Am Stillen Ozean. Karl May
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Название: Am Stillen Ozean

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ wirst du noch erfahren. Kommst du aber in Gefahr, bevor ich wiederkehre, so nimm hier diesen Talisman, den du um den Hals zu tragen hast. Zeige ihn den Lung-yin, und sie werden dich als Freund behandeln.«

      Er gab mir die Kette. Es war eine wahrhaft bewundernswerte chinesische Schnitzarbeit. Jedes einzelne Glied derselben bestand aus einem Apfelkerne, welcher mit mikroskopischer Genauigkeit zu einem Kahne ausgeschnitzt war, in welchem ein Mann mit zwei Rudern saß. Das Medaillon war ein Aprikosenkern; er bildete eine Kriegs – oder Mandarinendschunke mit Baldachin, acht Ruderern und dem Befehlshaber, welcher in der Mitte des Fahrzeuges saß und in der Rechten einen offenen Sonnenschirm und in der Linken den unvermeidlichen Fächer trug. Das war eine jener unvergleichlichen chinesischen Arbeiten, welche uns die Minutiosität, den Fleiß und die ungeheure Ausdauer ihrer Verfertiger lebhaft bewundern lassen und dennoch einen wahrhaft lächerlich niedrigen Preis besitzen. Die Kette, welche ich in meiner Hand hielt, kostete hierzulande wohl kaum zwei Dollars, während sie in meiner Heimat von dem Liebhaber gern mit mehreren hundert Mark bezahlt worden wäre.

      Und diese Kette sollte ein Talisman gegen die Drachenmänner sein? Das klang ja grad so, als ob Kong-ni mit diesen fürchterlichen Leuten in irgend einer freundlichen Beziehung stehe! Ich nahm das Geschenk und fragte:

      »Wo werden wir uns treffen, wenn du zurückkehrst?«

      »Bist du hier auf dem Schiffe?«

      »Ja; ich werde mich danach einzurichten wissen.«

      »So hole ich dich von hier ab. Deine gelehrten Arbeiten werde ich im Kao-pan[66] niederlegen.«

      »Ich denke, du schickst sie dem Ly-pu ein?«

      »Weißt du nicht, daß die Prüfungen im Kao-pan stattfinden? Die Ausarbeitungen werden dann mit dem Berichte an das Ly-pu nach Peking gesandt und kommen zurück, um im Wen-tschang-kun[67] niedergelegt zu werden.«

      »Ich habe gehört, daß die Prüfungen im Kao-pan mündlich vorgenommen werden.«

      Er lächelte überlegen.

      »Geht der Wind, wie er soll? Mein Vater ist Vorsteher der Provinzialbehörde für Staatsprüfungen; er wird thun, was gut und vorteilhaft für dich ist. Lebe wohl, bis ich wiederkehre!«

      »Tsing leao!« antwortete ich, ihm die Hand reichend.

      Auch Frick Turnerstick gab ihm die Rechte:

      »Lebing wohl, alter Jungang, und wenn dung wiederkommst, so bist dung uns willkommang!«

      Das Boot, welches den jungen Mandarin von dannen trug, verschwand bald im Gewimmel der andern Fahrzeuge und wir machten uns nun daran, unsere Pakete zu öffnen. Sie enthielten allerlei Lack – und solche Waren, welche der Chinese Ku-tung[68] nennt und die sowohl in China selbst als auch im Auslande sehr teuer bezahlt werden. Für mich war außerdem ein vollständiger Anzug beigelegt, bei dessen Besichtigung ich mit Erstaunen bemerkte, daß es eine Mandarinenkleidung sei, an welcher nur der Hut mit dem Knopfe fehlte. Und dabei lag ein künstlicher Zopf, welcher so lang war, daß er mir beinahe vom Kopfe bis nieder zur Ferse reichte. Jetzt verstand ich das zweideutige Lächeln, welches ich im Gesichte Kong-nis bemerkt hatte, als ich davon sprach, daß ich mir eine chinesische Kleidung nebst Zopf kaufen werde.

      Als Turnerstick dieses Symbol der Mitte erblickte, lachte er, daß ihm die Thränen über die Wangen liefen.

      »Gratuliere, Charley, gratuliere! Von dieser Länge hat ihn nicht einmal ein preußischer Grenadier gehabt. Aber sagt einmal, wollt Ihr diesen famosen Schwanz wirklich ins Schlepptau nehmen?«

      »Natürlich! Wenn ich als Chinese gelten will, muß ich mich auch als solchen kleiden. Nicht?«

      »Well! Aber wenn ich mit Euch laufe, werde ich am Ende auch so ein Ding haben müssen!«

      »Natürlich! Als Kong-ni seine Einkäufe machte, hat er nicht gewußt, daß Ihr Euch mir anschließen werdet, sonst hätte er wohl in derselben Weise auch für Euch gesorgt. Unseren ersten Ausflug aber machen wir in unserer gewöhnlichen Kleidung.«

      »Einverstanden! Paßt es Euch vielleicht gleich morgen früh?«

      »Ist mir recht. Wir werden also heute abend nicht vom Schiffe gehen, um beizeiten munter zu sein.«

      »Nehmen wir unsere Büchsen mit?«

      »Wozu?«

      »Giebt es hier keine Jagd?«

      »Nein, im besten Falle könnten wir einige Enten schießen, wenn wir weit in das Land gehen. Zunächst aber möchte ich mir Canton ansehen. Geraten allerdings ist es, ein Messer und einen Revolver mitzunehmen, da man in einem fremden Lande nie wissen kann, was einem begegnet.«

      »Well; ich werde mich bewaffnen, obgleich ich denke, daß es keine Gefahr geben wird, da wir ja beide der Sprache vollständig mächtig sind.«

      »Scheint mir auch so, obgleich es mich befremdet, daß diese Bewohner von Hong-kong ein Chinesisch sprechen, welches man bei aller Mühe und Aufmerksamkeit kaum verstehen kann.«

      »Wird wohl stromaufwärts besser werden!«

      Als ich mich schlafen legte, verscheuchten mir die fleißigen Gedanken lange Zeit die Ruhe. Die Geschenke Kong-nis schienen zu beweisen, daß es ihm mit allem, was er mir gesagt und versprochen hatte, wirklicher Ernst gewesen sei. Auf den ersten Augenblick schien die Bewerbung um einen akademischen Grad ein fast mehr als bizarres Unternehmen zu sein, schien aber bei näherer Prüfung einen etwas andern Augenschein zu bekommen.

      Der chinesische Kaiser regiert dem Namen nach vollständig despotisch, doch findet seine Gewalt das stärkste Gegengewicht in der »Körperschaft der Gelehrten«. Diese Körperschaft ist eine Oligarchie, von welcher die gesamte Staatsverwaltung alle wirklichen und unmittelbaren Einflüsse empfängt. Der Kaiser ist gezwungen, alle seine Beamten aus dem Gelehrtenstande zu nehmen, und muß sich dabei an diejenigen Klassen und Grade binden, welche infolge der Prüfungen vorhanden sind. Die Körperschaft der Gelehrten ist im elften Jahrhundert vor der christlichen Zeitrechnung, also in den letzten Regierungsjahren der Schangs gegründet worden, doch das jetzt übliche System der Prüfungen, welche jeder bestehen muß, der in den Staatsdienst treten will, datiert aus dem achten Jahrhundert nach Christus, also von der Zeit der Dynastie Tang her. Jeder Chinese, der ein Zeugnis des Wohlverhaltens aufweisen kann, hat das Recht, nach Zurücklegung des gesetzlichen Alters sich zu diesen Prüfungen zu melden. Diese letzteren zeichneten sich früher durch Ernst und Würde aus und waren bekannt wegen der Unparteilichkeit, mit welcher sie vorgenommen wurden. Jetzt aber ist dies anders – sie sind ausgeartet. Die Korruption hat in China nichts verschont und auch die Examina, die Examinatoren und – die Kandidaten ergriffen. Die Gesetze und Vorschriften sind allerdings sehr streng, und jede Willkür soll unmöglich gemacht werden, damit es sich herausstelle, was der zu Prüfende wirklich gelernt hat; aber das Geld ist mächtiger als alle Verbote und Vorkehrungen. Dem Reichen ist es sehr leicht möglich, bei den. mündlichen Prüfungen die Themata im voraus zu erfahren, und, was das allerschlimmste ist, die Stimmen der Examinatoren sind dem Meistbietenden feil. Und noch weiter: ist es dem Reichen ja nicht möglich, sein Thema vor dem Examen zu erfahren, so mietet er sich irgend einen armen Gelehrten, der dann seinen Namen annimmt, an seiner Statt das Examen macht und sich für ihn das Zeugnis ausstellen läßt. Und dies geschieht so offen, daß die Chinesen für einen auf solche Weise Graduierten die Bezeichnung »Baccalaureus, der hinter dem Reiter sitzt«, erfunden haben. Sogar Abwesende können das Examen, welches in diesem Falle ein schriftliches СКАЧАТЬ



<p>66</p>

»Schauplatz der Prüfungen«, eine Art Universitätsgebäude.

<p>67</p>

»Palast der wissenschaftlichen Ausarbeitungen.«

<p>68</p>

Wörtlich: »Altes Gefäß« = Altertümer.