Münchhausen. Karl Immermann
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Название: Münchhausen

Автор: Karl Immermann

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ sie besteht lediglich aus wellenden Hebungen und Senkungen des Erdreichs, und das Gebirge sieht man nur in der Ferne; ‚s ist dieses auch mehr eine finstre Berglehne, als eine schönlinierte Kette. Aber eben ihre Anspruchslosigkeit, daß sie sich nicht aufgeputzt einem gegenüberstellt, fragend: Wie gefall‘ ich dir? sondern bis in die kleinsten Partikeln als fromme Schaffnerin dem Anbau durch menschliche Hände dient, macht sie mir doch sehr wert, und ich habe gute Stunden auf meinen einsamen Streifereien genossen. Vielleicht tut der Umstand auch das seinige, daß mein Herz einmal wieder ganz ungestört seine Pendelschwingungen ausschwingen darf, ohne daß vernünftige Leute am Uhrwerke rücken und drehen.

      Poetisch bin ich sogar geworden, was sagst Du dazu, mein alter Ernst? Hab‘ etwas hingeworfen, wozu mich ein göttlich schöner Sonnentag, den ich vor Zeiten in den Waldgründen des Spessart verlebte, zuerst anspornte. Ich glaube, es wird Dir gefallen. Es heißt: »Die Wunder im Spessart«.

      Am liebsten sitze ich droben auf dem Hügel an einem stillen Platze zwischen den Kornfeldern des Hofschulzen, die dort zu Ende gehen. Man hat eine geräumige mit Kraut und Brombeergebüsch bewachsene Einsenkung des Bodens vor sich; rings im Kreise um sie her liegen große Steine, einer, gerade dem Felde gegenüber, ist der größte, über dem spannen drei alte Linden ihre Zweige aus. Dahinter rauscht der Wald. Die Stelle ist unendlich einsam und beschlossen und heimlich, besonders jetzt, wo man im Rücken das mannshohe Korn hat. Da droben bin ich viel. Freilich nicht immer in sentimentaler Naturbetrachtung, es ist auch mein gewöhnlicher abendlicher Anstandsort, von wo ich dem Schulzen die Reh‘ und Hirsch‘ aus dem Korn schieße.

      Sie nennen den Platz den Freistuhl. Vermutlich hat also dort vor alters das Femgericht im Schrecken der Nacht seine Verdikte ausgebrütet. Als ich meinem Schulzen ihn lobte, ging eine Freundlichkeit über sein Gesicht. Er versetzte nichts, nahm mich aber nach einiger Zeit ohne Veranlassung mit auf eine Kammer im obern Stock des Hauses, öffnete dort einen eisenbeschlagenen Koffer und zeigte mir in demselben ein altes rostiges Schwert liegend. Mit Feierlichkeit sagte er: »Das ist eine große Rarität; es ist das Schwert Caroli Magni, seit tausend und mehreren Jahren beim Oberhofe aufbewahrt, und noch in voller Kraft und Gewalt.« Ohne weitere Erklärungen hinzuzufügen, klappte er den Deckel wieder zu. Ich hätte um alles seinen Glauben an dieses Heiligtum nicht zerstören mögen, obgleich mich mein flüchtiger Blick lehrte, daß der Flamberg kaum ein paar hundert Jahre alt sein könne. Er zeigte mir aber ein förmliches Attest über die Echtheit der Waffe, von einem gefälligen Provinzialgelehrten ihm ausgestellt.

      Hier will ich denn nun unter den Bauern bleiben, bis mir der alte Jochem Nachricht von dem Schrimbs oder Peppel gibt. Es ist zwar die achtzig Meilen her kühler in mir geworden, denn gar viel tut‘s, wenn vierzehn Tage zwischen dem Vorsatz und der Ausführung liegen, auch steht nun die Frage, welche Rache ich eigentlich an ihm nehmen soll? aber das wird sich schon alles finden.

      Dieser Brief, wie ich ihn überlese, kommt mir ganz possierlich vor. Vorn stehen recht hübsche Bemerkungen, hinten dergleichen, ich brauche mich ihrer gar nicht zu schämen, und in der Mitte ist‘s, als ob ein dummer Bub‘ seine Eulenspiegelei erzählt.

      Nun, ich werd‘ ja endlich auch klug werden. — Wenn einen die Leut‘ nur verständen in der Fremde! Alles muß man dreimal sagen, bevor‘s gefaßt wird. Und wenn man nicht gar ein Stockschwab ist, sondern im Gegenteil in der Welt umhergekommen, und andere vielfältig hat reden hören, so kann man sich selbst durch unser Zischen und Prasseln hin und wieder beschwert fühlen. Wir haben doch Geist, soviel wie die übrigen, warum können wir denn das Wort nicht gelind, sanft und zart von uns geben, sondern sprechen immer: »Keescht?« Aber ich denke, aus: »Keescht« kann allezeit durch Abschwächen und Filtrieren: »Geist« werden, nicht aber umgekehrt aus Geist, Keescht. Und so wird‘s der Herr in diesem Punkt, wie in allen andern wohl mit uns brav gemeint haben.

      Mentor, hoffentlich hörst Du bald mehr von Deinem Nicht-Telemach.

      Schilt ihn aber tüchtig aus, darum bitt‘ ich Dich.«

      Siebentes Kapitel

Worin der Jäger dem Hofschulzen eine alte Geschichte von seinen Eltern erzählt

      Mehrere Tage gingen im Oberhofe auf die gewohnte stille und einförmige Weise hin. Der alte Jochem ließ noch immer weder von sich noch von dem entwichenen Abenteurer hören, und seinen jungen Gebieter wollte doch nachgerade eine stille Unruhe beschleichen. Denn so umspinnt uns alle die jetzige geregelte Zeit, daß niemand, und sei er noch so ungebunden, lange ausdauern kann ohne den Rücken an ein Geschäft, oder an ein Verhältnis zu lehnen.

      Mit dem Hofschulzen verkehrte er zwar, sooft er konnte, und die originelle Eigentümlichkeit des Mannes behielt für ihn ihre ganze Anziehungskraft, welche sie am ersten Tage der Bekanntschaft über ihn ausgeübt hatte, aber teils war der Alte meistens in seiner Wirtschaft sehr beschäftigt, teils hatte er viel mit andern abzureden, da täglich Menschen im Hofe einsprachen, die ihn um Rat oder Hülfe angingen. Bei diesen Gelegenheiten bemerkte der Jäger, daß der Hofschulze im eigentlichen Sinne des Worts nie etwas umsonst tat. Er war gegen Nachbarn, Gevattern und Freunde zu allem bereit, aber sie mußten ihm immer etwas dagegen leisten, und wäre es nur die unentgeltliche Ausrichtung eines Auftrags nach einer in der Nähe belegenen Bauerschaft, oder eines andern kleinen Dienstes dieser Art gewesen.

      Täglich wurde geknallt, freilich immer vorbei, so daß der Alte, der stets ins Schwarze traf, er mochte zielen, worauf er wollte, über diese fruchtlosen Bemühungen verwunderte Augen zu machen begann.

      Es war ein Glück für unsern Jäger, daß gerade um jene Zeit der zunächstwohnende Gutsbesitzer sich mit seiner Familie und Dienerschaft auf einer Reise befand, sonst würden ihn wahrscheinlich doch einmal die zünftigen Schützen oben am Freistuhl ertappt haben.

      Gern wäre der junge Schwabe in manches eingedrungen, was ihm verhüllt blieb. Der erste Knecht fragte den Schulzen eines Tages, ob das Korn droben am Stuhl nicht angeschnitten werden solle, da es vollkommen reif sei? erhielt aber von seinem Herrn den Bescheid, daß es bis nach der Hochzeit stehen bleiben müsse. Diese Worte würden dem Jäger nicht weiter aufgefallen sein, wenn er damit nicht unwillkürlich den Inhalt eines Gesprächs in Verbindung gesetzt hätte, dessen unbemerkter Ohrenzeuge er kurz zuvor geworden war.

      Zwei benachbarte Hofbesitzer, welche seinen Wirt besuchten, hatten ihn nämlich, so daß der Jäger es hörte, befragt: Wann das Geding sein solle? und zur Antwort erhalten: Am zweiten Tage nach der Hochzeit, mit dem Hinzufügen, daß dann zugleich der Schwiegersohn die Losung empfangen werde. Der junge Mann brachte diese Reden mit der Schonung des reifen Korns am Freistuhl in Zusammenhang, ohne gleichwohl die eigentliche Bedeutung sich klarmachen zu können.

      Seinerseits sagte der Hofschulze einmal zum Jäger, als dieser wieder mit leerem Pulverhorn und leerer Weidtasche in den Hof zurückkehrte: »Wie ist das, junger Herr? Sie treffen ja niemalen was?«

      Der Jäger war gerade in einer verdrießlichen Stimmung, die zuweilen am offensten macht. Er versetzte daher kurzweg: »Daß ich nichts treffe, ist nicht meine Schuld, und daß ich dennoch immerdar schießen muß, liegt auch nicht an mir, das hängt mir von Mutterleib an.«

      »Wie? Von Mutterleib?« fragte der Hofschulze.

      »Ich kann es nicht anders nennen«, erwiderte der Jäger. »Ihr seid ein so verständiger Mann, daß ich keinen Grund habe, Euch eine Geschichte vorzuenthalten, welche Euch meine Jägerei, über die Ihr, wie ich sehe, schon seit einiger Zeit den Kopf schüttelt, einigermaßen erklärlich machen wird. Man hat Muttermäler in Form von Sternen, Kreuzen, Kronen, Schwertern, weil die Frau, welche den Menschen trug, sich an einem großen Orden, an einem Kirchenzuge, an einer Krönung versah, oder unter Kriegsgetümmel ihre Schwangerschaft abhielt; warum sollte einer nicht Jäger von Mutterleib aus sein können?«

      Der Hofschulze СКАЧАТЬ