Название: Sedieren ohne Medikamente
Автор: Elvira Lang
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Hypnose und Hypnotherapie
isbn: 9783849783822
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Ich konnte in einer geleiteten Exploration ihrer Erinnerungen feststellen, dass diese schockierenden Bemerkungen noch nicht einmal der Hauptgrund für die Zahnphobie der Patientin waren. Das Mädchen war sehr klein und die Zahnarzthelferin sehr groß. Sie ragte bedrohlich über dem Kind auf. Diese Erinnerung offenbarte das unterschwellige Problem, das die Patientin quälte. Die Größe und Distanz der Zahnarzthelferin waren das Bedrohlichste, nicht das, was sie sagte. Die Zahnarztphobie der Patientin und ihre daraus resultierenden schwarzen Zähne gingen also hauptsächlich auf das persönliche Raumproblem zurück.
2.4 Barrieren
Auch natürliche Barrieren müssen beachtet werden, wenn man ein Gleichgewicht zwischen Nähe und Abstand zu Patienten finden möchte. Wenn der Patient hinter einem Tisch oder einem anderen Gegenstand steht, schafft das eine Barriere, im buchstäblichen und im übertragenen Sinne. Im Allgemeinen gilt die Regel, Barrieren möglichst zu vermeiden und die Zeit, die sie uns und unser Gegenüber trennen, so kurz wie möglich zu halten.
Setzen Sie sich deshalb so, dass sich kein Tisch oder Gerät zwischen Ihnen und dem Patienten befindet. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, dass während der Behandlung etwas zwischen Ihnen und dem Patienten steht, dann verbringen Sie ein paar Augenblicke bei dem Patienten, bevor Sie mit der Behandlung beginnen.
Falls Sie beide sitzen, platzieren Sie sich im 45-Grad-Winkel zueinander. Einer Person direkt gegenüberzusitzen kann für diese unangenehm sein. Sitzt man Seite an Seite mit dem Patienten, kann man ihn nicht gut anschauen, die Situation passt mehr zu einem romantischen Szenario. Sitzt man hinter dem Patienten, ist das vielleicht für eine Psychoanalyse angemessen, für einen Kontakt im medizinischen Kontext, wie wir ihn in diesem Buch beschreiben, ist dies jedoch ungeeignet.
Merke
Das individuelle Gefühl für Raum und Abstand ist ein wichtiger Faktor, den Sie beachten sollten, wenn Sie den Kontakt zu Patienten aufbauen.
Obwohl die meisten Menschen ein Gleichgewicht finden und sich während einer Unterhaltung wechselseitig an den vom anderen bevorzugten Abstand anpassen, sind manche Menschen sehr stark an ihre eigene Präferenz gebunden.
Unter Stress verringert sich meistens die Fähigkeit, sich automatisch an die Bedürfnisse des Gegenübers nach Abstand anzupassen, auch wenn man das unter normalen Umständen gut kann.
Die medizinische Fachkraft lässt den Patienten die Regeln für den Kontakt bestimmen. Sie passt sich an den Patienten an, um den Rapport zu erleichtern.
Vermeiden Sie es, Ihrem Patienten von oben herab zu begegnen, und begeben Sie sich auf Augenhöhe mit ihm.
Vermeiden oder minimieren Sie Barrieren zwischen sich und Ihrem Patienten.
Fokussieren Sie sich während des Erstkontakts mit einem Patienten darauf, die bestmögliche Balance zwischen Nähe und Abstand zu finden. Nehmen Sie das Verhalten des Patienten als Gradmesser, während Sie dezent verschiedene Abstände zum Patienten ausprobieren.
Mit Patienten und anderen Kommunikationspartnern, die einen anderen persönlichen Abstand bevorzugen, als Sie selbst, ist es wichtig, eine angenehme Atmosphäre herzustellen.
Gelegenheiten zum Üben
Machen Sie sich das nächste Mal, wenn Sie mit einem Kollegen, Freund oder unbekannten Menschen kommunizieren, bewusst, wie dieser darauf reagiert, wenn Sie näher heranrücken oder sich von ihm entfernen. Geht er oder sie dann auf Sie zu oder weiter von Ihnen weg? Welche Distanz scheint sich für Ihren Gesprächspartner gut anzufühlen?
Akzeptieren Sie es, wenn Menschen näher an Sie herantreten, als Sie es bevorzugen, und passen Sie sich an deren Abstand an, anstatt die Distanz zu ihnen zu vergrößern.
3 Rapport durch Spiegeln der Körperhaltung herstellen
Fallbeispiel 3: Spiegeln oder nicht spiegeln, das ist die Frage
Wir bildeten damals eine Gruppe von Medizinern in speziellen Methoden für schnellen Rapport aus. Wir hatten das Konzept des Spiegelns der Körperhaltung des Gesprächspartners als effektiven Weg vorgestellt, um rasch Rapport zu ihm oder ihr herzustellen. Eleanor Laser erklärte nun, dass Menschen, die miteinander in Rapport sind, automatisch ihre Körperhaltung aneinander anpassen. Dieser Prozess laufe zwar unbewusst und instinktiv ab. Man könne Rapport aber auch bewusst herstellen, indem man gezielt die Körperhaltung des Gegenübers spiegelt. Als Eleanor Laser ihren Gedanken beendete, protestierte eine der Pflegerinnen vehement: Sie würde das nie tun, weil es ihr viel zu künstlich vorkäme, absichtlich eine Körperhaltung nachzuahmen. Ihre Kollegin und Freundin neben ihr stimmte ihr zu und sagte, sie sei derselben Ansicht. Beide schienen das Konzept der Haltungsanpassung komplett abzulehnen, stimmten jedoch zu, an einem Experiment teilzunehmen, bei dem sie die Körperhaltung eines Gesprächspartners in einer schwierigen Unterhaltung spiegeln sollten.
Nach dem Experiment berichteten beide Frauen, sie hätten sich wirklich bemüht, es aber einfach nicht geschafft. Weiterhin zweifelten sie die Kernaussage dieses Konzepts an: dass Menschen unbewusst dazu tendieren, die Körperhaltung anderer anzunehmen, zu denen sie in Rapport sind. Die Pflegerinnen waren für sich zum Schluss gekommen, dass das Spiegeln einfach nichts für sie sei. Kaum fünf Minuten später machte der Assistent, der die Lernsituation gefilmt hatte, Elvira Lang leise auf die zweifelnden Frauen aufmerksam. Sie saßen da und spiegelten auf perfekte Weise gegenseitig ihre Körperhaltung: etwas schief sitzend und halb auf dem Stuhl nach vorne gerutscht. Sie hatten ihre Beine übereinandergeschlagen, jede mit der Hand an ihrer Wange, als exaktes Spiegelbild der anderen. Elvira Lang bat sie daraufhin, sich nicht zu bewegen und sich einfach gegenseitig zu betrachten. Beide Frauen waren zuerst überrascht und lachten laut, als sie erkannten, dass sie wirklich unbewusst eine identische Körperhaltung angenommen hatten. Nun konnten sie wie die Gruppe insgesamt akzeptieren, dass die Nachahmung der Körperposition ein natürliches Verhalten ist und automatisch zwischen Menschen in Rapport auftritt.
(Fallnotizen von E. Lang)
Was dieser Fall zeigt: Menschen in Rapport passen sich unbewusst an die Körperhaltungen ihres Gegenübers an und spiegeln diese.
3.1 Intuitives Spiegeln
Wechselseitige Anpassung, Imitation und Mimikry werden in der psychologischen Fachsprache synonym verwendet, um zwei Individuen zu beschreiben, die dasselbe oder ein ganz ähnliches Verhalten zeigen (engl.: »matching«). Auch der Ausdruck Spiegeln (engl.: »mirroring«) wird oft gleichbedeutend mit den genannten Ausdrücken gebraucht; einige Experten reservieren das Spiegeln jedoch für die Beschreibung zweier Personen, die dieselbe Körperposition einnehmen oder motorischen Funktionen spiegelverkehrt ausüben, so als ob sie ein Spiegelbild kopieren. In diesem Buch verwenden wir Anpassung, Mimikry, Imitation und Spiegeln als Synonyme, wenn wir auf eine Unterscheidung nicht ausdrücklich hinweisen.
Die Imitation des Verhaltens eines anderen Individuums findet sich in der gesamten Tierwelt in verschieden starker Ausprägung. Am besten entwickelt ist sie bei uns Menschen СКАЧАТЬ