Der fahle Ritter. Paul Tobias Dahlmann
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Название: Der fahle Ritter

Автор: Paul Tobias Dahlmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738040326

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СКАЧАТЬ endet unser Land.“, erklärte die Trollin belegt.

      Die Drei entschieden sich, noch kurz von den Pferden abzusteigen, um eine letzte gemeinsame Rast miteinander zu verbringen. Die beiden Ritter tauschten untereinander Grüße für Freunde aus; je nachdem, wer von beiden sie zuerst wiedersehen mochte. Sie machten Scherze und wechselten das eine oder andere Versprechen. Beide wollten darauf achten, ihre Freundschaft nicht ersterben zu lassen. Dies sollte nicht das letzte Mal sein, dass sie sich in ihrem Leben sahen.

      Es waren jedoch nicht die Ritter, die etwas Wichtiges sagten oder taten, sondern es war Leihani, die ihr Gespräch in einer aus Wehmut entstandenen Pause unterbrach.

      „Ich kann das mit euch Beiden nicht mit ansehen“, rief sie, getrieben von ihrer eigenen Wut und Trauer. „Ich trenne hier die besten Freunde. Ich muss es tun, das befehlen mir sowohl mein Herz, als auch mein Verstand. Und doch ist es falsch.“

      Mit großen Augen sahen die Männer sie an.

      „Dir, Ihlsteg, mein Schatz, werde ich die Trauer um den Abschied schon zu nehmen wissen“, sprach sie weiter, „Aber was soll ich mit dir machen, Sejarl? Du musst nun allein und ohne Hilfe fortziehen ins Unbekannte, ohne jemanden, dich zu begleiten und vielleicht hier und da auch zu schützen. Zwar bist du mir nichts als ein lockerer Bekannter geworden während der letzten beiden Tage, doch sehe ich, dass du ein braver Mann bist. Allein und schutzlos dort hinauszuziehen, das verdienst du nicht.“

      Sejarl war mit Sprachlosigkeit geschlagen. Was meint sie?, dachte er, Schutzlos bin ich nicht. Meine Waffen sind von bester Qualität und ich bin gesund und wohl auf und weiß mich meiner Haut zu erwehren. Zwar werde ich meinen Bruder vermissen, doch was Anderes sollte denn jetzt passieren? Er war gefesselt in der Vorstellungswelt seines Ordens.

      „Komm!“, sagte die Trollin, und bedeutete Sejarl, ihr zu einer Stelle einige Schritte entfernt zu folgen, wo der Wind im Schatten eines umgestürzten, alten Baumes allerlei Laub zusammengetragen hatte. Zögernd kam Ihlsteg nach und beobachtete die Vorgänge aus einiger Entfernung.

      „Was ist es, was du mir hier zeigen willst?“, fragte Sejarl.

      „Warte“, sagte Leihani, „Ich mache dir ein Abschiedsgeschenk.“

      Leise begann sie zu säuseln. Halb schloss sie ihre Augen und begann, ihren Körper dabei sich mit dem Klang jener Laute mitschwingen zu lassen. So entstand ein merkwürdiger Tanz, als sie sich auf der Stelle stehend dem Himmel entgegenschlängelte, gefangen in der Trance. Dann öffneten sich ihre Lider wieder und sie starrte ausdruckslos den Wolken in der Höhe entgegen.

      Ein ausladender Ast, welcher ihr nahe in der Luft hing, zog nun ihre Aufmerksamkeit auf sich. Eine laue Brise fuhr durch ihn hindurch, löste einige weiße Blütenblätter und spielte mit ihnen, sie in der Schwebe haltend.

      „Ja, du bist richtig“, sagte Leihani leise, doch klar und klingend. Ihr Blick blieb unverwandt auf den treibenden Blättern heften.

      „Komm herab!“, rief sie in einem Befehlston, den Sejarl ihr in dieser Plötzlichkeit nicht zugetraut hätte.

      Was macht sie da?, überlegte er, Wendet sie Magie an? Man sagt ja, dass Trolle solche Dinge täten.

      Sein Staunen hielt an, als die Gruppe der Blätter von dem Ast herabschwebte in Bewegungen, die auf ihn in seltsamer Weise beherrscht wirkten. Das Trollmädchen starrte dabei angestrengt in jedem kleinsten Moment. Schweißperlen glitzerten auf ihrer Stirn, während sie weiterhin Silben hervorbrachte, die offenbar keinen anderen Zweck hatten, als sich melodisch aneinanderzureihen.

      Solcherart bestaunt vermischten sich die Blätter der Luft mit dem Laub am Boden, wirbelten es hoch und nahmen es in sich auf. Ein wachsender Wirbel von Wind und Blättern entstand so. Seine Größe schwankte zwischen einer doppelten Handspanne und Hüfthöhe.

      „Drücke dich aus, lebe und sei sein Freund!“, sagte Leihani und richtete ihren Blick dann scharf und plötzlich auf Sejarl. Danach entspannte sie sich sichtlich, schüttelte ihren Kopf, dass ihre Haare flogen, und grinste wieder fröhlich. „Bitte sehr“, sagte sie.

      Verblüfft starrte Sejarl auf den kleinen Wirbelwind aus Blättern unterschiedlichster Farbe, der auf ihn zutanzte und dann in einer Armlänge Entfernung verharrte.

      „Was ist das?“, fragte er.

      „Ein Windgeist“, erklärte Leihani. „Du musst wissen, dass die Natur an vielen Stellen nicht immer ganz dumm ist. Winde sind normalerweise sehr, sehr kurzlebig. Aber wenn man weiß, wie, dann kann man ihr Leben festhalten. Ich glaube außerdem, dass dieser hier recht klug ist; etwa wie ein Adler oder ein Otter, der dir als treu ergebener Begleiter zur Seite stehen kann.“

      Das Mädchen feixte und linste zwischen den beiden Männern hin und her, die beide gleichermaßen erstaunt auf den leise raschelnden, belebten Wind stierten.

      „Kann er sprechen?“, fragte Sejarl.

      „Er mit dir anfangs noch nicht, das muss er erst lernen. Aber du kannst mit ihm reden und er wird dich im Großen und Ganzen verstehen. Übrigens lebt er jetzt praktisch ewig, solange keine Magie ihn zerstört. Glaub mir, das wird dir noch sehr nützlich sein. Also dann: Viel Spaß mit deinem neuen Weggefährten. Das war das, was ich für dich tun konnte.“

      Sejarl war sprachlos. Da hatte eine Trollfrau wenig begründete Schuldgefühle, und was tat sie? Sie schenkte der Welt ein neues Leben. Seine Überlegungen überschlugen sich. Sie schenkt mir ein Zauberwesen, mich zu beschützen. Was sind diese Trolle für seltsame Geschöpfe? Die einen bedrohen einem das Leben und die anderen spenden neues in der Dauer eines verwunschenen Liedes. Schade nur, dass ich nichts habe, was ich ihr als Gegengeschenk anbieten könnte. Gerührt streckte er seine Hand nach dem aufschwebenden Luftwirbel aus, fühlte dort jedoch nichts als eine kühlende Brise und aufgewirbelte Blätter.

      Gemeinsam bestaunten die Ritter noch eine lange Weile jenes wahr gewordene Wunder. Viel fröhliches Geschwätz tauschten die Anwesenden noch aus. Als sie erkannten, dass die Zeit des Abschiedes nun doch endgültig für sie gekommen war, war ihnen allen weit leichter ums Herz als vor dem Zauber des Mädchens.

      Ein letztes Mal noch umarmte dort Sejarl Weglenner seinen Ordensbruder Ihlsteg, der jetzt Maruder hieß, und dessen Verlobte Leihani lang und herzlich. Dann stieg er auf sein Stahlross, überprüfte seine Ausrüstung, und ritt langsam und gemächlich in die Ebene hinaus. Oft noch drehte er sich um und winkte, und das Pärchen verharrte am Waldrand und winkte zurück, bis die Sicht und die Entfernung sie endgültig trennten.

      Dann ritt Sejarl alleine weiter, hin zu jenen Gegenden, die zum Königreich der Zwerge gehörten. An seiner Seite schwebte, unstet und flatterhaft, ein lebender Wind, ein Zauberwesen, ihn zu beschützen und zu ermutigen in schweren Stunden.

      Das Königreich der Zwerge

      Zehn Tage hindurch ritt Sejarl in das Reich Kom hinein. Von Westen her kommend hatte er zuerst eine trostlose Ebene passiert, an die sich einige verstreute Weiler in einem waldigen Hügelland anschlossen, in welchen er zum ersten Mal mit dem Volk der Zwerge bekannt geworden war.

      Inmitten von Rübenfeldern erhoben sich gedrungene, graugetünchte Häuschen kaum über den Erdboden hinaus. Aus Lehm und Feldsteinen waren sie errichtet, und für den Ritter viel zu niedrig. Ihre Anlage glich sonst jener von Orten in den Ordenslanden. Auch einen Eindruck echter Armut vermittelten sie ihm nicht. Trotzdem vermisste СКАЧАТЬ