Die Inseln der Weisheit. Alexander Moszkowski
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Название: Die Inseln der Weisheit

Автор: Alexander Moszkowski

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ und hier anscheinend abseits jeder Verwandtschaftsmöglichkeit, heißt die Mutter: Ma und Mama, der Vater: Baba und Papangue; das Wasser: egua (aqua); ich gehe: ando (genau wie im Italienischen); Ja: (in der Bamba-Sprache): »J—a«; Öl (in der Bari-Sprache): Oelet; Tod: Doda; Zehn: Tekke (griechisch: deka), u.s.w. Auch wenn man im Klange dem Zufall einen gewissen Spielraum zugesteht, wird man nicht umhin können, gewisse innere Grundverwandtschaften zwischen den Worten anzunehmen.

      Einige Untersucher sind in dieser Hinsicht sehr weit gegangen, vielleicht über das zulässige Maß hinaus: Swift berichtet über die unfaßbare Sprache im Fabellande der »Hauyhn-hnms« und bemerkt dazu, daß sie dem Hochdeutschen am nächsten stünde. Diese Stelle hatte in mir die leise Hoffnung angeregt, auch in den Unwahrscheinlichkeiten der polynesischen Stämme irgendwo auf deutsche Sprachsplitter zu stoßen. Aber hieraus ergab sich nicht die geringste Hilfe; es blieb wirklich nichts übrig, als das Gedächtnis mit Neuformen auf›s äußerste zu strapazieren. Wir fragten uns auf Grund der genannten Hilfswerke wechselseitig ab, es stellte sich heraus, daß mein mit angeborenem Sprachsinn begabter Freund Donath in diesen seminaristischen Übungen weitaus am raschesten vorwärts kam. Er hat sich auch tatsächlich im Weiteren als Dolmetscher ausreichend bewährt, ihm zunächst Fräulein Eva, die sich über manche Schwierigkeiten durch feinhöriges Erraten und Kombinieren hinwegzuhelfen wußte. Ich lasse es bei diesen Andeutungen bewenden, um mich nicht in jedem Einzelfalle beim Sprachlichen aufzuhalten; es sei also vorweggenommen, daß wir auf unserer ganzen Reise an keinen Punkt gerieten, wo die Verständigung versagte.

* * *

      Einige Episoden verdienen Erwähnung. Als wir uns bereits im Stillen Ozean befanden, regte Donath die phantastische Frage an, ob es nicht angängig wäre, unterwegs unseren Antipoden einen Besuch abzustatten; er dächte sich das sensationell, einmal mit Berlin zu gegenfüßeln. Der Kapitän zeigte ihm auf der Karte, daß dies theoretisch wohl denkbar, praktisch aber im Rahmen unseres Programms nicht ausführbar wäre. Mein Freund stand hier auch wirklich nicht ganz auf der Höhe geographischer Einsichten. Erstlich besitzt Berlin überhaupt keine menschlichen Antipoden. Die sogenannten Antipoden-Inseln führen ihren Namen entsprechend ihrer Gegenlage zu London, genau zu Greenwich, und auch zu ihnen wäre der Weg untunlich gewesen, da wir uns ja nördlich vom Äquator befanden. Dafür wurde Donath versprochen, daß er andere Gegenpunkte von Berlin erleben würde, nämlich in der Hawai-Gruppe, wo er bei 166 ½ Grad westlicher Länge den Gegenmeridian von Berlin genießen sollte; sofern es ein Genuß ist, sich vorzustellen: hier steht die Sonne hoch, ich stelle die Mittagsstunde fest, während daheim die Turmuhren mit 12 Schlägen Mitternacht verkünden. —

      Einmal, als wir gerade in die See hinausblickten, wurden wir durch eine Detonation aufgeschreckt. Wir waren nämlich in die Nähe einer treibenden Mine und diese wiederum in die Drehkreise schwimmender Tümmler geraten. Die Sprengmine, als ein verjährtes, auf unerforschlichen Wegen hierher verschlagenes Überbleibsel vom Weltkriege gab uns zunächst die Gewißheit, daß wir uns hier, wenn auch weitab von Siedelungen, so doch immer noch im Gehege »moderner Kultur« befanden. Zudem hatten wir Ursache, der Delphinhorde dankbar zu sein, die in angemessener Entfernung jene Explosion auffing; hätte sie sich am Kiel der »Atalanta« entladen, so wären die Nostradamischen Verheißungsinseln unentdeckt geblieben, und von vorliegendem Buche würde, gleich bedauerlich für mich wie für meine Leser, nicht eine Zeile existieren.

      An einem der nächsten Tage überkam mich ein seltsames Verlangen. Ich ließ durch den Funk-Apparat in den unbegrenzten Äther Morsezeichen auf Englisch hinaustelegraphieren: »Die Teilnehmer der Atalanta-Expedition, 15 Grad nördlicher Breite, 145 Grad westlicher Länge, grüßen die unentdeckten Inseln auf der Tuscarora-Fläche.« Es erfolgte naturgemäß keine Antwort, und die Mehrheit der Gefährten belächelte mich, als sich trotzdem eine steigende Unruhe meiner bemächtigte. Kein Zweifel, ich war nervös überreizt, wie unter einem Tropenfieberanfall. Unser Doktor Wehner stellte stark erregten Puls fest, gab mir Chinin und wollte mir Lagerruhe verordnen. Aber mich trieb die Exaltation unablässig umher, und ich kam von dem abenteuerlichen Gedanken nicht los, auf jene drahtlose Sendung würde irgendetwas erfolgen. Fräulein Eva versuchte, mich konversationell zu beruhigen und womöglich von der absurden Idee abzulenken. Ich aber blieb hartnäckig bei dem Thema der drahtlosen Telegraphie, und verlor mich – wie sie später erzählte – in unzusammenhängende Erörterungen über die Großfunkenstation Nauen, über Schwingungen im Vakuum und über die Wellen-Berge, die im Äther erregt würden. Schließlich brach ich unter der Emotion zusammen, das klare Bewußtsein setzte aus, es rauschten mir abgerissene Stichworte durch den Schädel: Anruf – Schwingungen – Wellen – Eva – Nauen – Berg – Tuscarora – — – Man bettete mich aufs Lager, und der Doktor behandelte mich mit Eiskompressen. Nach etwa einer Stunde ging der Anfall vorüber, ich erhob mich, ging umher, trat an die Reeling und freute mich der Sonnenstrahlen, die mit schrägen, glitzernden Pfählen in die Flut tauchten. Da gab es auf dem Schiff eine neue Aufregung.

      Der Offizier Geo Rottek rief mich an das Kabinenhäuschen, in dem plötzlich der Funkenempfänger zu spielen begann. Wir wurden, unbekannt woher, angerufen und zu unserem maßlosen Erstaunen funkte uns eine Nachricht entgegen:

      »Gegengruß von den unentdeckten Inseln. Wählet für Erforschung Ausgangspunkt 15942.«

      Was hatte das zu bedeuten? Der Amerikaner war als erster mit der Erklärung zur Hand, irgend ein unbekannter Empfänger meiner Depesche, auf See oder auf Land, hätte sich mit dieser drahtlosen Antwort einen freundlichen Spaß geleistet. Aber die Mehrheit widersprach dieser Annahme unbedingt und bekannte sich zu meiner Überzeugung, daß wir es hier mit einer durchaus ernst zu nehmenden Kundgebung zu tun hätten. Und nun fegte ein Sturm von Interpretationen über Deck, deren Grundmotiv dahinging: die gesuchten Inseln existieren nicht nur in Wirklichkeit, sondern sie verfügen sogar über äußerste technische Errungenschaften. Sie verstehen die Kunst, sich mit der Außenwelt zu verständigen. Und wenn ihre Bewohner dies bis jetzt unterließen, wenn sie heut zum ersten Mal den Schleier ihres Daseins lüften, so müssen sie hierfür ihre ganz besonderen, einstweilen unerforschlichen Gründe besitzen.

      Es galt daher als nahezu erwiesen, daß wir uns bei späterer Annäherung keinem feindseligen Empfang aussetzen würden. Ein Rest von Verdacht blieb freilich bestehen. Dieses Telegramm konnte eine Falle sein; ein Manöver, um unser kostbares Schiff an ferne Gestade zu locken und dann eventuell zu plündern. Hohe Zivilisation und Raublust sind ja nicht kontradiktorisch entgegengesetzt, sondern wie die Geschichte lehrt, eng verschwistert. Es gibt sogar eine Theorie, nach welcher die Raublust proportional mit dem Quadrat der Zivilisation ansteigt. Aber das beschäftigte uns im Moment nicht sonderlich. Wir blieben vielmehr an dem Schluß der Kundgebung haften und fragten uns, wie wir uns die telegraphische Zahl 15942 zu interpretieren hätten. Hier lag offenbar der Drehpunkt der ganzen Angelegenheit, der wichtigste Hinweis, den wir erst verstehen mußten, um zu einer Orientierung über das Zukünftige zu gelangen.

      Waren die Inseln etwa numeriert? Und gar in die Tausende? das schien doch gar zu unwahrscheinlich. Oder sollten die Zahlen wiederum eine Chiffre abgeben für einzusetzende Buchstaben? Alles dahingehende Probieren ging fehl. Aber inzwischen hatte unser Kapitän Ralph Kreyher eine gangbare Spur gefunden. Er teilte nämlich mit nautischer Findigkeit die Zahl durch eine einleuchtende Zäsur in 159 und 42 und erklärte: Wenn der telegraphische Hinweis überhaupt einen Sinn haben soll, so kann er nur bedeuten: Steuert auf den Schnittpunkt des 159. Meridians mit dem 42. Breitengrad! Wir können natürlich nicht erraten, was wir dort finden werden; aber es steht doch zu vermuten, daß dieser Punkt die größte Wichtigkeit für unsere Expedition beansprucht.

      Auf den Seekarten war dieser Punkt nicht durch die geringste Eintragung hervorgehoben. Ein namenloser Punkt in der blauen Wasserwüste. Unser Konzilium ergab den Beschluß: dorthin wird unter allen Umständen gesteuert! Ganz direkt, auf der kürzesten Linie, ohne Berührung der Hawaischen Inseln? Nein, das wäre doch zu grausam gegen den Genius aller Touristik gewesen. Zum erstenmal im Leben befanden wir uns in der Nähe eines von großen Weltfahrern in allen Tönen der Begeisterung gefeierten Paradieses, und wir durften nicht die Sünde auf uns laden, an diesem Paradiese einfach vorbeizuhuschen. Wir beschlossen also: eine kurze СКАЧАТЬ