenblick des Entsetzens von sich geschleudert. Sie war in die vereinigte Flüssigkeit gefallen, aus welcher sie von der fast bis an die Kniee in derselben watenden Frau mit Lebensgefahr gerettet wurde. Dabei hatte dieses weibliche Wesen die Stimme wieder erhoben und schimpfte aus Leibeskräften. Von dem, was sie sagte, verstand ich abermals nur die edlen Runen des bereits erwähnten »Bullik jak«.

      Da Halef zögerte, das ergreifende »lebende Bild«, welches er gegenwärtig stellte, zu Ende zu bringen, so trat ich zu ihm und fragte:

      »Was ist's denn? Was hast du getrunken?«

      »Grrr — g — gh!« lautete die gurgelnde Antwort, welche zwar keiner artikulierten Sprache angehörte, aber von allen verstanden wurde.

      »So komm doch zu dir! Was war es denn für Zeug?«

      »Grrr — g — gh — rrr!«

      Er brachte den Mund noch immer nicht zu und hielt die Arme und die Finger noch ausgespreizt. Die Augen aber öffneten sich und sahen mich mit einem trostlos ersterbenden Blick an.

      »Bullik jak!« rief die Frau als Antwort auf meine Frage.

      Ich durchflog im Geist alle Wörterbücher, welche mir jemals im Leben zu Gebot gestanden hatten; doch vergeblich. »Bullik« verstand ich absolut nicht. Und >jak<? Es konnte doch nicht etwa ein tibetanischer Yak oder Grunzochse gemeint sein!

      »Mach doch den Mund zu! Spuck' das Zeug aus!« riet ich ihm.

      »Grrrr!«

      Da näherte ich mich seinem offenen Mund — und der Geruch sagte mir alles. Ebenso schnell verstand ich nun auch die beiden Worte der Wirtin. Diese bediente sich der Mundart ihres Dorfes. Anstatt »Bullik jak« sollte es heißen >Balyk jaghi<, wörtlich ins Deutsche übersetzt: Fischöl, also Fischtran. Der kleine Hadschi hatte Fischtran getrunken.

      Als ich das meinen Begleitern erklärte, brachen sie in ein schallendes Gelächter aus. Diesen Ausdruck eines aller Hochachtung baren Gefühles gab dem stets so selbstbewußten Hadschi augenblicklich sein früheres Wesen zurück. Er zog die ausgestreckten Arme ein, sprudelte den Inhalt seines Mundes von sich, sprang wütend auf die Lacher zu und schrie:

      »Wollt ihr still sein, ihr Kinder des Teufels, ihr Söhne und Vettern seiner Großmutter! Wenn ihr über mich lachen wollt, so fragt erst, ob ich es euch erlaube! Ist es euch so lächerlich zu Mut, so laßt euch doch einmal die Flasche geben und trinkt von diesem Oel der Verzweiflung! Wenn ihr dann noch lacht, so will ich es gelten lassen.«

      Ein noch lauteres Gelächter war die Antwort. Sogar die Wirtin stimmte mit ein. Da aber fuhr der Hadschi grimmig auf sie los und holte mit der Peitsche aus. Glücklicherweise schlug er durch die Luft, denn die Frau war blitzschnell mit einem fast lebensgefährlichen Sprung durch die Türe verschwunden.

      Halef aber legte sich, ohne weiter ein Wort zu sagen, an dem Wässerchen auf die Erde, hielt das Gesicht hinein und spülte den Mund aus. Dann holte ich aus meinem Beutel drei tüchtige Fingerspitzen Rauchtabak und schob ihm denselben in den Mund. Er mußte ihn kauen, um den schrecklichen Geschmack los zu werden. Die Folgen dieses verhängnisvollen Schluckes waren um so außerordentlicher gewesen, als der Fischtran ein greisenhaftes Alter besaß, wie ich nachher von der Frau erfuhr.

      Sie hatte sich zuerst über den gewaltsamen Raub des vermeintlichen Raki erbost. Durch die Wirkung des ungewöhnlichen Getränkes aber fühlte sie sich ausgesöhnt, und nun brachte sie, was sie vorher verheimlicht hatte — eine halbvolle Flasche wirklichen Raki, welcher der Hadschi mit großer Hingebung zusprach, denn es war selbst dem Tabak nicht gelungen, den ranzigen Fischtran vollständig zu überwältigen.

      Dann schlenderte er wie absichtslos beiseite, aber bevor er hinter dem Gasthof verschwand, gab er mir einen heimlichen Wink, ihm zu folgen. Nach einer kleinen Weile spazierte ich ihm nach.

      »Sihdi, ich habe dir etwas mitzuteilen, wovon die Andern nichts wissen dürfen,« sagte er. »Die Frau behauptete, weder eine Speise noch ein Getränk zu haben; ich aber schenkte ihr keinen Glauben, denn in einem Konak muß stets etwas vorhanden sein. Darum suchte ich überall, obgleich sie das nicht dulden wollte. Zuerst fand ich die Flasche des Unheiles und der Umstülpung des Magens. Sie wollte sie mir nicht geben, aber ich nahm sie mit Gewalt, denn ich verstand nicht die Worte, welche sie sagte. Dann kam ich an einen Kasten. Ich öffnete ihn und fand ihn mit Kepek (* Kleie.) gefüllt. Aber diese Kepek roch so eigentümlich, so verlockend! Diesen Geruch habe ich noch nicht vergessen, weil ich ihn erst gestern richtig kennen gelernt habe.«

      Er holte Atem. Ich wußte bereits, was kommen würde. Er hatte einen Schinken entdeckt; das war sicher.

      »Glaubst du wirklich, Sihdi, daß der Prophet den Erzengel richtig verstanden hat in Beziehung auf das Schweinefleisch?« hob er wieder an.

      »Ich glaube, daß Mohammed entweder nur geträumt oder sich die Erscheinung des Engels nur eingebildet hat. Durch sein eigenartiges Leben und sein regelloses Grübeln ist seine Phantasie in krankhafter Weise erregt worden. Er hat Chajalar (* Halluzinationen.) gehabt, die ihm Dinge vorspiegelten, welche nicht vorhanden waren. Er sah Erscheinungen, die es in Wirklichkeit nicht gab; er hörte Stimmen, die seinem eigenen Gehirn entstammten. Und übrigens bin ich überzeugt, daß er das Verbot des Schweinefleisches nach dem Vorbild Musas (** Moses.) ausgesprochen hat.«

      »Herr, du machst mir das Herz leicht. Denke dir: durch den Geruch verleitet, griff ich tief in die Kleie. Ich fühlte harte Gegenstände, große und kleine, und zog sie hervor. Es waren Würste und ein Schinken. Ich tat sie in den Kasten zurück, denn die Frau klagte, daß ich sie berauben wolle, und sagen, daß ich sie dafür bezahlen würde, das durfte ich doch nicht. Du würdest meine Seele mit Dankbarkeit erfüllen, wenn du jetzt zu ihr gehen wolltest, um ihr eine Wurst und auch ein Stück von dem Schinken abzukaufen. Wirst du mir heimlich diesen Gefallen tun? Die Andern dürfen natürlich nichts wissen und ahnen.«

      Man denke, daß der kleine Hadschi sich mit großer Vorliebe einen Sohn oder Anhänger des Propheten zu nennen pflegte. Und jetzt verlangte er von mir, Schinken und Wurst heimlich für ihn einzukaufen! Dennoch war mein Erstaunen über seinen Wunsch keineswegs sehr bedeutend. Hätte ich ihm während der ersten Monate unserer Bekanntschaft zugemutet, von dem Fleisch eines Chansir el hakihr, eines »verächtlichen Schweines« zu essen, so hätte ich jedenfalls die Ausdrücke seines höchsten Zornes zu hören bekommen und auf seine fernere Begleitung verzichten müssen. Die Berührung einer einzigen Schweinsborste verunreinigt den Moslem und verpflichtet ihn zu sorgfältigen Waschungen. Und jetzt wollte Halef das Fleisch des verachteten Tieres gar in seinem Körper aufnehmen! Ohne es zu ahnen, war er durch sein Zusammenleben mit mir nicht nur in bezug auf seine Anschauungen, sondern auch betreffs der Befolgung vorgeschriebener Regeln ein sehr lässiger Bekenner des Islam geworden.

      »Nun?« fragte er, als ich nicht gleich antwortete. »Muß ich zweifeln, ob du meine Bitte erfüllen wirst, Sihdi?«

      »Nein, Halef. Wenn der Drache Ischtah (* Appetit.) in deinem Körper wütet, so muß ich dich, da ich dein Freund bin, von diesem Uebel erlösen. Du sollst nicht ewig die Qualen erdulden, welche er dir bereitet. Ich werde also mit der Frau sprechen.«

      »Tue das, ja tue es! Denn es steht geschrieben, daß Allah jede Wohltat, welche ein Mensch dem andern erweist, tausendfach vergelten wird.«

      »So meinst du, daß Allah mich tausendfältig belohnen werde dafür, daß ich dir von dem Fleisch des Schweines kaufe?«

      »Ja, СКАЧАТЬ