Название: Himmel (jetzt reicht's aber)
Автор: Andrea Ross
Издательство: Автор
isbn: 9783967525328
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»Außerdem – wie will er eigentlich meine Berechtigung für die Geschäftsräume sperren, wenn er nicht einmal an die erforderlichen Zugangscodes für die Türsicherung gelangt? Die sind nämlich auch im Safe!«, murmelte Annika selbstzufrieden, als sie mit hoch erhobenem Kopf den Toilettentrakt verließ.
Die Kollegin, welche im Vorübergehen Annikas überstürzte Flucht Richtung Damen-Klo mitbekommen hatte, bekam ehrliches Mitleid. Es war dieselbe, welche vor einigen Tagen selbst in Ärger mit Mühlenstein geraten war. Klar, Annika war eine eingebildete Pute, doch eine solche Behandlung hatte selbst sie nicht verdient. Die kleine Angestellte Maier bekam ein bisschen Mitleid.
»Annika, ist alles in Ordnung, kann ich Dir irgendwie helfen?«, fragte sie mitfühlend.
Die kam gerade recht. Diese kleine, graue Maus, die sich neulich beim Mühlenstein einschleimen wollte. Ihm auch noch bereitwillig verriet, dass sie auf dem Klo Schwäche gezeigt hatte. Perfekt!
* * *
Vor dem breiten schmiedeeisernen Tor zur Einfahrt des McLamanAnwesens standen unschlüssig zwei Frauen auf dem Gehsteig; sie debattierten angeregt, ob sie hier klingeln sollten oder besser nicht. Die ältere von beiden trug ihre biederen Kleidungsstücke mindestens eine Nummer zu groß, sie hingen formlos an ihrem dürren Körper herab. Ihr bereits graues Haar trug sie zu einem Knoten gesteckt.
Die andere, fast noch ein Mädchen, sah ansprechend aus. Ihre großen, braunen Augen strahlten aus einem frischen, munteren Gesicht und sie sprühte sichtlich vor Tatendrang.
»Maria, bitte lass es uns doch wenigstens versuchen! Schau, ich bin dir heute extra zugeteilt worden, weil du viel Erfahrung hast und mich anleiten kannst. Ich möchte zu gerne ausprobieren, ob ich etwas erreichen kann«, bettelte die junge Frau.
Die Angesprochene sah skeptisch drein und rezitierte eine Bibelstelle. »Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel kommt!« Sie seufzte. »Du kannst es mir glauben, liebe Silvia – mit dieser Wahrheit wurde ich in all den Jahren oft genug konfrontiert.«
Silvia gab nicht auf. »Aber niemand hat gesagt, dass wir diese Leute bei unseren Bemühungen auslassen sollen, soviel ich weiß. Hat nicht jeder Mensch die gleiche Chance verdient?«
Maria gab sich geschlagen. »Na schön! Aber es wird hart, das ist dir doch hoffentlich bewusst? Falls sie uns überhaupt die Tür öffnen würden … « Sie drückte halbherzig auf die große Klingel-Taste unter der Überwachungskamera.
Kirstie McLaman trocknete gerade ihr frisch gewaschenes Haar mit einem Handtuch ab. Warum klingelte es eigentlich grundsätzlich dann an der Haustür, wenn man gerade nicht aufmachen konnte oder wollte?
»Stevie! Ich kann gerade nicht, würdest du bitte mal an die Tür gehen?«
»Klar!« Stephen schlenderte durch die Eingangshalle Richtung Tür, ohne zuerst den obligatorischen Blick auf das Display der Videoüberwachung zu werfen. Wozu auch? Er hatte sowieso keine Ahnung, wen seine Eltern im Jahr 2004 kannten und wen nicht. Eigentlich konnte er sich nicht einmal an jeden einzelnen erinnern, den ER in diesem Lebensabschnitt zu seinen Bekannten zählen sollte. Der Summ-Ton zeigte an, dass sich das Eingangstor elektrisch öffnete.
Nein, diese beiden Frauen, welche hier mit einem betonten Lächeln auf das Haus zukamen, kannte er definitiv nicht. Der Älteren klemmte irgendetwas unter dem linken Arm; vielleicht wollten sie für caritative Zwecke sammeln oder Abonnements für Zeitschriften werben?
»Ja, bitte?« Stephen sah von einer zur anderen.
Die Ältere straffte ihren Rücken, sah ihm direkt in die Augen. Mit sanfter Stimme stellte sie fest: »Wir sind gekommen, um dir Rettung anzubieten. Wir bringen dir die frohe Botschaft, dass Jesus dich heimholen wird – wenn du es nur zulässt!« Mit diesen Worten zog sie ein Buch unter ihrem Arm hervor. Es handelte sich um eine abgegriffene Ausgabe der Bibel.
Stephen musste lächeln. Ah, alles klar: die beiden kamen von einer gewissen Religionsgemeinschaft, welche sich auf diese Weise neue Schäfchen suchte. In seinem letzten Leben waren diese und ähnliche Gemeinschaften in der Endzeit erklärte Gegner seines Videospiels gewesen, welches sich auf Datensammlungen im Internet stützte. Immer mit dem Hinweis auf den Supercomputer
»TIER«, der das Ende der Welt einleiten werde, so wie es in der Bibel beschrieben sei.
Die jüngere Frau wertete sein Lächeln als Zustimmung, als Bereitschaft, sich aufklären und retten zu lassen. »Weißt du, alles, was für dein Seelenheil getan werden muss, steht hier drin.« Silvia zeigte auf die Bibel, ihre Wangen waren vor Begeisterung gerötet. »Du musst nur verstehen und glauben, uns allen bleibt nämlich nicht mehr viel Zeit, denn das Ende ist nah. Wir wollen dir dabei helfen.«
Stephen lächelte noch eine Spur breiter. Meine Güte, was wussten diese beiden schon? Er konnte ein Lied davon singen, wie es im Himmel zuging! Der Messias würde in wenigen Monaten als seine Tochter Jessi geboren werden und hatte während seinen beiden parallelen Existenzen bislang keinerlei Interesse gezeigt, ihn zu retten. Und er hätte den Damen auch verraten können, wann genau es mit der Erde zu Ende gehen würde. Jedenfalls mit dem Leben, wie man es heute kannte.
Die beiden Frauen traten näher an die Tür heran. »Dürfen wir kurz hereinkommen? Wir würden dir das gerne ausführlich erklären!«
Stephens Miene wurde wieder ernst. »Nein danke, kein Bedarf! Erstens weiß ich schon Bescheid – viel genauer, als Sie denken – und zweitens arbeite ich bereits selbst mit Hochdruck an meiner Rettung. Womit ich jetzt auch gerne gleich weitermachen würde. Also, tschüs dann – vielleicht sehen wir uns eines Tages in Prag!« Nach diesem Satz schloss Stephen die Tür direkt vor Silvias und Marias Nasen und ging kopfschüttelnd zurück ins Haus. Was wussten die schon!
Draußen vor dem Tor hielten die beiden Frauen die nächste Lagebesprechung. »Siehst du?« Maria lächelte milde, strich Silvia über das Haar. »Ich habe es dir ja gesagt. An reiche Leute kommt man so gut wie gar nicht heran. Die wollen einfach so weiterleben, als könnten sie sich mit ihrem ganzen irdischen Reichtum selbst vom jüngsten Gericht freikaufen.«
Doch Silvia war gar nicht enttäuscht. »Nein, Maria, das glaube ich nicht! Hast du nicht in seine Augen gesehen? Dieser Junge weiß etwas, glaubt an etwas. Was meinte er eigentlich mit »wir sehen uns vielleicht in Prag«?«
Die Ältere wurde ungeduldig. Manchmal gingen ihr die Unbekümmertheit und der traumtänzerische Leichtsinn der jüngeren Mitglieder ziemlich auf die Nerven. Vielleicht beneidete sie diese aber auch nur um ihren noch ungetrübten Enthusiasmus.
»Silvia, du brauchst nichts hineininterpretieren, um deine Enttäuschung zu verbergen. Wir können hier nichts ausrichten, das musst du akzeptieren lernen! Man soll eben keine Perlen vor die Säue werfen«, schalte sie. »Komm, wir gehen weiter, andere sind hoffentlich empfänglicher für unsere Botschaft.«
Silvia warf über ihre Schulter einen letzten verstohlenen Blick zurück auf die Villa. Und sie hatte DOCH richtig gesehen, da war sie sich ganz sicher! Der Junge wusste etwas … und überdies gefiel er ihr ausnehmend gut.
* * *
»Ach, Annika – klar helfe ich dir! Du kannst dich auf mich verlassen, ich gehe jetzt gleich hinein zu ihm. Man kann ja wirklich einmal etwas vergessen, ist doch kein Beinbruch! Unser СКАЧАТЬ