Das Geld. Emile Zola
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Название: Das Geld

Автор: Emile Zola

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Die Rougon-Macquart

isbn: 9783754188484

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СКАЧАТЬ klapperte seit zehn Jahren, besessen von der Literatur, in einem tapferen Kampf gegen das graue Elend das Pariser Pflaster ab. Ein Vetter von ihm, der in Plassans ansässig war und dort Saccards Familie kannte, hatte ihn seinerzeit Saccard empfohlen, als dieser in seinem Haus am Parc Monceau ganz Paris empfing.

      »Oh, ich an der Börse, niemals!« erwiderte der junge Mann mit einer heftigen Gebärde, als wollte er die tragische Erinnerung an seinen Vater verscheuchen.

      Dann lächelte er wieder.

      »Sie wissen doch, daß ich mich verheiratet habe ... Ja, mit einer früheren Spielgefährtin. Wir hatten uns zu einer Zeit verlobt, da ich noch reich war, und sie hat es sich in den Kopf gesetzt, trotz allem den armen Teufel zu wollen, der ich geworden bin.«

      »Ganz recht, ich habe ja die Anzeige bekommen«, sagte Saccard. »Und stellen Sie sich vor, ich stand vor Jahren in Verbindung mit Ihrem Schwiegervater, Herrn Maugendre, als er seine Zeltplanenfabrik in La Villette hatte. Er muß sich dabei ein hübsches Vermögen verdient haben.«

      Dieses Gespräch fand in der Nähe einer Bank statt, und Jordan unterbrach Saccard, um ihm einen dicken, untersetzten Herrn von militärischem Aussehen vorzustellen, der dort saß und mit dem er zuvor geplaudert hatte.

      »Hauptmann Chave, ein Onkel meiner Frau ... Frau Maugendre, meine Schwiegermutter, ist eine Chave aus Marseille.«

      Der Hauptmann hatte sich erhoben, und Saccard begrüßte ihn. Er kannte dieses apoplektische Gesicht mit dem vom Tragen des Uniformkragens steif gewordenen Hals vom Sehen, Chave war einer jener kleinen Spekulanten in Kassageschäften, denen man an diesem Ort mit Sicherheit täglich von eins bis drei begegnen konnte. Sie betreiben das Börsenspiel mit Kleingewinnst, einem fast sicheren Gewinn von fünfzehn bis zwanzig Francs, den man am gleichen Börsentag realisiert.

      Um seine Anwesenheit zu erklären, hatte Jordan mit seinem gutmütigen Lächeln hinzugefügt:

      »Mein Onkel ist ein wilder Börsenjobber, dem ich nur manchmal im Vorbeigehen die Hand drücke.«

      »Freilich«, sagte der Hauptmann schlicht, »ich muß schon spekulieren, denn die Regierung läßt mich ja mit ihrer Pension verhungern.«

      Darauf fragte Saccard den jungen Mann, der ihn ob seines Lebensmutes interessierte, wie es mit der Schriftstellerei vorangehe. Und Jordan, der immer vergnügter wurde, erzählte von der Einrichtung seines armseligen Haushalts im fünften Stock eines Hauses in der Avenue de Clichy; denn die Maugendres, die kein Zutrauen zu einem Dichter hatten, glaubten mit ihrer Einwilligung in die Ehe schon viel getan zu haben und hatten ihrer Tochter nichts mitgegeben unter dem Vorwand, daß sie nach dem Tode der Eltern sowieso das unangetastete, durch Ersparnisse fett gewordene Vermögen bekommen würde. Nein, die Literatur ernähre ihren Mann nicht. Er plante einen Roman, fand aber keine Zeit zum Schreiben und hatte sich gezwungenermaßen auf den Journalismus verlegt, wo er alles hinpfuschte, was in sein Fach fiel, vom Lokalteil bis zur Gerichtsberichterstattung und sogar bis zur Rubrik »Vermischtes«.

      »Na schön!« sagte Saccard. »Wenn ich meine große Sache steigen lasse, kann ich Sie vielleicht brauchen. Besuchen Sie mich doch mal.«

      Nachdem er gegrüßt hatte, bog er hinter die Börse ab. Dort endlich hörte das ferne Stimmengewirr, hörte das Gebell des Börsenspiels auf und war nur noch ein unbestimmtes Geräusch, das im Grollen des Platzes unterging. Auch auf dieser Seite waren die Stufen von Menschen überflutet, aber das Maklerzimmer, dessen rote Wandbespannung durch die hohen Fenster zu sehen war, hielt den Krach aus dem großen Saal von dem Säulengang fern, wo sich die feinen, die reichen Spekulanten einzeln oder in kleinen Gruppen bequem in den Schatten gesetzt und so die weite, nach drei Seiten offene Vorhalle in eine Art Klub verwandelt hatten. Diese Rückseite des Gebäudes war ein wenig wie die Kehrseite eines Theaters, der Bühneneingang mit der anrüchigen, verhältnismäßig ruhigen Straße, jener Rue Notre-Dame-des-Victoires, in der sich Weinhandlungen, Cafés, Braustuben und Schenken aneinanderreihten, die von einer besonderen, seltsam gemischten Kundschaft wimmelten. Auch an den Firmenschildern erkannte man das Unkraut, das am Rande der benachbarten großen Kloake in die Höhe schoß: übel beleumdete Versicherungsgesellschaften, Börsenzeitungen, die ihr Gewerbe wie Straßenraub betrieben, Gesellschaften, Banken, Agenturen, Büros, die ganze Reihe bescheidener Halsabschneider, die sich in Butiken oder Zwischengeschossen von Handbreite eingerichtet hatten. Auf den Bürgersteigen, mitten auf der Straße, überall lungerten Männer herum und lagen, gleich Räubern am Waldessaum, auf der Lauer.

      Saccard war innerhalb der Gitter stehengeblieben und schaute mit dem scharfen Blick eines Heerführers, der den Platz, den er im Sturm nehmen will, von allen Seiten her prüft, auf die Tür, die in das Maklerzimmer führte. Da trat ein großer Kerl aus einer Schenke, kam über die Straße und verbeugte sich sehr tief.

      »Ach, Herr Saccard, haben Sie nichts für mich? Ich habe den Crédit Mobilier30 für immer verlassen und suche eine Stellung.«

      Jantrou, ein ehemaliger Professor, war wegen einer undurchsichtigen Geschichte von Bordeaux nach Paris gekommen. Er hatte die Universität verlassen müssen; heruntergekommen, aber ein hübscher Bursche mit seinem fächerförmigen schwarzen Bart und seiner frühzeitigen Glatze, überdies gebildet, intelligent und liebenswürdig, war er mit ungefähr achtundzwanzig Jahren an der Börse gelandet, hatte sich dort zehn Jahre lang als Remisier durchgeschlagen, sich in Verruf gebracht und dabei kaum das für seine Laster notwendige Geld verdient. Und heute, da er gänzlich kahlköpfig war und sich wie eine Dirne härmte, die von ihren Falten den Broterwerb bedroht sieht, wartete er immer noch auf die Gelegenheit, die ihm zum Erfolg, zum Reichtum verhelfen sollte.

      Als Saccard ihn so demütig sah, erinnerte er sich voller Bitternis an Sabatanis Gruß bei Champeaux: keine Frage, ihm blieben nur die anrüchigen und die verkrachten Existenzen. Aber es fehlte ihm nicht an Achtung vor Jantrous scharfem Verstand, und er wußte wohl, daß man die tapfersten Truppen aus den Verzweifelten zusammenstellt, aus jenen, die alles wagen, weil sie alles zu gewinnen haben. Er gab sich wohlwollend.

      »Eine Stellung?« wiederholte er. »Nun, da läßt sich vielleicht was machen. Besuchen Sie mich mal.«

      »Rue Saint-Lazare wohnen Sie jetzt, nicht wahr?«

      »Ja, Rue Saint-Lazare. Kommen Sie gleich früh.«

      Sie plauderten. Jantrou war über die Börse sehr aufgebracht; ein Schurke müsse man sein, um dort Erfolg zu haben, wiederholte er mit dem Groll eines Mannes, der bei seinen Schurkenstreichen kein Glück gehabt hatte. Das war nun vorbei, er wollte etwas anderes versuchen; dank seiner Universitätsbildung und seinen Bekanntschaften in der Gesellschaft, so meinte er, konnte er sich eine schöne Anstellung bei den Behörden verschaffen. Saccard pflichtete ihm mit einem Kopfnicken bei. Und als sie dann die Gitter hinter sich gelassen hatten und auf dem Bürgersteig bis zur Rue Brongniart gegangen waren, erregte ein dunkles Kupee ihr Interesse: mustergültig bespannt, hielt es in dieser Straße, wobei das Pferd zur Rue Montmartre stand. Indes der Rücken des Kutschers hoch oben auf dem Bock in steinerner Unbeweglichkeit verharrte, tauchte ein Frauenkopf, wie sie bemerkten, zweimal hintereinander am Wagenfenster auf und verschwand gleich wieder. Plötzlich beugte er sich heraus und warf einen langen, ungeduldigen Blick hinter sich in Richtung Börse.

      »Die Baronin Sandorff«, murmelte Saccard.

      Es war ein ganz ungewöhnlicher brauner Kopf mit schwarzen Augen, die unter bläulichen Lidern brannten, ein leidenschaftliches Gesicht mit blutrotem Mund, das nur eine zu lange Nase entstellte. Sie schien sehr hübsch, zu reif für ihre fünfundzwanzig Jahre; sie sah aus wie eine Bacchantin, die sich von den größten Couturiers31 des Kaiserreichs kleiden ließ.

      »Ja, die Baronin«, wiederholte Jantrou. »Ich habe sie bei ihrem Vater, dem СКАЧАТЬ