Название: C'est la vie
Автор: Christina Geiselhart
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783748567431
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»Kommen Sie bitte in zwei Tagen wieder vorbei«, sagte sie laut. »Dann besprechen wir, wie wir vorgehen könnten.« Sie wollte die Tür schließen, doch der Herr stellte den Schuh dazwischen.
»Entschuldigen Sie vielmals mein forsches Benehmen, Frau Groß, aber so ein Vorhaben duldet keinen Aufschub. Wir müssen sofort beginnen und der Laden muss schnellstens wieder geöffnet werden. Sonst laufen Ihnen die Kunden davon. Glauben Sie mir: Das geht heutzutage rasend schnell.«
Das sah Renate ein und doch … Der Mann war ein Fremder. Durfte sie sich mit ihm einlassen? Nun, warum nicht? Vielleicht bietet sich die Chance für einen Neuanfang, dachte sie ermutigt.
Sie ließ den Herrn, er hieß Kasimir Warmbold, eintreten und am selben Tag tüftelten die beiden einen Plan für das zukünftige Geschäft aus.
Am nächsten Tag allerdings kam nach langer Zeit ganz überraschend Erika zu Besuch. Ihre Kinder waren erwachsen, ihr Mann dement und sie gelangweilt.
Voller Freude über das Wiedersehen erzählte Renate mit leuchtenden Augen von ihrem neuen Plan.
Erika hörte geduldig zu, blickte sie lange an und schöpfte schließlich Atem. »Mein Gott, Renate. Ich fasse es nicht. Was ist nur mit dir passiert? Einem Fremden und noch dazu dem ersten besten Fremden lieferst du dich aus. Was glaubst du, was dich erwartet? Eine Goldgrube? Sollte dieser Fremde sie mit dir gemeinsam buddeln, wird er am Ende alles für sich allein beanspruchen. Innerhalb kurzer Zeit hätte er dich soweit und er wäre der Ladenbesitzer und du nur eine alternde Verkäuferin.«
Lange saß Renate in dieser Nacht in ihrem Bett und dachte über Erikas Worte nach. Am nächsten Tag öffnete sie Herrn Kasimir Warmbold nicht wie verabredet die Tür. Auch ihr Laden blieb vorerst geschlossen. Das war er auch eine Woche später und die Woche darauf.
Gegen Mitte des Jahres 2017 wurde die Buchhandlung in ein Friseurgeschäft mit integriertem Kosmetikinstitut umgebaut. Auf Anraten und mit Erikas Hilfe hatte Renate das Gebäude zu einem guten Preis verkaufen können. Vom Erlös bekam Erika wie verabredet 10 Prozent (ein Makler würde das doppelte verlangen, sagte Erika).
Die angelegte Summe brachte kaum Zinsen, doch Renate würde davon zehn Jahre leben können, wenn sie bescheiden blieb. Fünf Jahre, wenn sie nicht bescheiden blieb.
»In jedem Fall bekommst du dann deine Rente und hast noch dieses Haus. Das ist besser, als noch jahrelang hinter der Theke zu stehen oder sich von einem Fremden ausbeuten zu lassen.«
Von nun an saß Renate allein in dem alten Haus am Ende des Ortes und schaute auf die Uhr. Ganz so, als ob sie auf etwas wartete.
Fin
Der Anruf
Helga erzählt
Ich bin eine Frau von vierzig Jahren, dunkelhaarig, schlank und ohne nennenswerte Berufsausbildung. Hingegen verstehe ich mich darauf, den Haushalt zu führen, eine Wohnung gemütlich zu gestalten und meine zwei Kinder vernünftig zu erziehen. Jedenfalls tue ich mein Bestes. Mein Mann ist da ganz anderer Meinung. Sehr gerne hätte er meine Rolle selbst übernommen, er muss jedoch für den Lebensunterhalt sorgen, da ich es höchstens auf 450 Euro monatlich bringen würde.
Er hat so ziemlich alles studiert, angefangen bei Archäologie, der einzigen Disziplin, in der er promovierte. Seine Doktorarbeit befasste sich mit der Geschichte der Ziegelpyramide Sesostris III. Wie schon der Titel verrät, führten ihn die Ausgrabungen und Forschungen nach Ägypten, in ein Land, dessen Pyramiden er liebte, dessen Essen und Wasser er hingegen nicht vertrug. Sein Traum, dort auf Unentdecktes zu stoßen, das ihm zu einem berühmten Namen verhelfen würde, löste sich im Nebel ständiger Übelkeit auf. Und auch seine Doktorarbeit erregte kaum Aufsehen. Er versuchte einen Neuanfang und begann das Studium der Religionswissenschaften. Sämtliche Religionen faszinierten ihn, allerdings nur anfangs. Schon nach zwei Semestern kehrte sich seine Faszination in Verwunderung, nach dreien in Ärger und schließlich in Wut. Er schmiss alles hin und wählte Philosophie. Dieses Studium brach er nach zwei Jahren ab und schwenkte über zur Pädagogik. Von dort aus war der Weg nicht weit zur Psychologie. Es sei noch hinzugefügt, dass er auch Betriebswirtschaft und wenige Semester Medizin studierte. Jetzt fragt sich mancher, womit verdient der hochstudierte Mann seinen Lebensunterhalt? Nun, da er ein enormes Wissen und eine Art hat, dieses Wissen verständlich zu vermitteln, spricht er vor Kongressen, hält Konferenzen und Seminare ab. Nun mag wiederum mancher einwenden: Es gibt unzählige studierte Kapazitäten, die auf Kongressen und Konferenzen ihr Wissen breittreten und sogar mit akzeptablem Erfolg. Und es gibt Google, Wikipedia, Telekonferenzen und so weiter. Dazu kann ich nur sagen: Mein Mann, er heißt Curd, ist anders! Er ist einmalig! Er ist auf seinem Gebiet unübertroffen. Curd ähnelt auf gewisse Weise Karl Lagerfeld, den er nicht ausstehen kann, vermutlich weil er ihm ähnlich ist. Karl ist wie Curd: anders, etwas Besonderes oder, wie es ein französischer Fan von Karl ausdrückte: Karl est – Karl ist! Aus diesem Grund verdient mein Mann auch sehr gut und kann seinen Kindern und seiner berufslosen Frau, mir also, ein angenehmes Leben bieten. Ja, ich könnte zufrieden sein, wenn er nicht diesen Kontrollzwang hätte und den unbeirrbaren Glauben, er sei der Allmächtige.
Nichts auf der Welt kann ihn davon abhalten, mich täglich zur Abendstunde anzurufen. Und egal, womit ich gerade beschäftigt bin, ob ich einen Krimi anschaue oder mit einer Freundin zusammen bin: Ich muss antworten. Tu ich es nicht, ist er imstande, die Polizei zu benachrichtigen, aus Furcht, mir sei etwas zugestoßen. Alle Anrufe enden mit: »Schlaf gut, mein Schatz!«
Der heutige fängt an wie gewöhnlich: »Guten Abend, Helga. Wie geht es dir?«
»Gut!«
»Wie schön, aber nur gut ist ein bisschen wenig!«
»Es geht mir gut, das ist alles!«
»Du bist so wortkarg!«
»Entschuldige, aber ich schau gerade fern!«
»Wie? Du siehst fern, während du mit mir sprichst? Das ist nicht erfreulich.«
»Tut mir leid, aber es ist ein spannender Krimi.«
»Du willst also sagen, dass der Krimi dir mehr bedeutet als ein Gespräch mit mir?«
»So ein Quatsch!« Das ist gelogen, aber ich habe keine Wahl. Dass der Krimi mir im Moment wichtiger ist, kann ich keinesfalls zugeben, sonst kommt es zu einer Grundsatzdiskussion.
»So wirkt es aber auf mich, sonst hättest du den Ton runtergefahren.«
»Das habe ich bereits getan.«
»Ich höre aber ganz deutlich Stimmen.«
»Das sind nur meine Gedanken. Wie du ja weißt, machen sie sich hin und wieder selbstständig und werden dann besonders laut!« Mein Gott, was rede ich? Dieser Unsinn kann ihn zu einem längeren Wortwechsel verleiten, der in eine Kontroverse mündet, aus der ich nicht mehr herausfinde.
»Willst du mich veräppeln?«
»Um Himmels Willen. Wie käme ich dazu?«
»Das will ich nicht wissen. Ich will wissen, ob du mich veräppelst!«
»Hältst СКАЧАТЬ