Till Türmer und die Angst vor dem Tod. Andreas Klaene
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Название: Till Türmer und die Angst vor dem Tod

Автор: Andreas Klaene

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738062090

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СКАЧАТЬ was du fühlst!«

      »Hast Recht, das ist leichter.«

      »Und, was ist es, was du fühlst?«

      »Natürlich eine total beeindruckende Kraft.«

      »Und was sonst noch?«

      »Schönheit. Leibliche Schönheit. So, dass ich sie betasten möchte.«

      »Noch was?«

      Till sah sie lächelnd an, wollte sehen, was in ihr vorging, bevor er mit seiner Antwort herausrückte. Er sah ihr an, dass sie genau zu wissen schien, was er meinte.

      »Marjet, auch wenn du es vielleicht gar nicht gewollt hast, dieses Bild ist voller Erotik.«

      Sie blickte vor sich auf den hellen Boden als würde sie denken: »Hab es mir doch gedacht!« Dann sagte sie: »Und jetzt hast du Lust, mit deinen Händen über diese Formen zu gleiten. Stimmt’s?«

      »Klar, ich denke, das möchte jeder normal tickende Mensch. Geht aber leider nicht«, sagte Till, während er den Delfinen mit ausge­strecktem Arm entgegen sprang. »Die sind da oben im Reich der Unberührbaren.«

      Als beide nach oben blickten und ihre Hand gegen die Sonne an die Stirn drückten, meinte sie: »Ich habe gleich …«, unterbrach ihren Satz jedoch sofort. Ganz oben, in der dritten Etage der terrassenartigen Schiffsaufbauten, stand ein Mann an der Reling. Er schien von dort aus schon länger beobachtet zu haben, was sich unten vor dem Relief tat. Jetzt winkte er herunter. Marjet winkte zurück und rief: »Hallo Ian, ich zeige meinem Gast gerade die Delfine. Wenn es noch okay ist, gehen wir gleich auch schnell in den Salon.«

      »Macht was ihr wollt«, rief er gut gelaunt herunter. »Aber was ihr auch tut, ihr müsst es ohne mich machen. Ich habe hier noch volles Programm.«

      »Ist schon in Ordnung«, rief sie.

      »Seht nur zu, dass ihr bis morgen früh von Bord seid. Die Pelorus Jack sticht früh in See.«

      Marjet winkte noch einmal, und Ian verschwand.

      »Das war Ian McStone«, sagte sie. »Ich mag ihn.«

      »Kapitän oder Eigner?«

      »Der Kapitän.«

      »Übrigens, du wolltest mir noch etwas sagen! Wir sind unter­brochen worden.«

      »Ja, weiß ich.«

      »Du sagtest, du habest gleich …«

      »… noch ganz andere schöne Formen für deine Hände.«

      »Das klingt gut«, sagte er, und seine Finger gerieten dabei in sanfte Bewegung, als ertasteten sie ein imaginäres Wesen.

      Marjet führte ihn durch einen breiten Eingang, der wie ein Maul unterhalb des Reliefs offen vor ihnen lag, in den Bauch des Schiffes. Sie gingen ein paar Stufen hinauf, bis sie auf eine Ebene gerieten, die Till an die nüchterne Eleganz einer Hotelhalle erinnerte. Durch die getönten Seitenfenster sah er auf die benachbarten Yachten. Sie standen hinter der Pelorus Jack, aufgebaut wie ein Hofstaat, der ergebenst auf Order seiner Königin wartete.

      Über eine breite Treppe ging es fünf Stufen nach unten. Auf der letzten angekommen, blieb Till stehen. Er hatte das Gefühl, Marjet nicht sogleich folgen zu dürfen. Diese letzte Stufe war für ihn wie der VIP-Platz auf einer Tribüne, denn was er von hier aus sah, war ein modernes Palastambiente, das er wie ein Bild betrachten wollte. Mit jedem Schritt voran würde er selbst zur Requisite dieser Szene werden und deren Ausstrahlung unweigerlich verändern.

      Ihm ging es nicht darum, detailliert die Möbel und Accessoires zu betrachten. Er wollte einfach kurz atmosphärisch in sich aufnehmen, was sich vor ihm ausbreitete: rechts über Eck eine Landschaft heller Lederpolster, davor runde Glastische. Ganz hinten links vor einem breiten Panoramafenster ein langer Tisch und Stühle aus maha­gonibraunem Holz.

      Till schaute zu der niedrigen, hellen Decke, in deren Glanz sich der Raum spiegelte und aus der heraus unzählige LED-Spots wie ein Himmel voller kleiner Sonnen die Salonwelt mit goldenem Licht beschienen. Was Marjet ihm zeigen wollte, hatte er ganz hinten, in der zweiten Hälfte des Salons, bereits wahrgenommen. Noch ging er aber nicht darauf ein, weil er es erst einmal für sich allein als Teil der Gesamtarchitektur erleben wollte.

      Dann ging er langsam weiter. Mitten im Salon blieb er stehen, genau an der Stelle, wo der Himmel mit seinen zahllosen Sonnen zu Ende war und den Augen freien Blick bis hoch zur Decke der zweiten Etage gewährte.

      Nun stand die Skulptur direkt vor ihm. Er streckte unweigerlich seine Hand nach ihr aus, wollte ihre glatte Haut, ihre athletischen Formen berühren und versuchte, in Marjets Gesicht zu lesen, ob er es durfte.

      »Tu es«, sagte sie mit charmanter Gönnermiene, »auch darum sind wir schließlich hier.«

      Till legte seine Hand auf ihren Rücken, ließ sie daran hinuntergleiten, immer weiter, bis zum Ansatz ihrer muskulösen Schwanzflosse. Dann blickte er über die gesamte Länge des schräg nach oben strebenden Delfins und fühlte sich von seiner geschmeidig kraftvollen Grazie regelrecht animiert, sich mit ihm in die Höhe zu strecken.

      Marjet setzte sich mit dem Rücken zu einer langen Fensterreihe auf eines der Sofas. Sie lehnte sich zurück, und als Till sich nach ihr umsah, legte sie ihre Hand einladend neben sich auf das Polster. Er blieb noch einen Moment bei dem Meeresriesen. Dann setzte er sich zu ihr, um seine Wirkung aus einem anderen Blickwinkel zu prüfen.

      »Er ist zwar im Wasser zu Hause«, sagte er nachdenklich, ohne seine Augen von der Skulptur zu lassen, »aber er sieht so aus, als wäre er auch hier völlig in seinem Element. So, als wäre dieser Raum ein Teil des Meeres, und er derjenige, der jede noch so schwierige Situation des Schiffes in den Griff kriegen kann.«

      »Kompliment, Till!«

      Er sah sie fragend an und wartete auf einen erklärenden Satz.

      »Du hast das Wesen meines Freundes ziemlich genau auf den Punkt gebracht.« Dann zeigte sie zu dem Delfin und sagte: »Das ist nämlich Pelorus Jack.«

      »Wie, die Skulptur ist nach dem Schiff benannt?«

      »Umgekehrt. Das Schiff hat den Namen des Delfins.«

      »Warum, was hat es denn damit auf sich?«

      Marjet schlug ein Bein über das andere und begann, ihm die angeblich wahre Geschichte eines außergewöhnlichen Delfins zu erzählen. Er habe Ende des 19. Jahrhunderts in der Cook-Straße gelebt, einer 35 Kilometer breiten Meeresenge zwischen Neuseelands nördlicher und südlicher Insel.

      »Damals gab es dort viele Schiffsunglücke, und die Seefahrer fürch­teten diesen Bereich wie den Tod. Konkrete Gründe waren die vielen Untiefen, gefährlichen Strömungen und Felsen unter Wasser. Aber dann entdeckten die Schiffsbesatzungen dort einen außergewöhnlichen Delfin, einen mit ungewöhnlich heller Haut und weißem Kopf. Mit der Zeit fiel ihnen auf, dass er immer dann auftauchte, wenn Schiffe vom Pelorus Sound – das ist einer der ganz langen Meeresarme Neuseelands – auf die Cook-Straße zusteuerten. Außerdem stellten sie fest, dass dort nie ein Schiff in Seenot geriet, wenn dieser Delfin neben einem Schiff her schwamm und es etwa zwanzig Minuten begleitete. Die Seefahrer gaben ihm dann den Namen Pelorus Jack. Manche haben vor der Cook-Straße sogar auf ihn gewartet, um sicher durch СКАЧАТЬ