Sprachlos studieren - Mein Auslandssemester in Lateinamerika, Costa Rica. Manuela Dörr
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Название: Sprachlos studieren - Mein Auslandssemester in Lateinamerika, Costa Rica

Автор: Manuela Dörr

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783738027655

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      Bewaffnet mit einer Umhängetasche und einem Rucksack gefüllt mit Laptop, Kameraequipment und allen wichtigen Unterlagen gehe ich neben Julius Richtung Gate C44. Schneller als gedacht sitzen wir vor nagelneue Touchscreens in bequemen Sitzen und können unser Handy sogar über einen USB Stecker laden. Jeder hat mindestens zwei Sitze für sich und wir haben mehr oder weniger freie Platzwahl, da die Maschine nicht ausgebucht ist.

      Hervorragend!

      9:15 Uhr Düsseldorf - 13:45 Uhr (+6 Stunden) Miami

      Ein wenig Last-Minute Charakter hat das Ganze. Auch wenn ich froh bin, im Flugzeug zu sitzen und die erste Hürde überwunden zu haben, wird mir klar, dass sich mein ganzer so hervorragend geplanter Tag mit dem spontanen Abflug in Luft aufgelöst hat. Jetzt geht es für mich nach Miami und nicht nach Atlanta, das fängt ja gut an…

       Es ist 7:30 Uhr - Ich habe meine Uhr gerade auf die Zeit in Miami umgestellt, um wenigstens einen der recherchierten Tipps ausprobieren zu können. Uns werden sechs Stunden Zeit geschenkt und später noch einmal eine. Unser Tag hat einunddreißig Stunden! Mehr Zeit wollen alle, aber einen langen Tag, das will kaum jemand.

      Jetzt gibt es Turbulenzen, gleich gibt es Mittagessen. Einige sprinten zur Toilette, sobald das Anschnallzeichen erlischt. Elf Stunden fliegen wir.

      Merkwürdig, aber mein Magen knurrt, denn durch die schlaflose Nacht und die Aufregung am Morgen habe ich kaum einen Löffel von meinem Schokomüsli herunter bekommen. Nun habe ich die zweite Chance auf einen gemütlicheren Morgen an diesem Tag. Mir wird sogar das Essen serviert und ich habe eine grandiose Aussicht. Der blaue Himmel umgibt das Flugzeug und zeigt uns die unendliche Weite der Welt. Es gibt kaum einen Referenzpunkt, an dem eine Entfernung auszumachen ist, selbst die Wolken wirken wie Zitroneneis.

      Es ist schon 8:00 Uhr - Der Herr, der vor mir sitzt, reist nach Trinidad. Er ist selbstständig, umfliegt seit Jahren die Welt und lebt primär in Mittelamerika, in Panama und den Nachbarländern.

      „Ein wenig Nomadentum gehört dazu“, sagt er, dreht sich ein Stück weiter zu mir um und schiebt seinen Kopf zur Seite, damit wir uns zwischen den Sitzlehnen hindurch besser sehen können. Während ich mir überlege, wie alt er wohl sein könnte - vielleicht fünfzig Jahre? - erzählt er von seinem Schiff, das noch auf den Fiji-Inseln steht. Deshalb hat er sich als Ziel seiner heutigen Reise ein Haus auf einem anderen Kontinent gemietet.

       „Zur klassischen Ausbildung mit einem Studium und dem direkten Übergang in den Beruf ist das Leben zu kurz und zu schön. Man sollte in der Zeit lieber reisen, die Welt entdecken und dabei Arbeitserfahrung sammeln. Lernen, was man wirklich kann und sich mit diesem Wissen selbstständig machen.“

      Das ist sein Erfolgsrezept. Sein Ziel verfolgen und sich nicht beirren lassen. Lieber auf etwas Luxus verzichten, dafür frei sein und nicht in den ewig gleichen Kreislauf getrieben werden. Naja, nur für die Boot-Messe ist er nach Düsseldorf geflogen.

      Die Stewardess serviert Getränke, er wählt Wein, ich wähle Tomatensaft. Ich befolge den Tipp meines Bruders, in der Luft immer diese rote dickflüssige Masse zu trinken, da die Geschmacksnerven einem einen Streich spielen. Ich trinke einen Schluck meiner kalten Suppe aus dem ultraleichten Plastikbecher und lausche weiter meinem Gesprächspartner.

       Einen wichtigen Aspekt hat der gebürtige Düsseldorfer auf seinen Reisen herausgefunden: „Die lateinamerikanische Kultur ist anders als die der Nordamerikaner. Sie passt besser zu mir und meiner Mentalität. Mit der afrikanischen konnte ich mich aber noch nie so recht anfreunden.“

      Er versichert mir, dass ich für immer dort bleiben möchte. Dass ich das Land, die Menschen und die Kultur lieben lernen werde. Dass ich mich aber auch vor der Eifersucht und dem Machogehabe der Latinos in Acht nehmen soll.

      Mal sehen… Für mich steht fest, dass ich nach den sechs Monaten wieder zurück fliege. Ich wende mich wieder ab und beobachte die Menschen im Flugzeug. Julius hat inzwischen ein Malprogramm auf dem Touchscreen der Sitzlehne vor sich entdeckt und koloriert eifrig einen Esel. Irgendwie muss man die Zeit ja rum bekommen.

       13:00 Uhr - Schlafen konnte ich nicht, aber ein paar Vokabeln habe ich wiederholt und in weniger als einer Stunde landen wir.

       Wir haben beide noch nicht realisiert, dass wir bald für sechs Monate, Julius sogar ein ganzes Jahr, nicht in Deutschland sein werden. Das dies kein Urlaub ist, sondern eine längere Reise, die uns fordern wird.

       „Welcome to Miami“, rufen wir uns zu, als wir den Flieger verlassen. Zunächst geht es zur Passkontrolle und durch den Zoll - Finger scannen - Foto machen - ein paar Fragen beantworten - einen Stempel bekommen - die Koffer abholen. Die erste Hürde ist geschafft! Scheinbar haben wir alles richtig ausgefüllt beim Visum für die Staaten.

       Sieben Stunden Aufenthalt stehen uns bevor. Wir geben unsere Koffer sofort neu auf und setzen uns vor den Airport in eine kleine Grünanlage in die Sonne.

      Schnell wird es uns zu warm. Hitze und pralle Sonne sind unangenehmen. Wir pellen unseren Winterjacken-Zwiebellook und suchen wieder Zuflucht im Flughafengebäude. Für uns ist es später Abend, da wirkt die brennende Sonne noch penetranter.

       Miami - San José - 20:20 Uhr (+6 Stunden)

      Boarding time! Endlich! Wir sind müde und wollen eigentlich nur schlafen. Das Zähneputzen frischt ein wenig auf, dann besteigen wir den Flieger und ich versinke sofort im Sessel. Erst das abrupte Aufsetzen des Fliegers schreckt mich aus dem Halbschlaf. Mit dem Kopf auf dem Tisch schlafen ist übrigens eindeutig die bequemste Schlafvariante, nur die Schwimmflügel haben gefehlt. Keine Zeit für Müdigkeit, Powernapping muss reichen, weiter geht es.

       San José - 22:30 Uhr (+7 Stunden)

      Bevor es durch den Zoll geht, müssen wir noch Zettel für die Behörden ausfüllen, einen Stempel kassieren, die Koffer einsammeln. Dann geht es raus.

      Wir sind da! Tausende Männer fragen uns, ob wir nicht ein Taxi bräuchten. Julius findet schnell seinen Betreuer, nur leider steht da niemand für mich.

       „Julius, wartest du? Ich weiß noch nicht, wie ich hier weg komm’“, bitte ich meinen Mitreisenden. Er nickt. Um uns herrscht ein Gewühl aus Taxifahrern, Flughafenmitarbeitern und -gästen. Ich bin erstaunlich entspannt. So weit habe ich es geschafft, jetzt kann nichts mehr schief gehen.

      Samt Koffer, Rucksack und Tasche laufe ich zurück ins Flughafengebäude und komme mir vor wie ein reicher Packesel. Ich wende mich an die Autovermietungsfirma, die mir von den Hotelbesitzern als Ansprechpartner bei Problemen genannt worden war. Für die erste Nacht habe ich in Flughafennähe ein Hotel gebucht. Am nächsten Tag würde ich dann per Taxi in das fünfundzwanzig Kilometer entfernte Hostel Urbano nahe der Universidad de Costa Rica fahren. So eine weite Strecke wollte ich in einem fremden Land mit fremder Sprache, fremden Taxifahrern und zu allem Überfluss noch mitten in der Nacht nicht alleine als Frau zurücklegen müssen.

       Der Mitarbeiter der Autovermietungsfirma ruft direkt im Hotel an und es stellt sich heraus, dass durch meinen neuen Flug Unklarheiten über meine Ankunft bestanden. Schließlich macht sich ein Hotelmitarbeiter auf den Weg.

      Ich habe noch ein wenig Zeit, um mich von Julius zu verabschieden, dann trennen sich unsere Wege, es bleibt nur das Internet als Verbindung. Zehn Minuten Autofahrt, auf der ich mit dem Fahrer spreche, der erstaunlich gut Englisch spricht.

      Dann sind wir da, im Hotel. Alleine in Costa Rica. Draußen raschelt es in den hohen Bäumen, in der Ferne leuchtet der Himmel. Bevor ich in meinem kleinen Zimmer in einen komatösen Schlaf verfalle, СКАЧАТЬ