Der fahle Ritter. Paul Tobias Dahlmann
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der fahle Ritter - Paul Tobias Dahlmann страница 8

Название: Der fahle Ritter

Автор: Paul Tobias Dahlmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738040326

isbn:

СКАЧАТЬ dem Kampf auf der Passhöhe verloren hatten. Sie hatten ihn jedoch nicht wieder gefunden. Auf der anderen Seite waren aber auch die haarigen Bergmenschen seit dieser Zeit nicht wieder aufgetaucht. Also waren sie zufrieden mit den Dingen.

      Ihren Abstieg hatten sie fortgesetzt, indem sie sich ihren Weg durch Bachbetten, sowie über Seitengrate und Wildpfade gesucht hatten. Die grüne Waldlandschaft hatte sich dabei zunächst nicht groß von jener auf der anderen Seite der Berge unterschieden. Gelegentlich hatte es Engpässe gegeben, Dickichte, durch die sie sich einen Weg hatten hauen müssen, steile Abhänge, die sie weiträumig hatten umgehen müssen, und kleine Schluchten, die sie nur sehr mühselig hatten überwinden können. Mit der Zeit jedoch flachte das Bergland ab, und die Hänge wurden besser passierbar.

      Oftmals wunderten sich die Ritter, denn das Gelände begann, lichter und offener zu werden, ohne, dass es einen erkennbaren Grund dafür gegeben hätte. Der Boden war fruchtbar, bewässert durch zahlreiche, kleine Bäche, und die Sonne schien freundlich und mild auf das Land herab. Dennoch gedieh hier kein wild wuchernder Urwald, wie man ihn in den Ordenslanden unter solchen Bedingungen hätte erwarten können. Die Bäume standen recht weit auseinander. Immer zahlreicher wurden die Lichtungen, auf denen das satte Grün kniehoch wuchs, und an deren Rändern sich so mancher beerentragende Busch finden ließ.

      Das Vorankommen wurde den Pferden immer leichter. Bald drängte sich Sejarl der Eindruck auf, er befände sich auf einem Spazierritt hin zu einem Festplatz, und nicht auf einer Abenteuerfahrt in der Fremde. Das Gelände fiel weiterhin sanft ab. Hierdurch in frohe Stimmung versetzt, erreichten die Ritter schließlich am Morgen des dritten Tages den ersten der breiteren Flussläufe, die sie vom Berghang aus gesehen hatten.

      Ein sanft vor sich hinplätschernder Arm war es. Sein Wasser sprang über steinerne Schnellen hinweg, und sein durch das glasklare Nass an vielen Stellen hindurch schimmernder Grund war kaum tief zu nennen. Die Ritter mussten nicht lange suchen, bis sie eine Furt gefunden hatten. Nach allen Seiten sprühten wässerne Perlen, während die schweren Stahlrösser schnell und unbehindert zum anderen Ufer gelangten.

      Als sie dieses hinauf ritten, fanden sich die Reisenden in einem sonnendurchfluteten Auwald wieder. Sein ganzer Boden war ein einziger Teppich aus Blauen Mittagsblüten. Diese Blumenart, die man in ihrer Heimat nur selten einmal, und wurde in den berühmtesten Gärten sorgsam gehütet. Niemals wuchsen sie dort wild an freien Flüssen. Durch diesen Hain ritten sie langsamer. An seinem Ende fanden sie einen weiteren Flussarm vor, den es zu durchqueren galt.

      Als sie über ihn hinwegblickten, sahen sie auf der anderen Seite etwas, dass sie beide unwillkürlich zusammenzucken ließ. Ein Schauer der tiefsten Verwunderung lief ihnen über den Rücken. Was sie sahen, war ein Baum, groß und hoch gewachsen. Er überragte alle anderen Bäume um ihn herum um das Doppelte. Trotzdem war er schlank und zart von Jugend. Die Blätter an diesem Baum zeigten alle Stadien, die sie im Laufe eines ganzen Jahres hätten annehmen sollen, in einem Moment gleichzeitig. So kam es, dass neben erblühendem, frischem Grün und anderen Blättern in der vollen Fülle des Sommers auch rostrote und orangene an den Zweigen hingen. Das merkwürdigste aber war, dass sich von diesem Herbstlaub auch andauernd ein kleiner Teil abfiel. Deshalb wehte von den Ästen des Baumes ein hauchfeiner, nebelgleicher Regen kleiner und kleinster Blätter und Blättchen nieder. In demselben hatte sich ein Regenbogen gebildet.

      Grimmig nickte Sejarl vor sich hin. Dann wandte er sich an seinen Ordensbruder: „Dir ist klar, wo wir hier sind?“

      „Natürlich. Das hier ist ein Trollwald.“ Auch Ihlsteg hatte die Erkenntnis verunsichert. Dennoch beeilte er sich, hinzuzufügen: „Dann stellt sich jetzt die Frage, ob die Trolle uns gut oder schlecht gesonnen sind.“

      „Auf jeden Fall dürfen wir uns nicht von dem schönen Schein trügen lassen“, sagte Sejarl. Von Kindesbeinen an hatte man ihn davor gewarnt, dass Trolle untereinander keine Unterschiede zwischen Gut und Böse machten, oder zwischen Klug und Dumm. Verschiedenartigste Wesen lebten bei ihnen an einem Ort zusammen. Was für einem Wesen sie hier zuerst begegnen mochten, war reine Glückssache.

      Von nun an ritten Sejarl und Ihlsteg vorsichtig und voller Misstrauen weiter, ständig die Seiten ihres Weges im Auge behaltend. Auch der zweite Flussarm war schnell durchritten und der Wald dahinter erstreckte sich ein gutes Stück weit geradeaus. Die Landschaft veränderte sich nicht wesentlich. Von bezaubernder Schönheit umgeben bemühten sich die Ritter, auf den von ihnen gefürchteten Zufall einer Begegnung vorbereitet zu sein. Dass der Augenschein trügen konnte, hatte man ihnen gründlich eingeschärft. Wo sich die einfachen Freuden der Natur in ihrer ganzen Pracht entfalteten, witterten sie hinter diesen eine Falle.

      So kamen sie gegen Mittag an den dritten Fluss, und dieser war um einiges breiter und tiefer als die beiden Läufe zuvor. Die Ordensmänner ritten an seinem Ufer auf und ab und fanden keinen Übergang. Die Sonne schien wohlig wärmend auf sie nieder und lud sie ein, sich im Gras zu einem Nickerchen niederzulassen. Gerade das verunsicherte sie weiter und brachte sie dazu, leicht schwitzend und nervös beisammen zu stehen und darüber zu beraten, was zu tun sei. Angestrengt dachten sie nach, kamen jedoch zu keinem Ergebnis, denn ihre Pferde waren zu schwer, um zu schwimmen, und mussten atmen, um auf die andere Seite des Flusses zu gelangen.

      Als sie so eine Zeitlang sich beratend, doch ratlos, dagestanden hatten, hörten sie hinter einem dicken, alten Baumstamm ein Kichern erklingen. Es war hell, offen und in keiner Weise unterdrückt.

      Hastig und irritiert zogen beide ihre Schwerter blank, worauf sich das Kichern noch verstärkte. Es ging in ein hohes, nach Atem ringendes Lachen über. Überrascht erstarrten die Ritter und sahen sich fragend an.

      Kurz darauf erstarb das Lachen in einem unterdrückten Glucksen. Dann folgte ein Rascheln, und hinter dem Baumstamm trat eine weibliche Gestalt hervor, die sich von ihrer Umgebung erst durch eben diese Bewegung abhob.

      Ein Trollmädchen!, durchfuhr es Sejarl. Zur Hälfte beruhigt ließ er seine Klinge sinken. Von diesem Geschöpf drohte ihnen kaum eine Gefahr.

      Dann betrachtete er sie etwas näher und eingehender. Ihre Größe und Gestalt waren die einer normalen, jungen Menschenfrau. Nur ihr Knochenbau war überaus stark ausgeprägt und ihr Gesicht und ihre Glieder, ja ihr ganzer Körper wirkten knubbelig. Ihrem breiten, von Sommersprossen gekrönten, Grinsen und ihrer kokett-schlaksigen Haltung tat das keinen Abbruch. Ihr hüftlanges Haupthaar wellte sich gleichzeitig in verschiedenen Brauntönen. Ihr ganzer, in tiefem Gold schimmernder Körper war mit einem hauchzarten Flaum bedeckt, über den Licht und Wind in Kaskaden hinwegspielten, wenn man sich darauf konzentrierte. Gekleidet war sie in einen knielangen Rock und eine Weste aus lose miteinander vernähten, weichen Rindenstücken, die mehr Einblicke zuließen, als sie verdeckten. Alles in Allem ergab sich für Sejarl das Bild eines ziemlich hübschen, kecken jungen Mädchens, das wohl auch in so mancher Menschensiedlung die meisten Frauen hätte ausstechen können.

      Die Trollin trat in hüpfendem Gang näher.

      „Na, ihr seid mir ja zwei Vögel“, meinte sie gut gelaunt. „Erst schafft ihr es nicht, über ein einfaches, kleines Flüsschen ´rüberzukommen, und dann greift ihr zu den Waffen, sobald ein unbewaffnetes, junges Mädchen auftaucht.“

      „Kannst du uns denn garantieren, dass uns keine Gefahr droht?“, fragte Sejarl geistesgegenwärtig.

      „Natürlich. Solange ihr euch ruhig verhaltet, werden meine Leute sich auch ruhig verhalten.“

      Erleichtert steckten auf diese Worte hin die Krieger ihre Schwerter wieder zurück. Zwar galten Trolle als unberechenbar, doch in einem Punkt waren sich jedwede Menschen, die ihnen je begegnet waren, vollkommen einig: Dass nämlich den Trollen die Lüge gänzlich fremd war und ihr Wort stets feststand.

      „Wer bist du?“, fragte Ihlsteg, СКАЧАТЬ