Germinal. Emile Zola
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Название: Germinal

Автор: Emile Zola

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754175019

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СКАЧАТЬ lange her, daß er und die Seinen in den Minengängen arbeiten. Die Familie stand im Dienste der Bergwerksgesellschaft von Montsou seit der Gründung des Unternehmens. Das war lang her, schon hundert Jahre. Sein Großvater, Wilhelm Maheu, hatte als fünfzehnjähriger Bursche die Steinkohle in Réquillart entdeckt; es war die erste Grube der Gesellschaft; sie liegt dort unten in der Nähe der Zuckerfabrik Fauvelle und ist jetzt längst aufgelassen. So wußte es das ganze Land; zum Beweise dessen hieß das entdeckte Kohlenlager »Wilhelmsschacht« nach dem Vornamen seines Großvaters. Er hatte ihn nicht gekannt; es war, wie man erzählte, ein großer, sehr starker Mensch, der mit sechzig Jahren an Altersschwäche gestorben war. Sein Vater, Nikolaus Maheu, genannt der Rote, war mit kaum vierzig Jahren im Voreuxschachte geblieben, der zu jener Zeit gegraben wurde; es fand ein Einsturz statt, eine vollständige Verschüttung; die Felsen verschlangen Blut und Knochen. Später hatten zwei seiner Oheime und seine drei Brüder gleichfalls ihre Haut dagelassen. Er selbst, Vinzent Maheu, der fast ganz, nur mit geschwächten Beinen aus der Grube hervorgegangen war, galt deshalb für einen Schlaumeier. Was war übrigens zu machen? Man mußte doch arbeiten und tat es vom Vater auf den Sohn, wie man etwas anderes getan hätte. Sein Sohn Toussaint Maheu schund sich jetzt dort ab, und auch seine Enkel, seine ganze Familie, die da drüben im Dorfe wohnte. Hunder[?][Evtl. Fehler des Setzers. "Hundert" dürfte richtig sein(?)] Jahre Frone, nach den Alten die Jungen, immer für den nämlichen Herrn: ist das schön? Nicht viele Spießbürger könnten so leicht ihre Geschichte hersagen.

      »Wenn man wenigstens zu essen hat«, murmelte Etienne wieder.

      »Das sage ich auch; solarige man Brot hat, kann man leben.«

      Bonnemort schwieg und wandte die Augen nach dem Dorfe, wo jetzt Lichter angezündet wurden, eines nach dem andern. Im Kirchturm zu Montsou schlug es vier Uhr; die Kälte wurde noch empfindlicher.

      »Ist eure Gesellschaft reich?« fragte Etienne weiter. Der Greis zog die Schultern in die Höhe und ließ sie wieder sinken, gleichsam erdrückt durch einen Berg von Talern.

      »O ja, o ja... Vielleicht nicht so reich wie ihre Nachbarin, die Gesellschaft von Anzin. Aber doch Millionen und Millionen; es ist gar nicht zu zählen... Neunzehn Schächte, davon dreizehn zur Ausbeutung, le Voreux, der Siegesschacht, Crèvecoeur, Mirou, Sankt-Thomas, der Magdalenenschacht, Feutry-Cantel und noch andere; sechs für die Förderung und die Lüftung, wie Réquillart... Zehntausend Arbeiter; Bodenrechte, die sich auf siebenundsechzig Gemeinden erstrecken, eine Förderung von täglich fünftausend Tonnen; eine Eisenbahn, die sämtliche Gruben verbindet; und Werkstätten und Fabriken!... O ja, Geld ist da!...«

      Ein Rollen von Hunden über die Gerüste ließ den großen, gelben Gaul die Ohren spitzen. Der Aufzugskasten unten schien inzwischen ausgebessert zu sein; die Männer an der Winde hatten ihre Arbeit wiederaufgenommen. Während der Kärrner seinen Gaul anspannte, um wieder hinabzufahren, sagte er zu dem Tiere in sanftem Tone:

      »Vertrackter Faulpelz, du sollst dich nicht ans Schwatzen gewöhnen!... Wenn Herr Hennebeau wüßte, wie du die Zeit vergeudest!«

      Etienne schaute nachdenklich in die Nacht hinaus und fragte:

      »Das Bergwerk gehört also Herrn Hennebeau?«

      »Nein,« erklärte der Alte, »Herr Hennebeau ist nur der Generaldirektor; er wird ebenso bezahlt wie wir.«

      Der junge Mann wies mit einer Handbewegung in die unermeßliche, dunkle Ferne hinaus und fragte weiter:

      »Wem gehört denn all dies?«

      Doch Bonnemort ward jetzt von einem neuen, dermaßen heftigen Anfall ergriffen, daß er nicht zu Atem kommen konnte. Als er endlich ausgespien und den schwarzen Schaum von seinen Lippen weggewischt hatte, sprach er in den wieder schärfer gewordenen Wind hinaus:

      »Wie? Wem all dies gehört? Man weiß es nicht; es gehört Leuten.«

      Er wies in der Dunkelheit nach einem unbestimmten Punkte, nach einem unbekannten, fernen Orte, bevölkert von den Leuten, für welche die Maheu seit hundert Jahren in den Bergwerken arbeiteten. Seine Stimme hatte eine andächtige Scheu angenommen; es war, als spreche er von einem unnahbaren Heiligtum, wo der gesättigte Gott im Verborgenen weilte, dem sie Leib und Leben hingaben, und den sie noch niemals gesehen hatten.

      »Wenn man sich doch wenigstens mit Brot sattessen könnte«, sagte Etienne zum dritten Male, ohne scheinbaren Übergang.

      »Ach ja, wenn man immer Brot zu essen hätte, es wäre zu schön!...«

      Das Pferd hatte sich in Gang gesetzt, auch der Kärrner verschwand mit dem schleppenden Gang eines Invaliden. Der Handlanger bei der Entleerungsvorrichtung hatte sich nicht gerührt; er saß zu einer Kugel zusammengerollt da, das Kinn zwischen den Knien, und starrte mit den großen, matten Augen ins Leere.

      Etienne hatte sein Bündel wieder an sich genommen, entfernte sich aber noch nicht. Er fühlte, wie ihm der Rücken in dem eisigen Winde erstarrte, während seine Brust vor dem großen Kohlenfeuer briet. Vielleicht würde er doch gut tun, sich an die Bergwerksverwaltung zu wenden; der Alte war vielleicht nicht recht unterrichtet; überdies fügte er sich in sein Schicksal und war bereit, jegliche Arbeit anzunehmen. Wohin sollte er gehen, und was sollte aus ihm werden in dieser durch den Arbeitsmangel ausgehungerten Gegend? Sollte er hinter einer Mauer verrecken wie ein verlaufener Hund? Doch, hielt ein Zögern ihn zurück, eine Angst vor dem Voreuxschachte inmitten dieser kahlen, in tiefe Nacht getauchten Ebene. Der Wind schien mit jedem Stoße stärker zu werden, als blase er von einem immer mehr sich erweiternden Horizonte her. An dem nachttoten Himmel wollte noch immer kein Morgendämmer sich zeigen; nur die Hochöfen und die Koksöfen flammten in der Finsternis mit blutrotem Schein, ohne die Ferne zu erhellen. Der Voreuxschacht, in seinem Loche hockend wie ein bösartiges Tier, duckte sich noch mehr und atmete tiefer und länger, gleichsam bedrückt durch seine mühsame Verdauung von Menschenfleisch.

       Zweites Kapitel

      Inmitten der Getreide- und Rübenfelder schlief das Grubendorf der Zweihundertundvierzig in der finsteren Nacht. Man unterschied nur undeutlich die vier Blöcke von kleinen, Rücken an Rücken stehenden Häuschen, gleich den Kasernen oder Spitälern geometrisch genau und parallel angelegte Blöcke, durch drei breite Zwischenräume getrennt, die in gleich große Gärtchen abgeteilt waren. Auf der verlassenen Hochebene hörte man nichts als das Heulen des Windes, der in den abgerissenen Drähten der Einfriedigungen sich verfing.

      In der Familie Maheu. die das Häuschen Nummer 16 im zweiten Block bewohnte, rührte sich noch nichts. Die einzige Stube des ersten Stockwerkes lag in tiefe Finsternis gehüllt, die gleichsam mit ihrem Gewichte den Schlaf der Wesen niederhielt, die man zuhauf, offenen Mundes, von Müdigkeit erdrückt meinte daliegen zu sehen. Trotz der schneidenden Kälte, die draußen herrschte, lag hier in der schweren Luft eine lebendige Wärme, jene erstickende Schwüle, die man selbst in den sorgfältigst gereinigten Stuben antrifft, wenn sie nach Menschenfleisch riechen.

      Auf der Kuckucksuhr der im Erdgeschoß gelegenen Wohnstube schlug es die vierte Morgenstunde. Nichts rührte sich noch, man konnte zartes Atemholen vernehmen, begleitet von dem geräuschvolleren Atemholen zweier Schnarcher. Plötzlich richtete Katharina sich auf. In ihrer Schlaftrunkenheit hatte sie gleichsam aus Gewohnheit die durch den Fußboden herauftönenden vier Schläge der Uhr gezählt, ohne die Kraft zu finden, vollends zu erwachen. Dann zog sie die Beine unter der Bettdecke hervor, tastete einen Augenblick herum, rieb endlich, ein Zündhölzchen an und machte Licht. Doch blieb sie sitzen; ihr Kopf war so schwer, daß er zwischen den Schultern zurückfiel in einem unüberwindlichen Bedürfnisse, den Schlaf fortzusetzen.

      Jetzt beleuchtete die Kerze die viereckige, mit СКАЧАТЬ