Die Ahnen. Gustav Freytag
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Читать онлайн книгу Die Ahnen - Gustav Freytag страница 32

Название: Die Ahnen

Автор: Gustav Freytag

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Ob sie wünschen sollte, daß er entrann, der den Sohn ihr gepfändet? Ob er selbst zurückkehren würde in ihr Turmgemach, oder der König oder keiner von beiden, das stürmte ihr durch die Seele; sie fühlte Haß gegen ihn, der ihre Hilfe sich nicht begehrt, und doch auch heiße Angst um sein Leben, und Angst vor der Wiederkehr des Königs. Sie sprang an das Fenster und sah hinaus in die Nacht. Sie hörte fernes Gemurr und helles Geschrei, dann wurde es still, sie sah einen Feuerschein blinken, aber auch er verlosch, die Nacht blieb schwarz und unsicher, wie ihr eigenes Schicksal. – Auf den letzten Stufen vor der Turmtür hielt Ingo an: »Verjage die Hunde, König, daß ihr Biß nicht deinen Sohn treffe.« Der König trat ungern vor, aber er verscheuchte seine Wächter. Ingo sprang an ihm vorüber wie ein flüchtiger Hirsch zu der Herberge seiner Mannen. Nicht vermochte der König ihm zu folgen, so sehr er sich eilte.

      Um die Herberge standen die Haufen der Königsknaben, gerüstet mit Schild und Speer, manche auch mit Fackeln in der Hand. Auf dem Erdboden vor den Stufen loderte eine rote Flamme und warf ein unsicheres Licht in den dunkeln Saal und auf die wilden Gesichter der Vandalen. »Was blinzen die Käuze beim Lichtschein und wenden abwärts den Blick?« rief Berthar von der Treppe, »mich wundert‘s, daß die Knaben des Königs vor niederträchtigem Werke sich scheuen, sie sind ja, wie ich höre, gewöhnt, bei Nacht zu töten. Für ganz schamlos gelten sie im Volke. Hat sie erschreckt, daß mein Schwert ihrem Fackelträger den Brand zerschlug? Tretet näher, ihr bösen Verzagten, damit ihr vor allem Volke verflucht werdet als Friedensbrecher. Heran, auf daß meine Knaben euch die letzte Fahrt rüsten.«

      »Grobe Worte sind die Münze des heimatlosen Bettlers,« rief Hadubald entgegen, »gut verstehst du sie zu zahlen, wenn du an fremden Bänken lungernd durch die Welt fährst. Ganz unnütz seid ihr auf der Männererde und schwerlich beschwert ihr fortan noch fremde Höfe durch euer Geschrei.«

      So bereiteten sich die Helden durch heftige Rede zum Kampf; da sprang durch den lärmenden Haufen Ingo, den Königssohn im Arme. Er fuhr auf die Stufen und stand unter seinen Getreuen. Ein lauter Heilruf der Vandalen tönte um die Halle; Ingo aber rief befehlend gegen die Knaben des Königs: »Weicht zurück, tapfere Helden der Thüringe, der junge König, den ich halte, gebietet euch Frieden. Wollt ihr, daß sein Haupt unversehrt bleibe, so vermeidet, meine Mannen zu kränken. Heil sei dem König in der Herberge,« setzte er hinzu, da Bisino herankam, »und Frieden bedeute sein Nahen. Betritt, o König, huldvoll das Schlafgemach deiner Gäste, denn nicht durch Waffen, meine ich, enden wir heut die Verstörung. Hilf mir den König geleiten, Hermin, mein Vetter!« Er ließ den Knaben zur Erde und trat, das Messer über ihn haltend, dem König entgegen, das Kind ergriff die Hand des Vaters und stand zwischen beiden Helden. »Entzündet die Fackeln an der Flamme«, rief Ingo den Seinen zu. »Jedermann weiche aus dem Raume, ihr Vandalenhelden bewacht auf den Stufen die Beratung der Könige!«

      Mürrisch winkte Bisino seinem Gesinde, den Zugang zu räumen, dann gebot er Hadubald mit einer gleichen Zahl von Königsmannen die Stufen zu besetzen. Auf die erhöhte Bühne der Halle, wo Ingos Lager stand, geleitete dieser den Herrn, er selbst saß ihm gegenüber und schlang seinen Arm um den jungen König. Bisino setzte sich zögernd und sah finster vor sich hin. »Du meinst, mich durch das Haupt meines Sohnes zu zwingen, daß ich dich und deine Landstreicher verschone. Aber wild hat der Zorn sich erhoben zwischen mir und dir, und dauerlos wäre, so fürchte ich, die Versöhnung. Entziehst du dich heut meinem Zorn, so trifft er dich doch morgen oder zu anderer Zeit, denn selbst wenn die Bitte dieses Knaben dir meinen Zwinger öffnet, so weißt du doch, daß meine Macht weit reicht, und daß des Königs Wille dich umstellt wie ein gehetztes Wild.«

      »Wohl ehre ich deine Macht, König,« versetzte Ingo, »und ich weiß, daß es mir mühselig wäre, über die Brücke zu reiten und über die Heide zu traben, wenn dein Zorn feindlich hinter mir fährt. Dennoch meine ich, daß der König edel handelt, wenn er mir die Treue hält, soweit die Eide reichen. Den Zweikampf hat mir der König angetragen; ruhmvoll war das Erbieten und eines Helden würdig, und vermag er mich nicht zu dulden auf der Männererde, so weiß ich wohl, daß es für mich keine bessere Ehre gibt im Gedächtnis der Menschen, als durch die Waffe des Königs zu fallen, oder wenn ich ihn selbst voraufsenden sollte in die Totenhalle, mit meinen Gefährten vertilgt zu werden durch den Grimm der Thüringe. Dennoch ist es mir unleidlich, gegen dich zu kämpfen, mein Herr und Wirt, denn freundlich warst du gegen mich, Guttat genoß ich an deinem Hofe, ehrenwert ist mir auch dein Gemahl und hier der Knabe, den ich im Arm halte, und Frohes habe ich von deiner Huld für mein Leben gehofft. So kränkt mich‘s, obgleich ich den Schwertgrimm für rühmlich halte, daß ich um meinen Leib feindlich gegen dich ringen soll.«

      »Verständig sind deine Worte,« versetzte der König, »auch dein Sinn ist redlich, wie ich vermute, und ungern sinne ich auf dein Verderben, aber mich zwingt die Königsnot, die keiner versteht, außer wer als Wirt über seinem Volke waltet. So wisse denn, friedloser Mann, der Cäsar fordert, daß ich dich ausliefere an seine Boten.«

      »Will der große Volkskönig dem Befehl eines neidvollen Römers gehorchen wie ein Besiegter?«

      »Die Katten hat er aufgehetzt, sie sind eilig, sich Sklaven und Herden zu holen aus meinem Volke, um deinetwillen sollen die Thüringe den Schlachtgesang singen.«

      »Stelle mich in deine Heere, o König,« unterbrach ihn Ingo, »nimmer kehre ich zurück, wenn nicht als Sieger.«

      »Meinst du, daß du mir als Sieger willkommener wärest als jetzt, du mit der Erbtochter?« fragte der König finster. »Über die Schlachten der Thüringe waltet der König allein!«

      Da legte Ingo die Hände auf das Haupt des Knaben und sprach traurig: »Gleich diesem Kinde wuchs ich fröhlich auf unter der Königskrone, schuldlos wie dein Sohn war ich, da ich aus der Heimat gescheucht wurde. Denke daran, König, daß sich schnell die Geschicke der Männer wandeln, auch du weißt nicht, welches Schicksal deinem Knaben einst bereitet ist. Wie auch die Götter uns die Lose werfen, von uns fordern sie, daß wir treu sind unserem Wort. Sorge auch du, o Herr, damit sie nicht den Eid, den du dem armen Ingo geschworen, einst an dem Haupte deines Sohnes rächen.«

      »An den Sohn denke ich, daß ich ihm die Herrschaft sichere, wenn ich mich des Eides gegen dich entledige«, versetzte der König.

      »So löse den gastlichen Eid, ohne daß die Götter dir zürnen,« fuhr Ingo flehend fort, »entlaß mich mit meinem Gesinde ungekränkt aus deiner Burg und aus deinem Lande. Mehr fordert dein Volk nicht, und begehrt der Römer Ärgeres von dir, so kränkt er deine Ehre. Hilf mir, Knabe, und bitte bei deinem Vater für mich.«

      Hermin kniete nieder und umschlang das Knie des Königs: »Tu dem Vetter kein Leid, mein Vater!«

      Der König sah lange auf den Knaben, über welchen Ingo die bewehrte Hand hielt. »Du weißt nicht, was du bittest, Kind«, sagte er endlich. Und mitleidiger zu Ingo aufsehend fuhr er fort: »Willst du, Ingo, mir mit hohem Eide geloben, niemals diese Nacht zu rächen, niemals schädlich zu sein mir und meinem Sohne, und niemals Freundschaft zu suchen im Herrensitz am Walde, so will ich dich entlassen aus meiner Burg, aus meinem Land.«

      »Den Eid nehme ich auf mein Leben,« sprach Ingo leise, »wenn auch der König mir geloben will bei dem Haupt dieses Knaben, der Worte zu gedenken, die er vor kurzem zu mir sprach und das Königsauge zu schließen gegen mein Tun, wenn nicht das Volksgeschrei übermächtig zwingt.«

      Der König lächelte finster. »Ich will, wenn du mir etwas von deinen Gedanken vertraust.« Ingo neigte beistimmend das Haupt. »Wohlan denn, setze dich zu mir wie einst und künde leise dein Geheimnis.« Die Könige sprachen heimlich, und der Knabe saß zwischen ihnen und umfaßte mit den Händen beider Knie.

      Auf den Stufen lagen getrennt die Vandalen und die Königsknaben hinter ihren Schilden. Über ihnen saßen auf den Schemeln die beiden Schwerthalter Berthar und Hadubald gegeneinander. Da begann Hadubald: »Frieden bereitet, wie ich merke, das Gespräch im Saale unseren Schwurherren. Gefällt dir‘s, СКАЧАТЬ