Der Pferdestricker. Thomas Hölscher
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Название: Der Pferdestricker

Автор: Thomas Hölscher

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750219397

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СКАЧАТЬ habe ich auch die Sporen bekommen. Bei Deichmann habe ich Cowboystiefel gefunden, an denen Blechsporen befestigt sind. Das sieht zwar lächerlich aus, aber wenn man sie abnimmt und bearbeitet, werden sie messerscharf. Unter Jonas’ Gewicht werden sie in den gespannten geilen Bauch des Viehs gehen wie in Butter.

      Jonas hat wieder nur gelacht und gesagt, wenn er mir eine Freude damit machen kann, will er dem Mistvieh schon Angst damit einjagen. Mich hat diese Bemerkung unglaublich angemacht. (In der letzten Zeit hat mich mein Verhältnis zu Jonas etwas des öfteren nachdenklich gemacht: Ich suche seine Nähe, weil ich etwas von ihm will, weil er so gutmütig und unbedarft ist. Oder ganz ehrlich: Weil ich ihn benutze für meine Zwecke. Aber was hält Jonas eigentlich von mir? Warum meidet er zum Beispiel nicht meine Nähe? Wenn er alles tut, weil es ihm selber Spaß macht, dann ist es natürlich umso besser. Also gehe ich mal davon aus, dass es ihm selber Spaß macht! Und doch machen mir solche Gedanken manchmal Angst. Warum tut Jonas eigentlich das, was er tut? Ich weiß es einfach nicht genau und muss wohl vorsichtig sein.

      19.8.2000

      Es war großartig! In der vergangenen Nacht hat es wieder geregnet, und Jonas saß nur mit einer dünnen Turnhose bekleidet auf dem Tier. Wir hatten es zunächst mit einem Seil an einen Baum gebunden, Jonas ist auf seinen Rücken gesprungen und den Rest haben die Gerte und die Sporen erledigt. Irgendwann haben wir gesehen, dass sich das Tier hinlegt, wenn man gegen seine Vorderbeine schlägt. Als es auf dem Boden lag, hat Jonas sich schnell in seinen Nacken gesetzt. Es sah unbeschreiblich aus, wie er mit weit gespreizten Beinen auf dem Tier saß. Er hat gesagt, dass ihn die ganze Sache noch geiler macht als alles, was er bis jetzt gemacht hat, und das hat alle Bedenken bei mir ausgeräumt.

      Zu Hause habe ich erst gesehen, dass die Sporen voller Blut waren. Ich hätte nicht gedacht, dass Jonas derart grausam sein kann! Mich macht diese Tatsache sehr glücklich. Bis jetzt war es für mich immer mit viel Energie verbunden, Jonas meine wahren Beweggründe zu verheimlichen, wieder Distanz herzustellen zu dem, was passiert ist. (Ich kann sie ihm eigentlich auch nur verheimlichen, weil ich sie selber noch nicht genau benennen kann.) Er sollte schließlich nur tun, was er auch selber tun wollte, weil es ganz einfach in ihm steckt. Das war ja gerade so wichtig für mich. Aber heute Nacht ist diese Distanz zwischen uns verschwunden bis auf den kleinen Rest, ohne den das Leben keinen Spaß mehr machen und völlig uninteressant sein würde.

      21.8.2000

      Heute war ich wieder bei Deichmann, weil ich neue Sporen für Jonas brauchte. Die alten will ich verwahren. Weil ich kein Geld ausgeben wollte für ein neues Paar Stiefel, habe ich kurzerhand im Geschäft die Sporen von einem Paar Stiefel abmontiert und geklaut. Es ist schon ulkig, mit welchen Banalitäten man sich manchmal herumschlagen muss, um Großes auf die Beine zu stellen!

      23.8.2000

      Wir waren heute Nacht wieder auf der Weide. Aber wir mussten vorsichtig sein. Es war im ganzen Haus kein Licht zu sehen, und gerade das fand ich verdächtig. Ich könnte es nicht ertragen, wenn der alte Sack sehen würde, was wir machen.

      Mittlerweile lebe ich wirklich in zwei Welten. Ich meine das nicht in dem Sinne, wie es wohl von einem Schizophrenen behauptet werden kann. Es gibt die eine Welt, die man nur mit Mühe und Not ertragen kann; und es gibt die andere Welt, die ich nachts stattfinden lassen muss und die dieses Leben erst rechtfertigt. Für mich gibt es selbstverständlich nur eine einzige Welt, aber die anderen Menschen verstehen das nicht. Also sind die pervers und nicht ich. Manchmal habe ich das Bedürfnis, aus diesen zwei Welten eine zu machen, andere an meinen Erfahrungen teilhaben zu lassen. Aber das wage ich nicht. Vielleicht noch nicht. Im Augenblick ist es sogar noch so, dass ich alles tun würde, um zu verhindern, dass meine Aktivitäten in die erste Welt gerückt würden. Alles, und das meine ich im Ernst. Es würde eh niemand verstehen. Aber auf Dauer kann ich diese Einstellung nicht durchhalten. Ich will, dass auch andere Menschen beginnen zu sehen.

      Dazu braucht es Geduld. Und die richtige Einstellung. Ich glaube, dass jeder Mensch in seinem Leben nur ein Rätsel wirklich lösen kann. Und dieses Rätsel muss er zum Mittelpunkt seines gesamten Lebens machen, muss dem alle anderen Probleme und Problemchen unterordnen, ohne Rücksicht darauf, was andere davon halten.

      24.8.2000

      Heute habe ich in der Bochumer Innenstadt zufällig Klaus wiedergetroffen. Ich hatte sofort die Idee, ihm von Jonas zu erzählen. Aber dieser Kerl ist wirklich ein dummes, ignorantes Schwein. Irgendwann hat er gesagt, wenn Jonas wirklich solch einen geilen Arsch habe, dann sei es ihm jedenfalls völlig gleichgültig, ob dieser Arsch auf einem Fahrradsattel oder einem Pferderücken sitze. Aber wenn ich so sehr darauf stehe, sollte ich doch mal Ferien auf dem Immenhof machen. Ich gehe davon aus, dass er das nur gesagt hat, um mich zu treffen, und hier und heute schwöre ich, dass er dafür büßen wird. Anschließend ist er mit einem Typen verschwunden, wahrscheinlich sein neuer Freund, auf jeden Fall auch einer von der Sorte Mensch, um die es nicht schade ist und die ich mit der Kneifzange nicht mehr anfassen würde.

      25.8.2000

      Ich bin gerade von Klaus’ Wohnung nach Hause gekommen. Er hat tatsächlich einen neuen Freund, diese Kreatur, mit der ich ihn in der Stadt gesehen hatte. Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, mich ein weiteres Mal zu bedienen. Oder besser gesagt: Das hat mich nicht davon abgehalten, mich ein weiteres Mal von ihm bedienen zu lassen. (Ich kann schon die Idee nicht mehr ertragen, dass einmal zwischen mir und diesem Kerl etwas passiert, was nicht einzig und allein von mir gewollt und in Szene gesetzt wird. Heute hätte es mir am meisten Spaß gemacht, wenn sein angeblicher Freund bei dem hätte zusehen müssen, was ich mit ihm gemacht habe!) Auf jeden Fall ist er jetzt ganz heiß auf Jonas, und das nächste Mal wird er mitkommen. Er war sogar ganz aufgeregt und hat irgendetwas geredet von anonymem Sex auf nächtlichen Autobahnparkplätzen. Ich weiß gar nicht, was dieser Mensch von dem versteht, was man ihm erzählt. Der Kerl kotzt mich einfach an. Aber er wird nicht mehr lange dummes Zeug reden; wenn er Jonas gesehen hat, muss er ohnehin weg. Ich war bei meinem heutigen Besuch bereits besonders vorsichtig. Den Wagen habe ich ein paar Häuserblocks entfernt geparkt und darauf geachtet, dass mich in dem Wohnhaus und in der näheren Umgebung niemand bewusst wahrgenommen hat.

      1.9.2000

      Heute Nacht war auch Klaus dabei. Und wenn ich bisher noch Zweifel daran hatte, dass Jonas die ganze Sache Spaß macht, dann sind diese Zweifel seit der vergangenen Nacht restlos ausgeräumt. Jonas hat diese Wurst nach allen Regeln der Kunst vorgeführt!

      Zunächst hat er mit dem Tier gespielt, wie er es noch nie getan hat, und dann hat er sich von dieser armseligen schwulen Kreatur auf dem Pferderücken bedienen lassen. (Für Klaus war es ohne jeden Zweifel der Höhepunkt seines Scheißlebens, und wenn etwas am schönsten ist, sollte man bekanntlich damit aufhören.) Ich muss unbedingt eine Möglichkeit finden, derartige Bilder festzuhalten. Zu fotografieren wage ich nicht, weil ich alles vermeiden muss, was die Aufmerksamkeit des Alten wecken könnte.

      An der Uni habe ich heute Mittag diesen verrückten Märchenerzähler wieder getroffen, der vor ein paar Tagen mit Lars auch auf dem Unifest war. Eigentlich ist das ein alberner Kerl und ich weiß noch immer nicht einmal seinen Namen, aber beim Essen in der Mensa ist er doch einmal ganz hellhörig geworden, als ich mein Interesse für Pferde bekundet habe. Natürlich habe ich das ganz allgemein und unverbindlich getan und er hat dann irgend etwas von der mythologischen Bedeutung dieser Tiere erzählt. Er studiert wie Lars Germanistik und interessiert sich für Volkspoesie. (Was immer das im einzelnen sein soll.)

      Interessanter war die Tatsache, dass er im Augenblick ein Seminar über den Kriminalroman besucht. Er war ganz begeistert über meine Behauptung, dass nur der Kriminalroman wirklich von Bedeutung ist, in dem deutlich wird, dass das Opfer seinen Mörder immer schon gekannt hat, weil es ihn ansonsten nicht so zielstrebig suchen kann.

      Ich glaube, er hat überhaupt nicht verstanden, СКАЧАТЬ