Jenny. Fanny Lewald
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Название: Jenny

Автор: Fanny Lewald

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ die unterdrückte Nation zu wirken, der ich angehöre; sie frei zu machen aus Sklavenfesseln, die Jahrhunderte auf ihr lasten. Wie mag ich mein Glück, das Glück des Einzelnen, so hoch schätzen, während mein ganzes Volk nicht glücklich ist! Ehe ich meineidig werde an den Meinen und an meiner Ehre, mag dies Herz brechen in Sehnsucht nach der Geliebten, nach meiner süßen, schönen Clara! Und wieder und immer wieder wollte der männliche Entschluß wankend werden, bei dem Gedanken an die Geliebte. Eduard malte es sich aus, wie auch Clara’s Seele leiden werde unter der Trennung, die er über sie und sich verhängen müsse — wie sie ihm zürnen werde, weil er so großes Weh über sie bringe — und doch vermochte er noch weniger den Gedanken zu ertragen, sich und ihr durch die Taufe alle diese Schmerzen zu ersparen und sich mit ihr zu verbinden. Er war entschlossen und resignirt, aber tief traurig, als er langsam den Rückweg nach seiner Wohnung antrat. Reiflich überlegte er, wie er sein künftiges Betragen gegen Clara einrichten werde, wie kein Blick, kein Wort das Gefühl seiner Brust enthüllen solle, und das bleiche Licht eines Wintertages sah bereits durch seine Fenster, ohne daß Eduard daran gedacht hätte, sich zur Ruhe zu legen. Der Morgen fand ihn todtmüde in einem Lehnstuhl sitzen, erfreut über die körperliche Abspannung, die ihn das geistige Leid weniger zerreißend empfinden ließ.

      * * *

      Ein Jeder hat es gewiß erfahren, wie in einem Kreise befreundeter Menschen sich allmälig eine Epoche vorbereitet, in der unvorhergesehene Ereignisse eine gänzliche Umgestaltung der Verhältnisse hervorrufen. Es ist, als ob ein Jeder sich mit einem Male bewußt geworden sei, was er wolle und müsse; und wo noch vor kurzer Zeit nur Keime vorhanden waren, steht schnell emporgewachsen eine reife Ernte da. Aber dem Erscheinen solcher Zeitpunkte gehen in den Familien, wie in der Natur bei der Ernte, heiße, schwere Tage voraus, in denen die Luft drückend und unheilschwer über uns liegt und sich in gewaltsamen Gewitterstürmen abkühlt. Wir fühlen den herannahenden Orkan, eine Unruhe überfällt uns, wir zagen vor dem entscheidenden Momente, und sehnen ihn doch ungeduldig herbei, um in der erfrischten Atmosphäre frisch und frei aufathmen zu können.

      Ein solcher Zeitpunkt war für den Kreis von Menschen herangerückt, in dessen Mitte diese Erzählung uns führt. Jeder der Betheiligten fühlte, daß ein entscheidender Schritt geschehen müsse, und Keiner hatte den Muth, ihn zu thun. Eduard hielt es sich als eine Nothwendigkeit vor, Clara zu verlassen, ehe das Scheiden ihm und ihr noch schwerer werde, und konnte es doch nicht über sich gewinnen, ihre Behandlung fremden Händen zu übergeben, die leicht weniger geschickt und sorgsam sein konnten, als die seinen. Wenigstens täuschte er sich über seine Unentschlossenheit mit dieser scheinbaren Pflichterfüllung. — Jenny begriff es nicht in liebender Ungeduld, warum Reinhard zögere, ihr ein Geständniß zu machen, dessen es kaum noch bedurfte, während dieser selbst ernst mit sich zu Rathe ging und, je mehr er sich und Jenny prüfte, um so ängstlicher über den Erfolg einer Verbindung mit der Geliebten wurde.

      In dieser peinlichen Unruhe vergingen einige Wochen. Clara’s Genesung war so weit vorgeschritten, daß Eduard nur noch bisweilen ihr väterliches Haus besuchte, um sich nach dem Zustande seiner Kranken zu erkundigen, und vor Allem, um sie zu sehen, um mit ihr über Alles zu sprechen, was seine Seele in Anspruch nahm. Vor ihr hatte er sich gewöhnt, alle Regungen seines Herzens, alle Gedanken seines Geistes zu enthüllen. Er hatte sie eingeweiht in das Glück und in das Leid, das er um seiner Abstammung willen erduldet, und während er sich die Genugthuung gönnte, der Geliebten von sich und seinem früheren Leben zu erzählen, hatte er gehofft, es Clara dadurch zugleich deutlich zu machen, wie sie getrennt wären durch das Vorurtheil der Menschen, und wie er niemals daran denken könne, sie sein Weib zu nennen. Anders aber, als er es berechnet hatte, wirkten diese Schilderungen auf das liebende Herz des Mädchens. Sie wünschte und fühlte in sich die Macht, ihn zu entschädigen für Alles, was fremde Unduldsamkeit an ihm verbrochen hatte; sie wollte ihm zeigen, daß sie wenigstens die Vorurtheile der Menge nicht theile. Darum sprach sie offen von ihrer Achtung und Verehrung für ihn, darum hatte sie tausend jener kleinen Aufmerksamkeiten ihm gegenüber, in denen weibliche Liebe so erfinderisch ist, und die, allen Andern unbemerkbar, sicher den Weg in das Herz Dessen finden, dem sie gelten. Sie war tief ergriffen von seiner ihr bisher fremden und doch so freien Weltanschauung; die Wahrheit seiner Worte prägte sich ihr so deutlich und unbestreitbar ein, daß auch in dieser Beziehung der Geliebte ihr zum Ideal wurde. Ein Tag, an dem sie ihn nicht gesehen, nicht gehört hatte, was er treibe, was ihn beschäftige, schien ihr ein verlorner zu sein; und als nun Eduard endlich seine letzte, ärztliche Visite machte, als Clara mit Thränen in den Augen vor ihm stand, mit Thränen, die, wie ihre Mutter meinte, einer übertriebenen Dankbarkeit flossen, fand sie endlich so viel Muth in sich, leise die Hoffnung auszusprechen, der hilfreiche Arzt, dem sie zu Dank verpflichtet sei, werde auch künftig sich dem Hause ihrer Eltern nicht ganz entziehen. Die Commerzienräthin konnte es also füglich auch nicht wohl vermeiden, eine ähnliche Einladung an ihn ergehen zu lassen, und trotz aller gefaßten Entschlüsse, trotz seiner Grundsätze, freute sich Eduard dieses mit Widerstreben gethanen Vorschlags. Aber wer will ihn der Schwäche zeihen, der selbst geliebt hat? Erinnert euch, wie eure Vorsätze zu Grunde gingen, wenn in der Trennungsstunde die Geliebte bittend vor euch stand! Fragt euch, ob die Sehnsucht nach der Gegenwart der Geliebten nicht stärker war, als jeder Entschluß, den die Vernunft euch vorgezeichnet hatte!

      Nachdem Eduard eine förmliche Einladung zu einem Mittagbrod im Hause der Commerzienräthin erhalten hatte, bei dem er mit vielen der angesehensten Männer der Stadt zusammengekommen war, die ihn kannten und hochschätzten, nachdem die stolze Wirthin es einmal über sich gewonnen hatte, einen Juden als Gast an ihrer Tafel zu dulden, fand es Clara nicht schwer, eine zweite Einladung für ihn zu erwirken, besonders da Ferdinand, nach heftigen Zerwürfnissen mit seinem Vater, seine sogenannte große Tour angetreten hatte, und so lange in London in dem Hause seines Onkels bleiben sollte, als William auf dem Continent verweilen würde. Statt also in ihren Absichten durch Ferdinand gehindert zu werden, fand sie dieselben durch das Zureden ihres Vetters wesentlich gefördert; und ihre Eltern ließen sich bereit finden, den Wünschen ihrer Tochter und William’s nachzugeben, da nach Clara’s Herstellung das Heirathsprojekt für diese wieder aufgenommen wurde, und die Commerzienräthin auf’s Neue die zärtlich nachgebende Mutter spielte, um desto leichter das vorgesteckte Ziel zu erreichen. Dazu kam, daß der bisherige alte Hausarzt der Horn’schen Familie gerade jetzt, nachdem er sein Jubiläum feierlich begangen hatte, seine Praxis niederlegte, und der Commerzienräthin selbst den Vorschlag machte, Eduard zu ihrem Arzte zu erwählen, wodurch er gewissermaßen von Rechtswegen in die Zahl der Hausfreunde mit aufgenommen wurde. Seine fleißigen Besuche schrieb Madame Horn der Ehre zu, die ihm durch seine Wahl widerfahren sei und die er zu schätzen wisse; und daß Clara’s Interesse für den Doctor andere Motive, als Erkenntlichkeit haben könne, war ein Gedanke, der ihr niemals einfiel, weil sie die Liebe ihrer Tochter zu einem Juden für eine Naturverirrung angesehen haben würde, die sie einem Mädchen aus ihrer Familie unmöglich zutrauen konnte.

      Das Jahr näherte sich seinem Ende, als Eduard fast ein täglicher, und selbst von den Eltern gern gesehener Gast des Horn’schen Hauses geworden war. Der Commerzienrath, der durch seine Geschäfte fortwährend mit den jüdischen Bankiers in Berührung kam, und den alten Meier persönlich achtete, war natürlich weniger hartnäckig in seinem Widerwillen gegen die Juden; und Eduard hatte, schon während er Clara behandelte, sich das volle Zutrauen ihres Vaters gewonnen. Hughes schloß sich immer mehr an Eduard an, und diesem war das um so lieber, als er durch ihn in fortwährender Berührung mit Clara blieb, deren unzertrennlicher Begleiter der Cousin seit Ferdinands Abwesenheit geworden war.

      Für Clara begann nun eine Zeit der reinsten Freude. Eduard überließ sich mit jugendlicher Lebendigkeit der Wonne, die ihm das Beisammensein mit der Geliebten gewährte, ohne an die Zukunft zu denken, weil die Gegenwart ihn hinnahm. Hughes, dem Clara mit der schwesterlichsten Traulichkeit begegnete, gerade weil ihr Herz mit Eduard allein beschäftigt war, Hughes fühlte eine wachsende Neigung für sie, der er sich sorglos hingab, da er wußte, daß sie die Wünsche beider Familien für sich habe. Er gehörte zu jenen ruhigen, trefflichen Menschen, die bei wahrem Gefühle doch keiner Leidenschaft fähig sind. Er gewann Clara lieb, er liebte sie sogar innig, aber das störte ihn weder in den Beschäftigungen СКАЧАТЬ