Название: Sedieren ohne Medikamente
Автор: Elvira Lang
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Hypnose und Hypnotherapie
isbn: 9783849783822
isbn:
(Fallnotizen von E. Lang)
Was dieser Fall zeigt: Wissen und Fähigkeiten sind nötig und wichtig, reichen allein aber nicht aus, damit man effektiv arbeitet. Genauso wichtig ist es, das Vertrauen und die Zuversicht zu haben, das Wissen in die Tat umzusetzen. Es hilft niemandem zu wissen, was zu tun ist, wenn man Angst davor hat, dieses Wissen auch anzuwenden.
1.1 Die Bedeutung von Vertrauen und Zuversicht
Vertrauen oder Zuversicht ist die Erwartung eines positiven Ergebnisses. Von Ihrem ersten Fall an ist es wichtig, mit Vertrauen und Selbstvertrauen aufzutreten und entschlossen zu sein, das anzuwenden, was Sie über die Sedierung von Patienten ohne Medikamente gelernt haben. Zögern Sie Ihre erste Anwendung nicht heraus, bis der »perfekte« Fall daherkommt. Nutzen Sie vielmehr die erstbeste Gelegenheit, Ihre Fähigkeiten anzuwenden, egal ob der Patient relativ ruhig oder die Situation schon so kritisch ist, dass Sie fühlen, »dass sie gar nicht mehr schlimmer werden kann«. Allein die Tatsache, dass Sie nach vorne treten und handeln, weckt die Erwartungen eines positiven Resultats. Und diese positiven Erwartungen werden ausnahmslos zu selbsterfüllenden Prophezeiungen. Tritt man in einem Fall mit Vertrauen und Zuversicht auf, so verstärkt dies das (Selbst-)Vertrauen weiter; das wiederum vergrößert das Vertrauen beim nächsten Fall und so weiter. Dadurch wird im Verlauf das Vertrauen auf natürliche Weise gestärkt, und das führt zu immer größerem Erfolg.
Rosabeth Moss Kanter von der Harvard Business School hat die Wirkung des (Selbst-)Vertrauens auf Erfolgsserien von Sportteams, im Businessbereich und sogar von ganzen Nationen ausführlich erforscht (Moss Kanter 2004). Sie definiert (Selbst-)Vertrauen als »den optimalen Punkt zwischen Arroganz und Verzweiflung«, zwischen »der selbstgefälligen Annahme der eigenen Unverwundbarkeit« und der »Unfähigkeit, seine eigenen Stärken zu erkennen« (ebd., S. 8 Übers. d. Verf.). Begegnet man Patienten mit übermäßigem Vertrauen in den eigenen akademischen Titel und seine Zeugnisse und Zertifikate, macht aber keinen Versuch, wirklich Kontakt, eine echte Verbindung oder, fachsprachlich, Rapport zu ihm oder ihr herzustellen, ist das genauso kontraproduktiv, als wenn man sich so unsicher fühlt, dass man gar nicht handelt und deshalb Patienten die Hilfe vorenthält, die sie am nötigsten brauchen.
Moss Kanter postuliert, dass Vertrauen und Zuversicht einen festen Grundstock mit drei Ecksteinen erfordert:
Ein Eckstein ist die Verantwortung – Sie haben die Wissensbasis erworben, Fähigkeiten entwickelt und wissen, dass Sie in einer bestimmten Situation Verantwortung für Ihr Verhalten und Ihre Leistung übernehmen können.
Ein zweiter Eckstein ist Zusammenarbeit – Sie sind kein Einzelkämpfer, sondern helfen anderen, etwa Ihren Patienten, dabei, dass die ihr Bestes erreichen.
Der dritte Eckstein des Vertrauens ist Initiative – er kombiniert die Maßnahmen, die Sie in einer bestimmten Situation ergreifen, mit dem Gefühl der Verantwortung für und der Kontrolle über diese Maßnahmen.
Vertrauen und Zuversicht sind ansteckend. Wenn Sie mit Zuversicht handeln, kann das das Vertrauen anderer wecken. Roland Neumann und Fritz Strack von der Universität Würzburg haben in verschiedenen Experimenten gezeigt, dass im Zuhörenden automatisch eine identische emotionale Stimmung entsteht, wenn er oder sie dem Ausdruck der Gefühle einer anderen Person zuhört (Neumann a. Strack 2000).
Die Sache mit dem Vertrauen gilt auch für den Patienten. Es ist wichtig, dass Sie das Vertrauen Ihres Patienten durch Ihren eigenen Ausdruck von Vertrauen fördern; das schließt Ihre Körperhaltung, den Inhalt und die Stimmlage Ihrer Aussagen mit ein. Sie sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass ein Patient vielleicht noch keine Erfahrungen mit Hypnose gemacht hat oder diese bisher nur von Bühnenshows oder Mystery-Thrillern kennt. Nehmen Sie sich also Zeit, um Patienten zu helfen, realistische Erwartungen in Bezug auf den Ablauf der Hypnoseerfahrung zu entwickeln.
Schließlich führt Vertrauen auch zu mehr Vertrauen des medizinischen Teams. Medizinische Fachkräfte, denen die überzeugenden Ergebnisse der klinischen Studien über die Sedierung ohne Medikamente vertraut sind, können diese Techniken voller Vertrauen und Zuversicht anwenden. Wenn sie das tun, haben die Mitglieder ihres Teams ihrerseits Vertrauen in den Experten wie in die Anwendung der Hypnose.
1.2 Erwartungen
Das Vertrauen in die Techniken, die in diesem Buch gezeigt werden, beginnt mit dem Wissen darüber. In einer Pilotstudie und drei großen prospektiven, randomisierten Studien mit insgesamt über 700 Patienten konnten wir nachweisen, dass unsere Methoden im Behandlungsraum tatsächlich funktionieren (Lang et al. 2000; Lang et al. 2006; Lang et al. 2008). Diese randomisierten Studien belegten somit indirekt auch, wie viel mehr Patienten leiden, die keine Hypnose bekommen. Wir behaupten nicht, dass alle Patienten mithilfe unserer Techniken in eine tiefe Trance eintreten und überhaupt keine Schmerzen oder Ängste haben. Medikamente können das genauso wenig garantieren. Eines ist jedoch sicher: Die Patienten fühlen sich mit den Hypnosetechniken letztendlich besser als ohne sie. Patienten sollten deshalb definitiv die Möglichkeit bekommen, sich für das Angebot einer Hypnose zu entscheiden.
1.3 Das Wissen und die Fähigkeiten anwenden, die Sie erworben haben
Erlernt und praktiziert man neue Fähigkeiten, ist das lohnend und oft schön, aber man braucht auch eine Menge Mut. Das folgende Skript bietet Ihnen die Gelegenheit, Selbsthypnose und ein Gefühl des Vertrauens, der Zuversicht und der inneren Stärke zu erfahren. Machen Sie es sich dafür bequem:
Sie können Ihre Füße gerade auf den Boden stellen und Ihre Körperhaltung so anpassen, dass Sie bequem sitzen. Lesen Sie das Skript laut oder leise durch, ganz, wie Sie möchten. Sie können es auch selbst lesen und aufnehmen und sich Ihre Aufnahme vorspielen oder fertige Aufnahmen auf unserer englischsprachigen App Comfort Talk® Pro anhören (kostenlos erhältlich im Apple Store und Google Play Store). Selbstverständlich dürfen Sie das Skript aber nicht beim Autofahren oder anderen Aktivitäten hören oder lesen, bei denen Sie sich konzentrieren müssen.
Skript 1-1: Selbstvertrauen erfahren
Atmen Sie ein paar Mal langsam ein und aus. Vielleicht sprechen Sie innerlich mit jedem Einatmen das Wort »stark« und stellen sich mit jedem Ausatmen vor, wie Sie immer mehr Anspannung loslassen. Und vielleicht bemerken Sie, wie Sie mit jedem Einatmen mehr Stärke und Selbstvertrauen gewinnen und mit jedem Ausatmen mehr und mehr Anspannung gehen lassen. Atmen Sie so ein paar Mal in Ihrem eigenen Rhythmus, ganz natürlich und angenehm für Sie. Und während Sie sich ein paar Momente Zeit nehmen und diese befreienden Atemzüge genießen, können Sie bemerken, wie Sie sich fühlen, wenn sie in dieser Weise atmen.
Schweben Sie jetzt in Ihrer Fantasie hin zu einer Zeit oder einem Moment, in dem Ihnen alles gelungen ist, zu einem dieser »magischen« Augenblicke, in dem für Sie alles in Einklang ist und Sie vollkommene Freude und Wohlbefinden empfinden. Vielleicht beruht der Augenblick auf einem persönlichen Erlebnis oder einem beruflichen Erfolg, auf den Sie intensiv hingearbeitet haben. Vielleicht haben Sie enorm viel geleistet, um dies zu erreichen; vielleicht ist es aber auch einfach so passiert, ohne Ihr Zutun, wie ein Geschenk des Himmels. Vielleicht haben Sie etwas mühelos gelernt – einer dieser Augenblicke, in dem Sie genau wissen, wie die Situation bestens zu bewältigen ist. Und vielleicht haben Sie sich gesagt: Ja, genau! So soll es sein! Und Sie verspüren dieses Gefühl uneingeschränkter Freude. Wenn Sie sich nicht an solch eine Erfahrung erinnern können, stellen Sie sich einfach vor, wie es wäre, solch eine Erfahrung zu haben. Vielleicht haben Sie etwas Gleichartiges in einem Film gesehen oder СКАЧАТЬ