Am Ende des Regenbogens. Maria Rohmer
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Название: Am Ende des Regenbogens

Автор: Maria Rohmer

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783748563570

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СКАЧАТЬ aber im laufe der Zeit werden wir uns einpassen, alles wird vertraut werden, das Beunruhigende wird sich verlieren. Wir werden uns an einige Gesichter gewöhnen, werden den Mann am Informationsschalter, die beiden Frauen vom Kiosk, einige Schwestern und Ärzte wiedererkennen, begrüßen. Wir werden in dieser für uns neuen Welt einen Halt haben.

      Wir wenden uns zur `Anmeldung`, einem langgestreckten Glaskasten mit bestimmt sechs Schaltern, vor denen die Wartenden in Viererreihen sitzen. Die Sonne scheint, der Kasten ist entsprechend aufgeheizt, die Luft hier drinnen warm und stickig. Auch wir müssen geduldig ausharren. Mehr als eine Stunde vergeht, bis wir mit den nötigen Papieren versehen zur `Chirurgischen` geschickt werden. In einigen Tagen wird der O.P.- Termin nun wohl definitiv feststehen.

      11. Kapitel

      Vater ruft aus Köln an: „Die Ärzte wollen mich doch nicht operieren“, dann versagt ihm die Stimme. Mutter versucht mehr aus ihm herauszubringen. Vergebens. „Ich kann nicht operiert werden“ ist alles. „Wir kommen."

      Nachmittags sind Mutter und ich in der Klinik. Wir finden Vater vollkommen verzweifelt vor. Er, der seine ganze Hoffnung, seine Rettung in diesen Eingriff gesetzt hat, der sich an den Gedanken geklammert hat: So ist es zu schaffen, er ist am Ende.

      Wir reden mit dem Oberarzt und erfahren von einem Schreiben, das am Morgen eingetroffen ist: Die endgültige Diagnose der Knochenszintigrafie. Darin spricht nun der Professor - entgegen des Vorabbefundes - den dringenden Verdacht auf eine Metastasierung aus!

      `Herdförmig gesteigerter Knochenstoffwechsel im Trochantermassiv rechts. Der Befund spricht für eine Metastasierung. Weitere Abklärung durch gezielte Röntgenuntersuchung, ggf. mit Tomografie`.

      Wir stehen da und begreifen nichts mehr.

      Vollkommen durcheinander können wir keinen klaren Gedanken mehr fassen. Was wird einem schwerkranken Menschen da angetan? Wochenlang baut man einen Berg von Hoffnung und Zuversicht in ihm auf, um ihn dann von ganz oben abstürzen zu lassen. Woher jetzt neuen Mut nehmen, wie die Kraft finden, nicht aufzugeben? Das ganze kann nur ein Irrtum sein! Das an der Hüfte, das sind normale Verschleißerscheinungen, bei dem Beruf! So ist es Vater vor Jahren bereits von seinem Orthopäden bescheinigt worden.

      Vater ist Heizungsinstallateur, hat sein Leben lang schwere, körperliche Arbeit verrichten müssen. Und geschont hat er sich nie. Er war stets da, wenn ihn jemand brauchte. So mancher Heiligabend, an dem die Familie mit dem Essen auf ihn warten musste, weil irgendwo eine Heizung ausgefallen war. So manche Nacht, die durchgearbeitet wurde, weil eine Anlage zu einem bestimmten Termin fertig zu sein hatte. Es gab nichts, was er nicht wieder hinkriegte. Egal wie diffizil die Sache war und wie viel Zeit sie erforderte.

      Die `Aufhellung` auf dem Röntgenbild war also damals schon da, worauf Vater den Professor auch hingewiesen hatte. Aber nun, im Zusammenhang mit Krebs, gewinnt sie wohl einen ganz anderen Stellenwert.

      Wie soll es jetzt weitergehen? Wieder eine neue Untersuchung, wieder Warten, wieder Angst haben vor dem Resultat. Wie lange hält man sie aus: Diese grauenvolle psychische Belastung? Wie lange erträgt man dieses Leben zwischen Hoffen und Bangen? Im Moment sind wir alle am Ende, haben einen Tiefpunkt erreicht.

      Am Abend fährt meine Schwester noch einmal nach Köln.

      Vater ist fast nicht ansprechbar, läuft den Flur rauf und runter, hält es nicht aus in seinem Zimmer.

      „Sollen wir nach Hause fahren?“ Er nickt. Sie reden mit dem behandelnden Arzt, der sich erst mal fürchterlich aufregt, nach einem langen Gespräch aber einsieht, dass es das Beste ist, wenn der Patient für einige Tage dort rauskommt. „Finden Sie wieder zu sich und dann melden Sie sich. Versprochen?“

      Mitte Juli wird der Patient wieder in der Klinik sein.

      Dann wird er auf der `Onkologischen` liegen.

      12. Kapitel

      18. Juni. Vater und ich sind gegen 13.00 Uhr in Bonn, stellen den Wagen in der Nähe des Hauptbahnhofs ab. Wir haben einen Termin bei Professor S., dem Chefarzt der Robert Janker Klinik. Durch eine Bekannte haben wir von dieser Fachklinik für Tumorerkrankungen erfahren.

      Verunsichert, wie wir alle sind, wollen wir die Meinung eines zweiten Onkologen hören. Ohnehin eine Empfehlung, die jeder Kranke befolgen sollte.

      „Unser Haus ist alt und platzt aus allen Nähten“, wie Prof. S. uns erzählen wird, „ein Umbau wäre dringend erforderlich.“ Aber es macht einen gepflegten Eindruck, und auf mehreren Gängen sind die Maler bei der Arbeit. Was uns sofort auffällt, und fast ein wenig befremdet, ist der Umgangston, der hier herrscht. Überall wird uns Freundlichkeit und Wärme entgegengebracht. Das geht von der Dame an der Information, über die Sekretärin, bis hin zu den Schwestern und Ärzten. Wie wohltuend und beruhigend wirkt sich alleine diese Herzlichkeit aus! Denn wie sehr braucht ein schwerkranker Mensch ein bisschen Zuspruch, einfach etwas Menschlichkeit. Und gerade die ist in unserer heutigen Zeit so rar geworden. Prof. S. erweist sich als ruhiger, väterlicher Typ, zu dem ich sofort Vertrauen fasse. Nachdem er den Bericht seines Kollegen aus dem Franziskushaus gelesen hat, rät auch er zu einer erneuten CT des Hüftgelenks. „Uns bleibt praktisch gar nichts anderes übrig, erst müssen wir das abklären. Wir müssen wissen, ob es sich um Metastasen handelt.“ Montag morgen sind wir wieder in Bonn. Die CT wird durchgeführt. Am frühen Nachmittag sollen wir die Ersten in der Sprechstunde des Professors sein. Was wir während dieser vier Stunden gemacht haben? Sind wir durch die Stadt gelaufen? Haben wir uns in ein Café gesetzt oder waren wir im angrenzenden Park? Ich weiß es nicht. Jegliche Erinnerung daran ist weg.

      Dafür sehe ich Vater und mich noch genau wie wir vor dem gewaltigen Schreibtisch im Zimmer des Professors sitzen. Sehe diesen hereinkommen, den braunen Umschlag mit den Röntgenaufnahmen in der Hand. Sehe, wie er sie in den Leuchtkasten an der einen Wand des Raumes einklemmt und sie aufmerksam betrachtet.

      Meine Finger krallen sich in die Lehne des Sessels, ich wage kaum zu atmen, spüre wie mir schlecht wird vor innerer Anspannung.

      „Nichts! Ich kann ihnen definitiv sagen, da ist nichts! Ich taste nach der Hand meines Vaters. Sie ist eiskalt. Mit Mühe räuspert er sich: „Was schlagen Sie vor, wie soll es weitergehen?“

      Auch er ist nicht für eine Operation, führt in unserem Beisein noch ein Telefonat mit dem Chefarzt einer weiteren Klinik, der ebenfalls `bei der Ausdehnung des Tumors eine operative Entfernung nicht befürwortet`. Beide sind der Meinung, man sollte eine kombinierte radiologisch - zytostatische Therapie einleiten und zu einem späteren Zeitpunkt über das weitere Konzept erneut entscheiden. Bliebe Vater in Bonn, hieße das: Als erstes würde über einen Zeitraum von drei Wochen eine Chemotherapie durchgeführt. Zu dieser, wie zu weiteren Behandlungen, würde er jedesmal stationär aufgenommen werden. Nach Hause dürfe er an den Wochenenden.

      Ginge es hier um mich, ich würde aus meinem Gefühl heraus sofort zustimmen und in dieser Klinik bleiben. Und das sage ich auch. Aber, wie Prof. S. richtig bemerkt: „Das ist alleine die Entscheidung ihres Vaters, die wir zu respektieren haben.“

      „Nicht wahr, Herr B., jeder von uns hat nur ein Leben, und was wir damit machen, liegt bei jedem selbst. Sie müssen von der Therapie überzeugt sein, müssen fühlen: Das ist das richtige für mich. Da kann und darf Ihnen niemand reinreden. Wenn Sie denken: Das ist hier nichts für mich, wählen Sie eine andere Klinik oder eine andere Behandlung. Ich bin überzeugt davon, Sie machen das für Sie persönlich richtige. Ich wünsche ihnen ganz viel Glück.“ Wort für Wort dieses Gespräches höre ich noch.

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