Название: Von Homer zu Jesus
Автор: Gregor Bauer
Издательство: Bookwire
Жанр: Философия
isbn: 9783742719782
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Kapitel 6: Aristoteles
Es gibt keine ideale Welt der reinen Ideen, sondern nur die reale, in der wir nun einmal leben, vertrat Aristoteles gegen seinen Lehrer Platon. Da Aristoteles an kein Jenseits glaubte, wollte er diese Welt immer besser verstehen und in ihr seine Erfüllung finden. Realist, der er war, hat er naturwissenschaftliche und kulturelle Phänomene angemessener beschrieben als sein Lehrer. Aber angemessen und menschlich ist nicht dasselbe: Ein König kann es für angemessen halten, die Welt mit Krieg zu überziehen. Prominentes Beispiel: Alexander der Große. Hat sein feinsinniger Lehrer Aristoteles ihn brutalisiert?
Kapitel 7: Epikur
Aristoteles hielt das Glück für ein äußerst zerbrechliches Gut. In dieser Hinsicht war Epikur robuster. Auch er schloss ein Weiterleben nach dem Tod aus. Aber vor dem Tod kann glücklich sein, wer immer bereit ist, von maßlosen Wünschen und Begierden unbelastet den Augenblick zu genießen.
Kapitel 8: Cicero und die Stoa
Dass ein Philosoph in allen Lebenslagen seine Gemütsruhe bewahren müsse – dieser stoische Gedanke hat Cicero beeindruckt. Doch wie stand es um seine eigene Gemütsruhe, wenn es hart auf hart kam? Die Antwort gibt uns Cicero selbst. In dieser vielschichtigen Persönlichkeit gärten einige Widersprüche – darunter auch der zwischen Frömmigkeit und Skepsis. Generationen nach Cicero erlebte die Stoa als Lebensweisheit ihre vielleicht schönste Blüte, wie der Ausblick auf die beiden großen Tröster Seneca und Epiktet zeigt.
Kapitel 9: Altes Testament
Die biblische Kultur atmet einen völlig anderen Geist als die griechische. Ihr strikter Monotheismus ging einher mit einer radikalen Ablehnung fremder Kulturen, denen sie dennoch viel verdankte. Die positive Kehrseite der alttestamentarischen Intoleranz ist ein tiefer Ernst, der Sinnsuchende immer wieder angezogen hat. Einen solchen Ernst braucht, wer den Versuch wagen will, das Eigentliche vom Uneigentlichen zu scheiden. Auch beeindruckt der seelisch aufgewühlte Mensch der Bibel als Kontrast zu einem Ideal unserer Tage: zum persönlich distanzierten, innerlich unbeteiligten Wissenschaftler.
Kapitel 10: Flavius Josephus
Als Mittler zwischen griechisch-römischer und biblischer Kultur begegnet uns Flavius Josephus. Seinen jüdischen Zeitgenossen zutiefst verhasst, wurde er zur wichtigsten Quelle für die jüdische Geschichte zur Zeit Jesu. Vielleicht verrät uns sein Werk auch einiges über die Glaubwürdigkeit der Evangelien.
Kapitel 11: Jesus
Wie konnte Jesus alle Geistesgrößen der Antike überflügeln und zum einflussreichsten Sinnstifter der Menschheit werden? Das gehört zu den spannendsten Fragen der Ideengeschichte. In diesem Buch können wir auf diese Frage nur teilweise eingehen. Denn die Jahrhunderte, in denen sich die Kirche aus einer verfolgten zu einer verfolgenden Institution entwickelte, liegen bereits außerhalb unseres zeitlichen Rahmens. Hier konzentrieren wir uns auf die Anfänge, genauer: So weit es möglich ist auf Jesus selbst, aber auch auf die Evangelien als seine wichtigsten Quellen. Dabei fragen wir auch, wie die Bibelforscher diese Quellen beurteilen – und warum die Frommen über den wissenschaftlichen Zugriff auf ihre heiligen Schriften nicht immer glücklich sind.
Schattenseiten
So anregend die Dichter und Denker der Antike auch sind: Gelegentlich sagen sie ganz unerträgliche Dinge. Homer verherrlicht die Mordbestie Achill, Platon den Totalitarismus, das Alte Testament den – unhistorischen – Völkermord an den Ureinwohnern Kanaas. Auch das Neue Testament hält so manchen unverdaulichen Brocken bereit. Zwar lebt darin eine überwältigende Liebe, die alle einschließt: Arme, Sklavinnen, „Dumme“, Versager, Ketzer, Verbrecher, Prostituierte, Kollaborateure, Feinde – alle gehören dazu. Was für ein Quantensprung in der Entwicklung der Humanität! Und doch findet sich in diesem Buch der Liebe auch die grässlichste Ausgrenzung, die sich denken lässt: die Ausgrenzung in die ewige Verdammnis.
Solche schrecklichen Seiten des antiken Erbes werden hier nicht unter den Teppich gekehrt. Doch werden sie uns nicht daran hindern, die Schätze der Vergangenheit zu heben.
Ganz gleich, wie wir uns zu den antiken Dichtern, Philosophen, Historikern, Propheten und zu Jesus stellen: Sie sind – zumindest in der westlichen Welt – die Pioniere unseres heutigen Bewusstseins. Wenn wir ihnen begegnen, begegnen wir uns selbst.
Hesiod: Im Anfang war kein Gott
Hesiod (* vor 700 v. Chr.) ist neben dem älteren Homer die Hauptquelle der griechischen Mythologie.
Wie fühlte sich das Leben an, als der Himmel noch ein entmachteter Tyrann war, die Erde seine rebellische Gattin und die Unterwelt ein Ort voll grässlicher Ungeheuer?
Stellen wir uns vor, wir lebten in einer Kultur ohne Fernrohre und Raumfähren. Vom Urknall hätten wir noch nie etwas gehört. Noch hätte die moderne Physik nicht unseren Planeten zu einem Staubkörnchen erklärt, verloren in einem viel zu großen All, das dem Leben nahezu überall feind ist. Stattdessen wäre unser Zutrauen in unsere eigenen Sinne ungebrochen: Aus dem, was wir um uns sehen und hören, würden wir unverdrossen schließen, wie es sich mit der Welt überhaupt verhält. Und was unsere Sinne nicht liefern, würden wir aus unserer Fantasie ergänzen. Wie würden wir wohl die Welt erleben, und wie uns selbst in dieser Welt?
Wer sich das vorstellen möchte, dem – oder der – sei die Lektüre Hesiods empfohlen, eines dichtenden Bauern im Griechenland des achten vorchristlichen Jahrhunderts.
Hesiod fühlte sich voller Leben, und überall um sich fand er Leben vor. Warum also sollte die Erde für ihn nicht das Zentrum eines Universums voller Leben sein?
Wenn Hesiod an einem schönen Sommerabend den aufsteigenden Mond auf sich wirken ließ, dann erblickte er keinen leblosen Gesteinsklumpen: Was dort am Himmel so herrlich strahlte, war eine Göttin. Wieso auch hätte Hesiod Sonne, Mond und Sterne für tot halten sollen? Sie sprachen nicht weniger lebhaft zu seinen Sinnen als Pflanzen, Tiere und Menschen.
Die Sonne gar war nicht nur lebendig, sie spendete großzügig Leben. Ihren allgegenwärtigen Strahlen entging nichts. Aus Respekt vor der erhabenen Gottheit begab sich Hesiod beim Verrichten der Notdurft ehrerbietig in den Schatten einer Mauer oder – mit umhüllendem Gewand – in die Hocke.
Im Anfang war das Chaos
Leben, das wusste der Bauer Hesiod, wird gezeugt und zeugt sich fort. Das galt natürlich auch für das göttliche Leben, von dem er sich umgeben glaubte. Sonne, Mond und Morgenröte waren Geschwister. Sie waren ebenso irgendwann geworden wie andere Gottheiten, etwa die Meeresstille, der Sieg, das Gedächtnis und die Nacht.
Doch wie hatte alles begonnen? Im Anfang war kein Leben: Hesiods „Schöpfungsgeschichte“ beginnt nicht mit einem Gott, der Himmel und Erde schuf, sondern mit dem Chaos (T 116). Dabei dachte Hesiod aber nicht an ein chaotisches Urgerümpel, sondern an den leeren Raum vor allen Dingen und Göttern. Auch dieser Raum ist entstanden, doch was davor war, sagt Hesiod nicht.
In dem leeren Raum entstand zuerst die Erde. Natürlich ist Hesiods Erde keine Kugel. Aber СКАЧАТЬ