Altneuland. Theodor Herzl
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Название: Altneuland

Автор: Theodor Herzl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754183144

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СКАЧАТЬ alt bist du?« fragte er ihn.

      »Mir scheint zehn Jahr’,« antwortete David.

      »Was willst du werden?«

      »Lernen will ich. Viel lernen!«

      Friedrich seufzte unwillkürlich: »Und glaubst du, daß das genügt?«

      »Ja!« sagte David. »Ich hab’ gehört, wenn man gelernt hat, is man stark und frei. Gott wird mir helfen, daß ich lernen kann. Dann werd’ ich mit meine Eltern und Mirjam nach Erez Israel gehn.« »Nach Palästina?« fragte Friedrich erstaunt. »Was willst du dort?«

      »Das is unser Land. Dort können wir glücklich werden!« Der arme Judenjunge sah gar nicht lächerlich aus, als er sein Zukunftsprogramm energisch in zwei Worten angab. Friedrich mußte an die läppischen Humoristen Grün und Blau denken, die über den Zionismus ihre schalen Witze rissen. David fügte noch hinzu: »Und wenn ich etwas hab’, werd’ ich Ihnen zahlen.«

      »Ich hab ja das Geld nicht dir gegeben, sondern deinem Vater,« meinte Friedrich lächelnd.

      »Was man mei’ Taten gibt, hat man mir gegeben. Ich werd’ es zahlen — Gutes und Schlechtes.« David sagte es energisch und ballte seine kleine Faust gegen die Hausmeisterwohnung, vor der sie jetzt angelangt waren.

      Friedrich legte seine Hand auf das Haupt des Jungen: »Möge dir der Gott unserer Väter beistehen!«

      Und er wunderte sich selbst über seine Worte, nachdem er sie gesprochen. Seit den Tagen der Kindheit, da er mit seinem Vater zum Tempel gegangen war, hatte Friedrich vom »Gott unserer Väter« nichts mehr gewußt. Diese merkwürdige Begegnung aber weckte das Alte, Vergessene in ihm auf, und sekundenlang überflog ihn ein Heimweh nach dem starken Glauben der Jugendzeit, in der er mit dem Gott der Väter noch in Gebeten verkehrte.

      Der Hausmeister schlurrte heran. Friedrich sagte ihm: »Von jetzt ab werden Sie diese armen Leute in Ruhe lassen — sonst haben Sie es mit mir zu tun! Verstanden?«

      Da diese Worte von einem neuerlichem Trinkgelde begleitet waren, begnügte sich der Grobe, ein »Küß’ d’ Hand, Euer Gnaden!« zu murmeln. Friedrich gab dem kleinen David die Hand und trat auf die einsame Lände hinaus.

      In dem Briefe, den Friedrich von dem N.0. Body der Zeitungsannonce erhalten hatte, war ein vornehmes Hotel auf der Ringstraße als Ort der Zusammenkunft angegeben. Um die bezeichnete Stunde fand er sich ein und fragte nach Mister Kingscourt. Man wies ihn nach einem Salon des ersten Stockes. Als er eintrat, kam ihm ein hoher, breitschultriger Mann entgegen:

      »Sind Sie Doktor Löwenberg?«

      »Der bin ich.«

      »Nehmen Sie einen Stuhl, Doktorl«

      Sie setzten sich. Friedrich betrachtete den Fremden aufmerksam und wartete auf dessen Erklärungen. Mr. Kingscourt war ein Mann in den Fünfzigern, mit ergrauendem Vollbart und dichtem braunen Haupthaar, das von Silberfäden durchzogen war und an den Schläfen schon weiß schimmerte. Er rauchte in langsamen Zügen eine große Zigarre.

      »Rauchen Sie, Doktor?«

      »Jetzt nicht,« gab Friedrich zur Antwort.

      Mr. Kingscourt hauchte mit Sorgfalt einen Rauchring in die Luft, folgte der Auflösung der wolkigen Linien mit Spannung, und erst nachdem sie ganz verschwebt waren, sagte er, ohne seinen Gast anzusehen: »Warum sind Sie lebensüberdrüssig?«

      »Darüber gebe ich keine Auskunft,« erwiderte Friedrich ruhig. Mr. Kingscourt sah ihn jetzt voll an, nickte zustimmend, streifte die Asche seiner Zigarre ab und sprach: »Hol’s der Deibel, Sie haben Recht. Das geht mich ja auch nichts an … Wenn wir handelseins werden, wird schon die Zeit kommen, wo Sie es mir erzählen. Einstweilen will ich Ihnen sagen, wer ich bin. Mein eigentlicher Name ist Königshoff. Ich bin ein deutscher Edelmann. Ich war in meiner Jugend Offizier, aber der Waffenrock wurde mir zu eng. Ich kann’s nicht leiden, daß ein fremder Wille über mir ist, und wär’s der beste. Das Gehorchen war gut für ein paar Jahre. Aber dann mußt’ ich fort. Ich wär’ sonst explodiert und hätte Schaden angerichtet … Ich ging nach Amerika, nannte mich Kingscourt, erwarb mir in zwanzig Jahren blutschwitzender Arbeit ein Vermögen — und als ich so weit war, nahm ich ein Weib … Was sagen Sie, Doktor?«

      »Nichts, Mr. Kingscourt!«

      »Gut. Sie sind unverheiratet?«

      »Jawohl, Mr. Kingscourt … aber ich dachte. Sie würden mir sagen, worin das letzte Experiment besteht, das Sie mir vorzuschlagen haben.«

      »Ich bin schon dabei, Doktor … Wenn wir beisammen bleiben sollten, werde ich Ihnen ausführlich erzählen, wie ich es anfing mich hinaufzuarbeiten, bis ich meine Millionen hatte. Denn ich habe Millionen … Was sagen Sie?«

      »Nichts, Mr. Kingscourt.«

      »Energie ist alles, Doktor! Darauf kommt’s an. Was man recht stark will, das erreicht man unbedingt totsicher. Ich sah erst drüben in Amerika ein, was wir Europäer für ein faules, willenloses Gesindel sind. Hol’ mich der Deibel! … Kurz, ich hatte Erfolg. Aber als ich soweit war, da begann ich meine Einsamkeit zu fühlen. Der Zufall wollte es, daß ein Königshoff Dummheiten gemacht hatte, der bei der Garde stand, ein Sohn meines Bruders. Ich nahm den Burschen zu mir, gerade um die Zeit, da ich auf Freiersfüßen ging. Ja, ich wollte mir einen Hausstand gründen, einen Herd, eine Frau suchen, die ich mit Juwelen behängen konnte wie jeder andere Parvenü. Ich sehnte mich nach Kindern, damit ich doch wisse, warum ich stets so furchtbar geschuftet hatte. Ich meinte es verdammt schlau anzufangen, indem ich ein armes Mädchen zur Frau nahm. Sie war die Tochter eines meiner Angestellten. Hatte ihr und ihrem Vater viel Gutes erwiesen. Natürlich sagte sie ja. Das hielt ich für Liebe, aber sie war nur dankbar oder vielleicht feige. Sie wagte nicht, mich abzuweisen. So richteten wir ein Haus ein, und mein Neffe wohnte bei uns. Sie werden sagen, daß es eine Dummheit war — ein alter Mann zwischen zwei jungen Leuten, die sich finden mußten. Ich habe mich auch in der ersten Zeit nach der Entdeckung einen Esel gescholten. Aber wenn nicht er, wäre es ein anderer gewesen. Kurz, die beiden haben mich betrogen — ich glaube, vom ersten Augenblick an. Als ich es herausfand, war mein erster Griff nach dem Revolver. Dann sagte ich mir, daß eigentlich nur ich der Schuldige war. Da ließ ich sie laufen. Gemeinheit ist menschlich, und jede Gelegenheit ist eine Kupplerin. Man muß den Menschen ausweichen, wenn man an ihnen nicht zugrunde gehen will. Sehen Sie, das war mein Zusammenbruch. Da schlich der Gedanke heran, mit einer Kugel der schäbigen Komödie des Lebens ein Ende zu machen. Aber es fiel mir ein, daß man zum Erschießen ja noch immer Zeit hat. Freilich, das Anhäufen von Geld war jetzt für mich sinnlos geworden. Zum Erwerben hatte ich keine Lust mehr, vom Traum der Familie hatte ich genug. Blieb noch die Einsamkeit als letztes Experiment. Aber eine große, unerhörte Einsamkeit mußte es sein. Nichts mehr wissen von den Menschen, ihren elenden Kämpfen, Unsauberkeiten, Treulosigkeiten. Die wirkliche, echte, tiefe Einsamkeit ohne Wunsch und Ringen. Die volle wahre Rückkehr zur Natur! Diese Einsamkeit ist das Paradies, das die Menschen durch ihre Schuld verloren haben. Und diese Einsamkeit habe ich gefunden.«

      »So? Sie haben sie gefunden?« sagte Friedrich, der noch nicht erriet, wo der Amerikaner hinauswollte.

      »Ja, Doktor, ich habe meine Geschäfte aufgelöst und bin meinen Bekannten wieder einmal entronnen. Niemand weiß, wo ich hingekommen bin. Habe mir eine gute Jacht gebaut und bin auf ihr, wie man sagt, verschollen. Viele Monate bin ich auf den Meeren umhergetrieben. Das ist ein herrliches Leben, СКАЧАТЬ