Ein Lotterielos. Jules Verne
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Название: Ein Lotterielos

Автор: Jules Verne

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754184370

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Der Bursch war an den Tisch getreten und Frau Hansen hatte ihm eine Herzstärkung eingegossen, die dort oben gegen die Abendnebel immer von gar heilsamer Wirkung ist. Der Bursch ließ auch keinen Tropfen in der kleinen Tasse. Dann sagte er: »Godaften!« und Frau Hansen antwortete: »Godaften, mein Jung!«

      Das ist in Norwegen der Abendgruß. Er wurde schlicht ausgetauscht. Nicht einmal mit dem Kopfe wurde dabei genickt, und ohne sich um die lange Strecke zu scheren, die er noch zu laufen hatte, machte der Bursch sich auf den Weg. Seine Schritte hatten sich bald unter den Bäumen des Pfades verloren, der neben dem tosenden Bache einherläuft.

      Unterdes sah Hulda noch immer auf den Brief von Ole und bekundete nicht die geringste Eile, ihn aufzumachen. Man bedenke doch! diese schwache dünne Papierhülle hatte quer über den Ozean laufen müssen, um bis zu ihr hin zu gelangen, quer durch das weite große Meer, in das sich alle Flüsse und Bäche des westlichen Norwegens ergießen. Sie musterte die verschiedenen Poststempel auf dem Briefe: am 15. März war er auf die Post gegeben worden und am 15. April erst in Dal eingetroffen. Was? also vor vier Wochen hatte Ole den Brief schon geschrieben! was hatte in diesen vier Wochen nicht altes dort draußen, in den Gewässern von Neufundland, passieren können! stand man denn nicht noch in der Winterszeit? in der gefahrvollen Epoche der Tag- und Nachtgleiche? sind nicht diese Fischgründe mit den schrecklichen Stürmen, die der Pol quer über die nordamerikanischen Ebenen zu ihnen hinüber jagt, die schlechtesten Striche der Erde? Ein mühseliges, gefährliches Handwerk solches Fischerhandwerk, dem Ole oblag! und wenn er ihm oblag, dann durchaus nicht, um für sich, sondern bloß für sie, seine Braut, die er nach der Heimkehr heiraten sollte, den Gewinn daraus heimzubringen – armer Ole! was schrieb er in diesem Briefe? Ganz ohne Zweifel, daß er seiner Hulda nach wie vor in Liebe zugetan sei, wie Hulda ihrem Ole – und daß ihre Gedanken, so groß auch die Entfernung sei, die zwischen ihnen läge, den Weg zueinander fänden und daß er den Tag seiner Heimkehr nach Dal herbeisehne mit allen Fasern seines Herzens!

      Ja! das mußte alles drinstehen in diesem Briefe: Hulda wußte es ganz genau! aber vielleicht stand weiter drin, daß seine Heimkehr in Bälde bevorstehe, daß dieser Fischzug, der das Bergensche Seevolk soweit von seiner heimatlichen Scholle riß, bald zu Ende sei! vielleicht auch, daß der »Viken« beim Verstauen seiner Ladung sei, daß er sich zur Abfahrt rüste, daß noch ehe der April zu Ende gehe, sie beide beisammen sitzen würden in dem glücklichen Heim des Westjorddal? Vielleicht stand endlich gar drin, daß man schon den Tag festmachen könne, wann der Pastor von Möl herüber kommen könne, um sie in der bescheidenen Holzkapelle zusammenzutun, deren Kirchturm, wenige hundert Schritte von Frau Hansens Herberge entfernt, aus einem Baumdickicht emporstieg?

      Um das alles zu wissen, brauchte doch einfach nur das Siegel des Briefumschlags gelöst, Oles Brief herausgenommen und gelesen werden, wenn auch Tränen in Huldas Augen treten sollten, und zwar, je nach seinem Inhalt, Schmerzens- oder Freudentränen, ... und ganz ohne Zweifel hätte auch schon mehr denn eine ungeduldige Maid im Süden, eine Tochter Dalekarliens oder Dänemarks oder Hollands, längst gewußt, was die junge norwegische Maid noch immer nicht wußte! Aber Hulda saß in Träume versunken, und Träume finden ihr Ende immer erst, wenn Gott ihr Ende zu schicken geruht, und wie oft tut es einem leid um Träume, wenn die Wirklichkeit mit ihrer nüchternen Prosa an ihre Stelle tritt!

      »Meine Tochter,« sagte nun Frau Hansen, »der Brief, den dir dein Bruder schickt, ist doch auch wirklich von Ole?«

      »Ja doch, Mutter! ich hab doch gleich die Schrift erkannt.«

      »Na, willst wohl mit dem Lesen warten bis morgen?«

      Ein letztes mal betrachtete Hulda den Briefumschlag; dann machte sie ihn auf, aber ohne es sonderlich eilig damit zu haben, nahm einen auffällig akkurat geschriebenen Brief heraus und las wie folgt:

      Saint-Pierre-Miquelon, 17. März 1882.

      Liebste Hulda!

      Du wirst zu deiner Freude hören, daß wir einen glücklichen Fischzug gemacht haben und in ein paar Tagen damit fertig sein werden. Ja! der Zug geht zu Ende! Ein Jahr bin ich nun weg! wie freue ich mich drauf, wieder zu Hause, wieder in Dal zu sein! dort die einzige Familie wiederzufinden, die mir bleibt – deine Familie!

      Was auf meinen Anteil als Gewinn fällt, macht ein hübsches Sümmchen aus. Es reicht für unsere Einrichtung! Unsre Reeder in Bergen, die Herren Brüder Help, Söhne von Herrn Help jun., sind schon benachrichtigt, daß der »Viken« wahrscheinlich zwischen dem 15. und 20. Mai einlaufen wird. Du kannst dich also gefaßt darauf machen, mich um diese Zeit herum, also höchstens in ein paar Wochen, zu erwarten.

      Liebste Hulda, ich rechne darauf, dich schmucker wiederzufinden als ich dich bei der Ausfahrt verlassen habe, und, gleichwie dein Mutting, bei recht guter Gesundheit. Bei guter Gesundheit auch den strammen, wackern Kameraden, meinen Vetter Joel, dein Brüderchen, das nun bald auch mein Brüderchen sein soll.

      Wenn du den Brief hier kriegst, dann bestelle recht viele schöne Grüße an Frau Hansen, die ich von hier aus in ihrem Holzstuhle, nahe dem alten Herde in der großen Stube sitzen sehe. Sag ihr von neuem, daß ich sie doppelt liebe: einmal weil sie deine Mutter, zum andern male, weil sie meine Tante ist.

      Mach dir auf keinen Fall die Ungelegenheit, mich in Bergen abzuholen! Es könnte nämlich sein, der »Viken« käme früher schon als ich bettle. Ganz gleich wann wir landen, 24 Stunden drauf, liebste Hulda, kannst du rechnen, mich in Dal ankommen zu sehen. Bloß erschrick mir nicht, Mädel, wenn ich etwa früher kommen sollte.

      Wir sind während des Winters, des schlimmsten, dessen sich unsere Seeleute erinnern können, von den schweren Stürmen derb geschüttelt worden. Zum Glück hat's an der großen Bank Stockfische über Stockfische gesetzt. Der »Viken« bringt ihrer an 5000 Viertelzentner mit, ablieferbar in Bergen und von Firma Gebrüder Help, Söhne von Help sen., schon wieder verkauft! Was schließlich die Familie zumeist interessieren dürfte, ist und bleibt, daß wir einen glücklichen Fischzug gehabt haben, und daß die Profite für mich, da ich einen vollen Anteil besitze, sehr gut ausfallen werden! Sind es nun auch nicht gerade Schätze, die ich mit heimbringe, so habe ich doch die Meinung, ja ich möchte sagen eine Art Vorgefühl, daß mich ein Schatz bei der Heimkehr erwartet. Jawohl! ein Schatz! vom Glücke gar nicht zu reden! Wieso? ja, siehst du, das ist mein Geheimnis, herzige Hulda, und ich denke, du verzeihst es mir, daß ich vor dir ein Geheimnis habe.

      Es ist das einzige! Zudem sollst du es erfahren – wann? na, sobald der Augenblick dazu da ist; vor der Hochzeit, wenn sie etwa durch einen unvorhergesehenen Störenfried von Zufall sich hinausziehen sollte – nach der Hochzeit, wenn ich zur besagten Zeit daheim bin und wenn du in der Woche drauf mein Weib geworden bist, wie ich es so von ganzem Herzen wünsche.

      Ich umarme dich und küsse dich, liebste Hulda! ich beauftrage dich, Frau Hansen und Vetter Joel einen Kuß für meine Rechnung zu geben. Einen Kuß noch auf deine Stirn, auf der die funkelnde Brautkrone vom Telemarken sich ausnehmen wird wie ein Glorienschein.

      Zum letzten male, liebste Hulda! ade, ade!

      Dein Bräutigam

       Ole Kamp.

      Zweites Kapitel.

      Dal – bloß ein paar Häuser: die einen längs einer Straße, die im Grunde genommen bloß ein Pfad ist, die anderen verstreut über den Bergrücken in der Nähe. Mit der Vorderseite stehen sie dem als Westfjorddal schon genannten schmalen Tale, mit dem Rücken dem Viereck der Hügel im Norden zugekehrt, an deren Fuße der Gießbach Maan fließt. Alle Gebäude zusammen würden, wenn sie einem einzigen Grundbesitzer gehörten, oder von einem einzigen Pächter bewirtschaftet würden, einen der im Lande sehr häufigen СКАЧАТЬ