Die Ahnen. Gustav Freytag
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Название: Die Ahnen

Автор: Gustav Freytag

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Tiefe sie traf; den verschanzten Abhang aber hatte er so geböscht, daß von dem beherrschenden Gipfel Steine und Wurfspeere freie Bahn niederwärts fanden. Da, wo der Burghügel sich an die Bergleite schloß, war der Graben tiefer, der Wall höher. Auf dieser Seite sprang ein starker Quell unter einem Felshaupt hervor, innerhalb des äußeren Walls, nicht sehr weit vom Gipfel des Berges. Dort hatten die zimmernden Männer den Baumschatten bewahrt, damit der Zugang zum Quell schattig und sicher sei. Aber auch der Gipfel des Hügels war geebnet und längs seinem Rande ein zweiter Wall aus Steinen und Stammholz geschichtet. Er umschloß die Eichen und einen Raum, der groß genug war, um in der Not Herdenvieh, Weiber und Kinder der Siedler einzufassen. Da, wo der steile Reitweg vom Tale durch den Ringwall zur Burg führte, sperrte ein Tor und ein Holzturm für den Wächter den Zugang. Auf der höchsten Stelle des Gipfels inmitten zwischen den Bäumen zimmerten die Mannen Ingos aus großen Balken die Halle des Königs; daneben bezeichneten Stäbe im Boden die Stellen, wo die Wohnung der Mannen, der Stall für Rosse und Rinder und die Vorratsräume erbaut werden sollten. Damit aber dem König in der Bauzeit das Gemach nicht fehle, war ihm in dem Wipfel der höchsten Eiche ein Baumhaus errichtet. Zwischen die starken Äste hatten die Knaben wagerechte Balken gefügt, darüber Dielen genagelt, die inneren Eichenzweige abgehauen oder nach außen gezogen, den freien Raum im Laube mit Bohlen so umschlagen, daß zwei Stockwerke übereinander im Wipfel standen. Am Stamm lief die schmale Treppe hinauf, jedes der beiden Gemächer war nach unten durch eine Falltür geschlossen.

      Freudig sah Ingo auf die getane Arbeit. Noch freudiger führte ihn der alte Werkmeister von Stelle zu Stelle. »Vogelfrei kamen wir in dies Land,« sprach er lachend, »unter den Vögeln soll mein König hausen, bis Herdsitz und Halle bereitet ist. Und sieh, dort unten am Bach der Schicksalsfrau richten die Knaben der Thüringe bereits die Wagenburg an der Stätte, wo sie ihr Dorf bauen werden. Zu ihnen stellte ich deinen Kämmerer Wolf, denn kundig ist er ihres Landbrauchs. Sieh weiter hinab in den Grund, dort ist ein wonniges Land für Rinderherden, und aus dem Walde dahinter schreit der Hirsch und brüllt der wilde Ochs. In der Ferne aber nach Süden, wo der Idisbach in den Main rinnt, schaust du die grauen Wälder der Burgunden und die Hügel, auf denen sie sich ihre Grenzburgen geschichtet haben.«

      »Das Bauer ist gezimmert,« antwortete Ingo, dem Treuen die Hand reichend, »aber die Waldsängerin, die ich darin bergen will, klagt jenseit der Berge. Das Größte ist noch zurück. Freudenlos fahre ich umher, und die Angst um das Schicksal der anderen drückt mir den Atem.«

      »Nimm dazu meine Botschaft. Dies sandte Beros Tochter aus dem Herrenhofe«, antwortete Berthar und zog eine Schnur gereihter Haselnüsse hervor. »Merke, mein König, sinnvoll hat das Mädchen dir die Frist gesteckt. Die erste Frucht, halb weiß, halb schwarz, meint die Zeit der Nachtgleiche, jede andere einen folgenden Tag, auf jede siebente ist das Bild des wechselnden Mondes geritzt, die letzte Nuß ist schwarz, und eine Eisennadel steckt darin, diese bedeutet, wie ich verstehe, den Tag, welcher zur Vermählung bestimmt ist. Jetzt zähle, Herr. Kurz ist die Frist, die dir bleibt; zum letztenmal hat der Mond gewechselt.«

      Da rief Ingo: »Wähle mir, Vater, die Blutgenossen für verwegene Tat und rüste nach dem Brauch unserer Heimat die Männer und Rosse für den Vandalenritt in der Schwärze. Du aber flehe mit uns zu den Nachtgeistern um Sturm und Finsternis.«

      Über den Waldlauben zogen die schwarzen Wolken dahin, die Schatten dehnten sich und glitten wieder zusammen, bald fuhr es beim Mond vorüber wie Manneshaupt, bald wie goldschimmernder Fuß eines Rosses. Von den Bergeshäuptern wälzte sich dichter Nebel herab, bleigrau wand er sich um die Höhen, floß in die Täler und hüllte in gräulichen Dämmer, was auf der Erde ragte, Fels und Laub und den schreitenden Mann. Der Wind heulte über die Berge langhallenden Klageruf und schüttelte die Wipfel der Bäume, daß sie ihre Äste tief gegen das Tal neigten; hier und dort dröhnte es im Walde von schwerem Fall, alte Urstämme, vom Moder gehöhlt, brachen zusammen, Baum stürzte auf Baum und riß die belasteten, welche unter ihm krachten, tief hinunter in das enge Tal. Schreiend fuhr das Volk der Raben auseinander und wirbelte abwärts in die Kluft, wo die gescheuchten mit Schnabel und Fängen sich festklammerten. Unten aber rauschte zornig die Schaumflut des Baches, sie schwoll gegen die Baumsperre und hob sich von Fels zu Fels, in tollem Wirbel kreisten darin die Äste und Stämme, und der Wasserschwall schlug an die Berge.

      Über das Waldgebirge breitete sich ein fahler Lichtschein, vielleicht kam er aus dem Boden, vielleicht aus den Wolken des Himmels, undeutlich sah man die Berge über die schwarze Nacht der Talgründe ragen. Plötzlich flammte ein Blitzstrahl. Und wilder als Brausen des Waldes und Gekrach der Bäume klang der Herrenruf des Donnergottes.

      Ingo stand hoch über dem Gießbach, mit der Faust hielt er sich fest an einer Wurzel, die seitwärts aus dem Boden ragte, und ehrfurchtsvoll neigte er sein Haupt zu Strahl und Donnerton. »Unter den Nachtgöttern, die ich mir zur Hilfe beschwor, nahst auch du,« murmelte er, »starker Gebieter, was kündet dem flehenden Mann die Himmelsflamme, in der du daherfährst? Mahnst du mich hinweg von der Menschenerde in die Lichthallen, und soll ich zerbrechen, wie die Waldwipfel im Sturme, oder willst du mir vergönnen, daß ich der Frucht gleich, die von deinem Baume fällt, festhafte in den Tälern, wo Menschen wohnen? Hast du ein Zeichen für mich, so laß mich vernehmen, ob die Tat, die ich wagen will, mir zum Heile gelingt.« Da fuhr ein Feuerstrahl aus der Wolke in den Felsen unter ihm, und aus dem Fels flammte blaues Licht dem Blitzschlag entgegen, der Donner krachte, das Felshaupt löste sich und sank in Sprüngen hinab von der Höhe in das Tal, immer wilder die Sätze und schneller der Sprung, es brach durch den Wald und splitterte den Stein, bis es in den Gießbach schlug, daß der Gischt hoch gegen den Himmel sprühte. Aber dem Schlag und Getöse folgte Stille, und aus der Ferne klang mahnend ein Nachtruf von Männerstimmen. Da rief Ingo in wilder Freude: »Die Hochzeitsknaben höre ich, sie laden zum Brautlauf; segne unser Werk, großer Gebieter«, und die Waffe schwingend sprang er durch Wetterwolken und schwarze Nacht dem Tale zu.

      Der Mond war hinter den Bergen geschwunden, schwarze Nacht deckte die Waldlauben, mit Getöse fuhren die Sturmriesen um die Häuser des Herrenhofes, sie schlugen den eisigen Regen auf die Dächer, schleuderten die Bretter vom First der Halle und stießen brüllend gegen die geschlossenen Tore. Wer von den Männern im Toben der Nachtgewalten erwachte, der barg scheu das Haupt in seinem Pfühl, selbst die Hofhunde lagen winselnd in den Hütten und unter der Treppe. Im Gemach der Jungfrau flackerte das Licht der Lampe in der scharfen Zugluft, die durch Tür und Wände drang. Irmgard saß an ihrem Lager, vor ihr kniete auf dem Boden Frida, hielt mit ihren Armen den Leib der Gespielin umfaßt und horchte ängstlich auf das Geheul der Nachtgeister.

      »Die Windsbraut fährt dahin über die Höfe,« klagte Irmgard, »gejagt von den Riesen; wer es wagt, sein Messer in den Wirbel zu werfen, der verwundet, so sagen sie, das flüchtige Weib. Auch mich hat der Vater mit dem Messer bedroht, weil ich auf meinen Knien flehte, mir morgen das Gelübde an den argen Mann zu erlassen. Dahinfahren will ich wie die Riesenbraut, bevor ich dem Verhaßten die heiligen Worte sage.«

      »Sprich nicht so furchtbar,« bat Frida, »daß nicht die Übermenschlichen draußen es hören und dich an deine Rede mahnen.« Und wieder hob sie ihr Haupt und lauschte.

      »Nicht lange währte die Seligkeit, die mir die Götter sandten, als er in den Hof trat«, begann Irmgard wieder. »Damals war ich sorglos, als die Nachtsängerin mir Gutes sang und die schwarzen Beeren am Fruchtbaum hingen, stolz meinte ich im Federkleid über die Männererde zu schweben, wenn er zu mir sprach. Jetzt starre ich allein in die Finsternis. Hassen muß ich mich,« fuhr sie auf, »daß ich über die eigene Not klage. Ingo, Geliebter, bitter ist die Sorge, die ich um mich selbst fühle, aber größer das Leid um dein Geschick, denn du bist dahingeschwunden im Nachtwind, keiner bringt mir Kunde von dir, und ich weiß nicht, denkst du mein oder hast du mich vergessen, atmest du noch in der Fremde, bedrängt wie ich, oder soll ich dir den Purpur tragen unter die Erdscholle.« Sie sprang auf und rief: »An meinem Herzen berge ich dein Geheimnis, gebunden bin ich an dein Leben und leben muß ich, bis ich weiß, wo das Haupt meines Königs ruht. Sieh zu, ob der Morgen naht, vor dem ich bebe«, rief sie der Gespielin zu. Frida sprang an die Fensteröffnung und schob einen Zipfel der Decke zurück, СКАЧАТЬ