Freie Republik Lich - 2023. Stefan Koenig
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Название: Freie Republik Lich - 2023

Автор: Stefan Koenig

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Zeitreise-Serie

isbn: 9783753191294

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СКАЧАТЬ Es ist dieser kurze Moment, in dem man den wichtigen, den bleibenden Eindruck gewinnt. Der Mann war charmant, hatte ein gewinnendes Lächeln, wenngleich die Entschlossenheit in seinem Blick dem Lächeln die echte Offenheit nahm. Sie mochte ihn auf Anhieb. Der Mann machte etwas her. Er trug einen schwarzen Aktenkoffer bei sich.

      *

      Das Jahr neigte sich dem Ende zu. Ein ungewöhnlich warmer Sommer mit einer lang anhaltenden Dürreperiode lag hinter uns. Das Gipfeltreffen zwischen zwei Rocket-Men hatte stattgefunden. Grobes Thema der zwei Grobiane: Weg mit den Atomraketen. Donald Trump und Kim Jong-un waren sich fast um den Hals gefallen, taten der Welt aber nicht den erhofften Gefallen.

      Im Gegenteil, sie rüsteten ihr Atomarsenal nicht ab sondern auf. Trump modernisierte seine Atombomben, brachte der Effektivität zuliebe seine Nuklearstreitmacht auf Vordermann. Kim spielte weiter mit seinen Mittelstreckenraketen, um sie für Langstreckentests weiterzuentwickeln und zum letzten Gefecht einsatzbereit zu machen.

      Anfang Dezember zeigte AKK vollen Einsatz und erkletterte mit Angies Anschubhilfe den Parteivorsitz der Christenunion. Besondere Vorkommnisse? Nein. Oder waren nicht alles besondere Vorkommnisse? Im Jahresrückblick wurde das Wort des Jahres erwähnt. Die Gesellschaft für deutsche Sprache hatte entschieden: Wegen der monatelangen Trockenheit in Deutschland hatte es »Heißzeit« auf Platz eins geschafft. Auf Platz zwei landete die »Funklochrepublik«.

      Der Moderator der Sendung erläuterte den Begriff, den ich zuerst für ein erfundenes Wortspiel in Anlehnung an »Eiszeit« hielt. Doch von »Heißzeit« reden Wissenschaftler tatsächlich, wenn die globale Durchschnittstemperatur langfristig um etwa vier bis fünf Grad Celsius steigt. Das Wetter war ungewöhnlich heiß gewesen, ich hatte es erlebt, wie auch diese merkwürdigen Gewitterkapriolen. „Am Himmel braute sich das düstere Szenario des Klimawandels zusammen“, fasste der Moderator zusammen. Ich konnte es bestätigen.

      Silvester feierte ich nicht in meinem guten alten Heimatstädtchen Laubach, wo ich noch immer mein Zuhause hatte und manchmal meinem Hobby frönte und an Zeitreise-Romanen schrieb. Zu Beginn des Jahres hatte ich den ersten Serienband über die1968er-Jahre abgeschlossen: »Sexy Zeiten – 1968 etc.« Es waren schließlich entscheidende Aufbruch- und Umbruchjahre gewesen. Der Muff der alten Zeit wurde von der Jugend hinweggefegt. Auch die penetrante Prüderie wurde durch die sogenannte sexuelle Revolution ins Abseits gedrängt. Beate Use, Uschi Glas, Oswalt Kolle und solche Typen rückten ins Licht der Öffentlichkeit.

      Die Frauenbewegung entstand und selbst der damalige Regierungschef, Willy Brandt von der SPD, forderte, man müsse endlich mehr Demokratie wagen. Es gab also viel zu berichten, Amüsantes wie Tragisches, Hoffnungsloses wie Hoffnungsvolles. Das Jahr 1968 feierte 2018 seinen Fünfzigsten. Und wie bei jedem Fünfzigjährigen, türmte sich mit den Jahren das eine oder andere Problem auf, an das in früheren Zeiten nicht gedacht worden war.

      Gerade aber hatte ich den Folgeband über die Hippie-Zeit im Visier: »Wilde Zeiten – 1970 etc.« Die ersten 30 Seiten hatte ich heruntergetippt, aber mehrmals überarbeiten müssen. Das erste Kapitel war immer eine große Hürde, eine erste kritische Schwelle. Aber dann hatte ich die flippige, hippie-mäßige Covergestaltung samt den damaligen Jugendsprüchen entworfen, und das ließ mich vorwärts blicken. Wenn ich den Einband vor Augen hatte, stieg die Motivation zum Schreiben.

      Auf dem Cover sollten typische Sprüche der damaligen Jugendkultur stehen: * Love & Peace * Keine Macht für niemand * Lieber gute Hippiefeten als US-Atomraketen * Behaltet euer Tränengas, es gibt genug zum Heulen! … Nun gut, wahrscheinlich kennen Sie das alles.

      Aber dann unterbrach ich mein Hobby und ich verbrachte die Tage zwischen den Jahren bei meiner Liebsten in Lich. Am letzten Tag im Jahr saßen wir gemütlich vor ihrem Kamin. Und dann dachte ich spontan an eine TV-Sendung – ob es die noch gab?

      Es gab sie noch. Nach Jahren der Abstinenz sah ich gemeinsam mit Stella wieder einmal »Dinner for one«. Es war wirklich immer wieder „the same procedure as every year.“ Wir schauten den Silvester-Klassiker, den wir seit unserer Jugend kannten und genossen – ohne rot zu werden.

      Da stolperte der gute alte Butler James elfmal über den Kopf eines ausgelegten Tigerfells und Miss Sophie erwartete, dass James als Admiral von Schneider mit dem schwedischen Ausruf für Prost – Skål! – die Hacken zusammenschlug.

      „Muss ich es dieses Jahr sagen, Miss Sophie?“

      Miss Sophie: „Mir zuliebe, James!“

      James: „Nur Ihnen zuliebe. Sehr wohl, ja, ja. Skål!“ Als die Füße des schon angetrunkenen James einander verfehlten, ließ es ihn straucheln, und Stella und ich amüsierten uns kindlich köstlich.

      Dann waren Dinner, Tigerfell, James und Miss Sophie »over«. Und der anschließend ins Bild tretende Moderator zählte in altbewährter Routine wieder die Sekunden herunter. Wir stießen mit Sekt an, küssten uns und wünschten uns für die Zukunft viel Glück, Liebe und ein frohes Schaffen.

      Hurra. Das Neue Jahr war da.

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