Anna das Mädchen aus Dalarne. Selma Lagerlöf
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Название: Anna das Mädchen aus Dalarne

Автор: Selma Lagerlöf

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Löwensköld-Trilogie

isbn: 9783754179987

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СКАЧАТЬ ruhiger, als sie sah, wie er an ihr vorbeiging, ohne zu grüßen oder ein Wort zu sagen, gerade wie wenn er ihre Anwesenheit gar nicht bemerkt hätte.

      Sicherlich war da etwas nicht so, wie es sein sollte. Alle Kinder der Frau Oberst waren ja sonst immer höflich und freundlich. Diesem Sohn hier mußte ein großes Unglück zugestoßen sein. Er ging vom Flur geradewegs in das Zimmer des Bürgermeisters hinein, und die Jungfer sah, daß er sich in dem Schaukelstuhl niederließ. Aber er blieb nicht lange darin sitzen. Gleich darauf trat er an den Schreibtisch und begann in den Papieren des Bürgermeisters zu fingern.

      Sie mußte ja in die Küche hinaus und auf die Uhr sehen, damit die Eier zum Frühstück des Bürgermeisters nicht zu hart würden, und dann mußte sie auch für den Kaffee sorgen. Aber sie mußte dabei doch immer an den jungen Ekenstedt denken. Alle Augenblicke lief sie ins Zimmer hinein, um einen Blick auf ihn zu werfen.

      Jetzt wanderte er da auf und ab. Bald war er am Fenster und bald an der Tür, und die ganze Zeit redete er laut mit sich selbst.

      Ist es verwunderlich, daß sie Angst bekam? Die Frau Bürgermeister war mit den Kindern bei Verwandten auf dem Lande, und die anderen Dienstboten waren beurlaubt. Die Jungfer war allein in der Wohnung, und die ganze Verantwortung lag auf ihr.

      Was sollte sie nur mit dem, der da drinnen im Zimmer des Bürgermeisters herumlief und aussah, als habe er den Verstand verloren, anstellen? Wie, wenn er etwas von den wichtigen Dokumenten, die auf dem Schreibtisch lagen, vernichtete? Und doch konnte sie auch nicht ihre Arbeit im Stiche lassen, um ihn zu beaufsichtigen.

      Da kam der alten verständigen Jungfer ein Gedanke, und sie fragte Karl Artur, ob er nicht ins Eßzimmer kommen und in der Wartezeit eine Tasse Kaffee zu sich nehmen wolle? Karl Artur sagte nicht nein, sondern ging sofort mit ihr. Und darüber war sie außerordentlich froh, denn solange er am Kaffeetisch saß, konnte er doch keinen Unfug anstellen.

      Er setzte sich gerade auf den Platz des Bürgermeisters, und die Kaffeetasse, die die Jungfer eingeschenkt hatte, trank er in einem Zuge aus, ohne sich darum zu kümmern, daß der Kaffee kochend heiß war. Dann griff er selbst nach der Kanne, die sie auf den Tisch gestellt hatte, schenkte sich noch eine Tasse ein und trank auch diese aus. Er nahm weder Zucker noch Sahne, goß nur den brühheißen Trank in sich hinein.

      Als er die zweite Tasse ausgetrunken hatte, mußte er wohl bemerkt haben, daß die Jungfer auf der anderen Seite des Tisches stand und ihn betrachtete, denn er wandte sich jetzt zu ihr und sagte:

      »Sie haben sehr guten Kaffee für mich gekocht. Das ist sehr gut von Ihnen. Es ist gewiß das letztemal, daß ich überhaupt Kaffee bekomme.«

      Dies sagte er überaus leise, sie konnte die Worte gerade noch verstehen. Es hatte den Anschein, als wolle er ihr ein großes Geheimnis anvertrauen.

      »Ach, Sie bekommen wohl auch guten Kaffee bei der Pröpstin in Korskyrka«, erwiderte die Jungfer.

      »Jawohl, den bekäme ich schon«, antwortete er, indem er dabei in ein leichtes albernes Lachen ausbrach. »Aber sehen Sie, ich komme nun nie mehr dorthin.«

      Daran war nichts Sonderbares. Die jungen Geistlichen wurden ja bald dahin, bald dorthin geschickt. Die Jungfer fühlte sich etwas beruhigter. »Ich glaube, in den Pfarrhäusern, wohin Sie, Herr Magister, auch immer kommen mögen, macht man überall guten Kaffee«, sagte sie.

      »Meinen Sie denn, es gäbe auch im Gefängnis guten Kaffee?« fragte er mit noch leiserer Stimme. »Dort wird es sicherlich mit Kaffee und Kuchen aus sein.«

      »Aber Sie sollen doch nicht ins Gefängnis? Warum denn um alles in der Welt?«

      Er wendete sich fast ganz von ihr weg. »Ich will auf diese Frage keine Antwort geben«, sagte er.

      Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder dem Eßtisch zu. Er strich Butter auf ein Stück Brot, legte Käse darauf und aß wie ein Ausgehungerter, biß gierig große Stücke ab und schluckte, fast ohne zu kauen. Die Jungfer fing an zu glauben, er sei nur ganz ausgehungert, sonst fehle ihm nichts. Sie ging in die Küche und holte die für den Bürgermeister bestimmten Eier. Karl Artur verschlang die beiden Eier wie nichts und griff dann aufs neue nach Brot und Butter. Und mitten unter dem eifrigen Essen fing er wieder zu sprechen an:

      »Es sind heute sehr viele Tote in der Stadt unterwegs.«

      Das sagte er sehr gelassen und gleichgültig, wie wenn er gesagt hätte: »Es ist schönes Wetter heute.« Aber die Jungfer konnte sich doch eines kleinen Schreckens nicht erwehren, und das mußte er gemerkt haben.

      »Meinen Sie, was ich sage, sei sonderbar? Ja, es ist wohl etwas Sonderbares daran, daß ich die Toten sehe, das glaub' ich selbst auch. Soviel ich weiß, ist das früher niemals bei mir vorgekommen, nein, niemals, erst nach dem, was ich heute früh um sieben Uhr erlebt habe.«

      »Ach so«, sagte die Jungfer.

      »Ja, sehen Sie, da bekam ich einen schweren Herzkrampf. Ich wollte von Hause in die Stadt gehen, aber ich konnte nicht, ich mußte mich am Lattenzaun unseres Gartens festhalten. Da sah ich den Dompropst Sjöborg mit seiner Gattin daherkommen. Sie kamen ganz genauso wie gewöhnlich, wenn sie am Sonntag bei uns zu Mittag aßen. Sie wußten natürlich schon, was ich getan hatte, und sagten zu mir, ich solle hierher zum Herrn Bürgermeister gehen, meine Missetat bekennen und verlangen, daß ich gestraft werde. Ich erwiderte zwar, das sei unmöglich, aber sie bestanden eigensinnig darauf.«

      Karl Artur unterbrach sich, goß sich eine neue Tasse Kaffee ein und trank sie sofort aus. Er betrachtete die Jungfer mit prüfenden Blicken, wie um zu sehen, auf welche Weise sie das aufnahm, was er ihr eben berichtet hatte.

      Aber die Jungfer sagte nur ganz ruhig: »Es gibt viele Menschen, die Tote gesehen haben, deshalb brauchen Sie, Herr Magister, doch nicht …«

      Man sah es Karl Artur an, wie er sich über diese Antwort freute.

      »Das glaube ich sicher auch. Ich bin vollständig wie sonst, bis auf dieses einzige.«

      »Ja gewiß«, sagte die Jungfer. Sie hielt es fürs beste, ihm zuzustimmen und gleichgültig auszusehen; aber sie wünschte allmählich dringend, der Bürgermeister möchte nach Hause kommen.

      »Ich widersetze mich ihrem Willen nicht«, sagte Karl Artur. »Aber ich bin ja noch bei vollem Verstand, und so weiß ich, daß mich der Herr Bürgermeister nur auslachen wird. Ich habe eine schwere Schuld auf meinem Gewissen, das leugne ich nicht, aber es ist ja nichts, wofür ich festgenommen und verurteilt werden kann.«

      In demselben Augenblick schloß er die Augen und bog sich zurück. Das Stück Brot, das er in der Hand hielt, fiel auf den Boden, sein Gesicht verzerrte sich, wie wenn er furchtbare Schmerzen hätte; aber der Anfall ging merkwürdig rasch vorüber.

      »Es ist ein Herzkrampf«, sagte er. »Ist es nicht sonderbar; er überfällt mich, sobald ich sage, daß ich es nicht tun könne.«

      Er stand vom Tisch auf und ging wieder im Zimmer auf und ab.

      »Ich soll es tun«, sagte er, und jetzt hatte er vollständig vergessen, daß die Jungfer neben ihm stand und ihm zuhörte. »Ich will es tun, ich werde dem Bürgermeister sagen, daß ich etwas getan habe, wofür er mich strafen kann. Ich werde ihm sagen, ich hätte den Tod eines Menschen verursacht. Es wird mir schon etwas einfallen. Ich muß sagen, ich hätte es mit Absicht getan.«

      Er trat wieder zu der Jungfer. »Denken СКАЧАТЬ