Название: Gold!
Автор: Gerstäcker Friedrich
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783753136295
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Der Doctor nickte nur und arbeitete in die ihm vorgesetzten Speisen hinein, schüttelte aber fortwährend dabei mit dem Kopfe und schmeckte in der That gar nicht, was er aß. Emil wurde aber in diesem Augenblick abgerufen, und das Gespräch war für jetzt unterbrochen.
Hetson ging indessen unten in den Spielsalon, wohin ihn Siftly beschicken hatte, und vergaß im ersten Augenblick, als er den wunderlichen Raum betrat, wirklich ganz, was ihn da hergebracht.
Es war ein nicht sehr hoher, aber wohl fünfzig bis sechzig Schritt langer und vierzig Schritt breiter Saal; die Wände noch ziemlich kahl und nur hier und da mit schlechten Oelgemälden - schlecht sowohl was Ausführung als Vorwurf betraf - bedeckt, denn ich darf nicht sagen „geschmückt". Nicht dem Schönheitssinn der Besucher sollten sie aber auch genügen, sondern nur ihre Sinne reizen und sie eine Zeit lang fesseln, und das bezweckten sie denn allerdings.
Rechts war ein Buffet angebracht für geistige Getränke, und im Hintergrund ein hohes, noch ziemlich rohes Gerüst aufgebaut, auf dem eine Anzahl von Musik machenden Individuen - Musici konnte man sie nicht gut nennen - saßen. Sie bildeten zusammen allerdings eine Art Orchester, und dazu nöthigen Instrumente schienen vertreten. In ihrem Zusammenspiel blieb aber immer mehr guter Wille als wirkliche Kunst erkennbar, und wenn man ihnen nur /50/ wenige Minuten zuhörte, fand man bald, daß sie sich zusammen einzig und allein über ein zu spielendes Stück gütlich vereinigt hatten und nun nach Gehör einander accompagnirten. Wer dann einmal zufällig aus dem Tact kam, wartete nur einen Augenblick, bis er die Anderen wieder „erwischen" konnte, und nachdem sie die verschiedenen Stücke solcher Art drei- oder viermal durchgearbeitet, ließ sich recht gut unterscheiden, was sie eigentlich spielen wollten.
Es kam aber auch wirklich nicht darauf an, hier ordentlich zu musiciren, es sollte nur „Musik" gemacht werden, und die wenigen amerikanischen Lieblingslieder und Nationalmelodien, die im Lande überall bekannt waren, lernte das Orchester auch bald spielen. Dazu gehörte vor allen der „Yankee Doodle", dann „Washingtons Marsch", das „Sternenbanner" und ein sehr mittelmäßiger Marsch, den sie wunderbarer Weise „Napoleon's Rückzug" nennen. Diese Melodien sang und stampfte das Publikum hier und da mit, und war in seinen Ansprüchen bescheiden genug, sie wieder und wieder anzuhören, ob sie nun auf einem wirklich kunstvollen Instrument oder auf einer Maultrommel vorgetragen wurden. Die Musik aber hatte denselben Zweck mit den Bildern, denen sie gewissermaßen vorarbeitete. Die Musik lockte die Vorbeigehenden in den Saal; die Bilder hielten sie dort, damit sie ihr Geld an dem Trinkstand ausgaben und an den Spieltischen versuchten. Einmal das eigentliche Hazardspiel dann gekostet, war Musik und Bild nicht mehr nöthig, sie zu halten. Diese Spieltische bildeten deshalb auch das Centrum des Saales, und Hetson blieb wirklich überrascht auf der Schwelle stehen, denn in dieser Ausdehnung hatte er sich die „Spielhöllen", von denen er früher schon so viel gehört und gelesen, doch nicht gedacht.
Etwa dreißig verschiedene Tische standen nämlich, nicht geordnet, sondern wie es gerade der Raum zwischen den Säulen gestattete, bunt durcheinander, nur überall den nöthigen Platz für die hindurchführenden Passagen lassend, und jeder Tisch verfolgte dabei seine eigenen Interessen, hatte sein eigenes Capital und spielte auch oft sein eigenes Spiel.
Zwischen den Tischen durch drängten sich aber die Müßig/51/gänger der Stadt, deren es auch selbst in San Francisco zur Genüge gab, bis sie an einem von ihnen und den daraus angehäuften Goldstücken und Silberdollarn hängen blieben. Amerikaner und Deutsche, Franzosen und Engländer, Mexikaner und Californier, Alles in buntem Gemisch, Einzelne elegant gekleidet, Andere in zerlumpter, abgerissener Minertracht, mit zerknickten Hüten, und schiefgetretenen Schuhen. Wer aber sah auf die Tracht; das Gold, das auf den Tischen lag, ebnete Alles, und wenn die abgerissenen Burschen - was sehr häufig der Fall war - nur tüchtige Lederbeutel mit Goldstaub unter den zerrissenen Kitteln trugen, war wahrlich hier Niemand, der ihre Gemeinschaft beanstandet hätte. Karten, Würfel, Roulette und Alles, was nur sonst Glücksspiel heißt, fand sich hier vertreten, und bedeutende Summen wechselten fortwährend von einer Hand in die andere, ohne eine Äußerung der Leidenschaft hervorzurufen - einen leise gemurmelten Fluch manchmal ausgenommen. -
Hetson wäre vielleicht noch eine Stunde dort stehen geblieben, denn zu viel des Neuen bot sich, wohin er auch immer schaute, seinem Blick, hätte ihn nicht Siftly selber aus seinen Träumen geweckt.
„Nun, bist Du da?" lachte dieser, „das ist recht, und hier kannst Du nun auch gleich die Quintessenz californischen Lebens und Treibens kennen lernen. Hier concentrirt sich das ganze wunderbare Schaffen in den Bergen draußen, und diese Tische hier sind unser Barometer in San Francisco, wie der Reichthum im Lande drinnen steigt und fällt. Sind die Tische schlecht besetzt, dann darfst Du auch sicher sein, daß die Ausbeute in den Minen, durch was auch immer für Umstände nicht so günstig ausgefallen. Drängt sich dagegen, selbst über Tag, Alles herein, wie das heute geschieht, so haben die Leute „vortrefflich ausgemacht", wie sie sagen, und wandert lustig von Hand zu Hand. Hast Du Dein Glück schon an einem der Tische probirt?"
„Ich spiele nie," sagte Hetson ruhig.
„Bah, das darf man hier in Californien nicht verreden,“ lachte sein Freund. „Daß Du selber Gold graben willst, kann ich mir nicht gut denken, und dem Glück muß /52/ man eben selber ein Pförtchen öffnen, wenn es uns nicht ganz im Stiche lassen soll. Ich zum Beispiel habe mir Alles, was ich eigentlich besitze, an den Tischen da geholt, und mir einiger Vorsicht denke ich mir solcher Art ein kleines Vermögen zusammenzulegen und dann nach den Staaten als reicher Mann zurückzukehren."
„Und wenn Du wieder verlierst, was Du gewonnen hast?"
„Dem Kühnen lächelt das Glück, Freund!" rief der Amerikaner, den Kopf trotzig zurückwerfend, „ja, es giebt sogar Mittel, das Glück zu zwingen, uns zu gehorchen, und hast Du Lust, so lehr' ich Dich vielleicht einmal die Kunst. Jetzt aber wollen wir unsere Zeit hier nicht nutzlos versäumen, sondern einmal einen Gang durch den Saal machen. Ich muß Dir doch Californien erst vorstellen."
Ohne auch weiter eine Antwort abzuwarten, zog er Hetson's Arm in den seinen und schlenderte mit ihm in einen der Gänge hinein, die zwischen den Tischen hinführten. Einzelne von diesen waren augenblicklich unbesetzt, d. h. es standen keine Fremden daran, denn zwei Spieler saßen an jedem, und zwar einander gegenüber, während zwischen ihnen ein größerer oder kleinerer Haufen Silber-Dollar, Goldstücke und Goldstaub in kleinen Lederbeuteln oder einzelnen „Klumpen" aufgehäuft lag. Die müßigen Spieler mischten dann gewöhnlich ihre Karten, hoben ab und probirten mögliche Erfolge, bis ein Vorbeikommender auf eine der Karten setzte und dann auch gewöhnlich Andere nach sich zog.
An verschiedenen Tischen standen dagegen die Spieler und Zuschauer so dichtgedrängt, daß man kaum vorüberkommen konnte, und das war dann ein sicheres Zeichen, daß hohe Einsätze das Interesse der Leute erregt hatte. Kopf an Kopf drängte sich über- und nebeneinander, und sehr bedeutende Summen standen dort nicht selten auf dem Spiele.
An einem der augenblicklich nicht benutzten Tische saßen sich zwei Leute, ebenfalls nur mit Kartenmischen beschäftigt, stumm gegenüber, die vielleicht nur durch ihren Kontrast Hetson's Aufmerksamkeit erregten. Der Eine von ihnen war ein kleiner, rothbäckiger, dicker Mann mit ein paar entsetz/53/lichen Vatermördern, die ihm selbst die Ohren halb bedeckten, und über die er, wenn er den Kopf auf eine oder die andere Seite wandte, nur eben hinwegsehen konnte. Der Andere war das gerade Gegentheil. Lang und knochendürr, zeigte er auch nicht eine Spur von weißer Wäsche, die sonst im amerikanischen Anzug eine Hauptrolle spielt, und der enganschließende braune Rock war so fest zugeknöpft, wie er die schmalen СКАЧАТЬ