Die Inseln der Weisheit. Alexander Moszkowski
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Название: Die Inseln der Weisheit

Автор: Alexander Moszkowski

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Einwände zu gewinnen, sagte er:

      »Man müßte zunächst versuchen, eine brauchbare Übersetzung herzustellen. Ich selbst halte mich ja in Sprachangelegenheiten für ziemlich gewandt, ich meine aber doch, daß hier meine Dolmetscherfähigkeit nicht ganz ausreicht. Dem Sinne käme man vermutlich näher, wenn man, ohne am Wort zu kleben, auch die Form des Originals in die Übertragung hinübernähme.«

      »Das ist bereits geschehen,« entgegnete ich. »Höre zu, wie ich die Zeilen im Rhythmus und Tonfall der Vorlage verdeutsche:

      Einst werden sich, so wird hier prophezeit,

      Die Inseln der Verheißungen entdecken,

      Wenn sich im deutschen Land nach trüber Zeit

      Um einundzwanzig neue Kräfte recken.

      Schriftsteller ist er, mazedonisch klingt

      Der Name dessen, dem das Los zu eigen,

      Mit einem Paare, das ihm Hilfe bringt

      Vom reichen West, dies Phänomen zu zeigen.

      Über die Hauptsache, räume das nur ein, besteht jedenfalls gar kein Zweifel. Wir haben hier die seit Urzeiten verborgenen Inseln der Verheißung und deren Entdeckung, angesagt auf das Kalenderjahr und mit genauem Hinweis auf unsere Heimat, in der, wie sicher zu ergänzen, der Ursprung der Expedition liegen soll. Als Urheber des Plans wird ein Schriftsteller bezeichnet, stimmt ebenfalls. Und was den mazedonischen Namen betrifft…«

      »Alexander!«

      »Also das ist schon fast ein Übermaß an Deutlichkeit. Ich werde mich nicht damit aufhalten, mich mit Erklärungsversuchen zu plagen als Zeuge eines Mysteriums, in dem das Okkulte mit dem ersichtlich Wirklichen untrennbar zusammenfließt. Genug, es steht da, und du weißt so gut wie ich selbst, daß ich die Spur der Inseln bereits aus ganz anderen Erwägungen heraus verfolgt habe, als dieses Nostradamusbuch noch in der Tiefe eines Antiquariats schlummerte. Aber das Zusammentreffen eines eigenen Planes mit dem Auffinden und der Entzifferung dieser okkulten Schrift müßte imstande sein, auch den ungläubigsten Thomas ins Extrem des Glaubens hineinzustoßen.«

      »Immerhin, Alex, es besteht da doch noch ein dunkler Punkt. Hier ist doch von einem amerikanischen Paar die Rede, und davon hast du mir auch nicht die leiseste Mitteilung gemacht.«

      »Das erklärt sich dadurch, daß ich selbst nicht das geringste davon weiß. Dieser dunkle Punkt ist also tatsächlich vorhanden und ich verhehle nicht, daß er mich beunruhigt. Denn wenn ich auch alles durchgehe, was ich jemals an amerikanischen Bekanntschaften besaß, so kommt doch keine einzige für den vorliegenden Fall in Betracht. Es waren ausschließlich nach Europa versprengte Künstler, Konzertgeber, Musikschülerinnen und auch mit diesen hat für mich seit dem Kriege jeder Kontakt aufgehört. Daß ich selbst nie drüben im anderen Kontinent gewesen bin, ist dir bekannt.«

      »Wenn du aber so fest an die Prophezeiung deiner Quatrains glaubst, so müßtest du vielleicht den hiesigen amerikanischen Geschäftsträger aufsuchen…«

      »Nein. Von den achselzuckenden Herrschaften auf unserem Boden habe ich nun wirklich genug. Ich habe mich angestrengt, in diesem Nostradamus hier noch irgend welchen ergänzenden Hinweis zu entdecken. Und meine Suche war auch nicht ganz fruchtlos, allein die Ergebnisse lagen in ganz anderer Richtung. Sie betrafen die Inseln selbst, über die sich Nostradamus in den allerdunkelsten Wendungen ergeht. Der Magier macht da Anspielungen, welche darauf hinzudeuten scheinen, daß sich auf dieser Insel die seltsamsten Kulturen verwirklichen; sozusagen eigensinnige Kulturen, als ob die Inselbewohner es darauf anlegten, ihre Existenz nach philosophischen Prinzipien einzurichten. Aber es ist alles so verschwommen ausgedrückt, daß ich daraus nicht klug werde. Und was den für uns zunächst wichtigsten Hauptpunkt anlangt, so fehlt hierüber jede weitere Notiz. Man müßte sich denn an diese Buchstabenfolge auf Seite 97 klammern

      lzbkhmsnb.

      Donath Flohr nahm ein weißes Blatt von meinem Schreibtisch und schrieb nach der erörterten Regel, indem er jeden Buchstaben mit dessen alphabetischen Nachfolger vertauschte:

      maclintoc

      »Das kannst du dir an die Wand nageln,« fügte er hinzu: »es klingt wenigstens exotisch und erinnert sogar an einen berühmten Seefahrer, der dir aber nicht helfen kann, besonders weil er längst tot ist.«

      »Und dennoch!« rief ich, indem ich trotzend auf das Blatt schlug. »Alles Übrige ist so überzeugend, so zwingend, daß ich von der Idee nicht mehr loskann. Ich will auch davon nicht los, ich habe in mir gar keine Möglichkeit, es zu wollen. Denn mein Verstand müßte einfach dabei abdanken. Er müßte sich entschließen, das alles für ein höhnendes Spiel des Zufalls zu nehmen; und das wäre genau so – ich zitiere Cicero – als wenn man annehmen wollte, das aus dem zufälligen Zusammenschütten von Buchstaben ein Gedicht wie die Ilias entstehen könnte!«

      »Also du willst mit dem Kopf durch die Mauer. Schön. Aber dann müßtest du wenigstens die Bewegungsmöglichkeit haben, und die hast du nicht. Du stehst festgekeilt vor einem finanziellen Rechenexempel, und erklärst selbst, daß alle Lösungsversuche fehlschlagen.«

      »Vielleicht gäbe es einen letzten Ausweg. Dieser Nostradamus ist doch jedenfalls vom bibliophilen Standpunkt ein Schatz, jetzt wo der Schlüssel zur Lesung ermittelt ist. Wie wäre es, wenn ich das Buch verkaufte?«

      »Erstens siehst du nicht aus wie einer, der so etwas verhökert. Und dann, selbst wenn, würde der Erlös nicht zum hundertsten Teile ausreichen, um deine Expedition zu bestreiten. Hier handelt es sich doch im Kostenpunkt um viele Millionen – einfach Wahnsinn. Schluß mit diesen Phantasien! Ich will dir raten: übersetze den ganzen Band in hübsche deutsche Reime, gib sie als Buch heraus oder noch besser, halte Vorträge darüber in der Philharmonie und sonstwo. Dann wirst du wenigstens eine gewisse Genugtuung von dieser Arbeit haben und das Bewußtsein, etwas für die Vergnügungssteuer zu leisten«.

      Wir beide hatten es im Feuer der Unterhaltung gänzlich überhört, daß an der Vordertür die Klingel mehrfach gegangen war. Mein Hausmädchen huschte ins Zimmer und meldete Besuch. Auf der Visitenkarte, die sie mir entgegenstreckte, las ich:

      Mac Lintock

* * *

      Es ist anzunehmen, daß mir die Symptome höchstgradiger Verdutztheit auf dem Gesicht standen, als ich die Eintretenden begrüßte. Denn es waren zwei Personen, Herr und Dame; wie sich aus der Vorstellung ergab: Mr. Mac Lintock aus Chicago und seine Nichte Eva.

      Ich hätte hier die beste Gelegenheit, dramatisch zu werden und ein redendes Quartettgespinnst zu entwickeln. Ich ziehe es indes vor, zunächst episch zu verfahren. An sich betrachtet war nämlich das Auftreten der neuen Figuren in seinem Motiv zwar seltsam, aber keineswegs wunderbar. Der Amerikaner, in seinem Äußeren an das Bild des berühmten Präsidenten Lincoln erinnernd, Irländer von Herkunft, aber durch und durch yankeesiert, befand sich seit kurzer Zeit in Berlin, um hier einige großzügig angelegte Geschäfte teils einzuleiten, teils abzuwickeln. Diese gingen, selbst nach Dollars gemessen, in die sechs- und siebenstelligen Ziffern hinein, wonach sich der Herr ersichtlich als eine recht vertrauenerweckende Persönlichkeit darstellte. Bei einer seiner Transaktionen hatte er mit dem schon vorerwähnten Großbankier Georgi zu verhandeln, dem nämlichen, der mir versprochen hatte, meine Sache »im Auge zu behalten«. Ich selbst war, wie erinnerlich, nur mit minimalen Hoffnungen bei dieser redensartlichen Zusage; allein wider Erwarten berührte der Bankier im Gespräch, so nebenbei das Inselprojekt, mit jener Selbstlosigkeit, die sich oft einstellt, wenn das Risiko verschwindet und der Andere voraussichtlich die Kosten tragen wird.

      Gestern speisten der Amerikaner, seine Nichte und Georgi im Esplanade; zwischen Birne und Käse ließ der Dollarmann einfließen, daß er sich seiner Dampfyacht zu entäußern wünschte, da er sich darauf bis zum Überdruß СКАЧАТЬ