Tag 1 - Als Gott entstand. Stefan Koenig
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Название: Tag 1 - Als Gott entstand

Автор: Stefan Koenig

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 9783742724809

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СКАЧАТЬ Weil er eben nicht in einem Jahr zum Menschen geworden ist. Hunderttausende von Jahren waren nötig, damit der Mensch gehen lernte und sich Werkzeuge herstellen konnte. Auf die Frage, wie alt der Mensch sei, gibt es nur eine annähernde Antwort: Ungefähr zwischen 1,6 und 2,1 Millionen Jahren. Nicht zu verwechseln mit seiner Ablösungsphase vom Affen, die bereits vor 5 Millionen Jahren begann.

      Im Jahr 1960 fanden die berühmte Paläoanthropologin Mary Leakey und ihr Sohn Jonathan in 1,8 Millionen Jahre alten Sedimenten der Olduvai-Schlucht in Tansania einen Unterkiefer, ein paar Handknochen und Trümmer einer Schädeldecke. Marys Ehemann Louis Leakey analysierte die Fossilien und verkündete vier Jahre später, sie müssen zu der frühesten bislang bekannten Art der Gattung Homo, unserer Gattung, gehören. Aus den Olduvai-Funden, die als OH7 bekannt wurden, schloss er, das Wesen müsse schon in der Lage gewesen sein, sehr geschickt (lateinisch habilis) zu greifen. Daher der Name der frühen Menschenart: Homo habilis. (Das wäre unser vierter Name.)

      Damit traten die Leakeys eine jahrzehntelange Debatte los: Handelte es sich wirklich um Reste eines Exemplars unserer Gattung und nicht vielmehr um späte Vertreter der Australopithecinen, deren berühmteste Vertreterin die 3,2 Millionen Jahre alte „Lucy“ ist? Erst 2015 konnte man diesen Streit für endgültig beendet erklären, denn es erschienen gleich zwei neue Untersuchungen, die Licht auf die frühe Gattung Homo werfen. Die erste erschien in der Zeitschrift „Nature“, und in ihr haben Forscher des Max-Planck-Institutes für evolutionäre Anthropologie in Leipzig zusammen mit Kollegen aus England und Tansania die OH7-Fossilien mit modernen Methoden untersucht. Mittels Computersimulation konnten sie den stark deformierten Unterkiefer virtuell in seine ursprüngliche Form bringen und mit anderen Homo-Fossilien aus der Zeit zwischen 2,1 und 1,6 Millionen Jahren vergleichen.

      Für Fred Spoor vom University College in London, einem Mitautor der „Nature“-Studie zu OH7, beginnt diese Entdeckung die evolutionsgeschichtliche Lücke zu füllen, die sich bislang zwischen den letzten Australopithecinen und den frühesten Vertretern unserer eigenen Gattung auftat. In derselben Ausgabe von „Science“ erschien zudem eine Arbeit derselben amerikanischen Forschergruppe, die anhand fossiler Faunenreste zeigen konnte, dass die Region von Ledi-Geraru vor 2,8 Millionen Jahren trockener wurde als sie vorher gewesen war. Dass ein Klimawandel in Ostafrika hin zu einer trockeneren, offeneren Savannenlandschaft einst die Entwicklung der Gattung Mensch befördert hat, war schon oft als Hypothese aufgestellt worden, nun gibt es einen weiteren Hinweis darauf, dass sich die Entstehung der Menschheit möglicherweise wirklich durch einen Klimawandel beschleunigte.

      Bevor wir dieses (zweifellos wichtige) Thema im Zeitraffer streifen, sollten wir verstehen, wie unsere Vorahnen die Zeit als eine nutzbringende Einheit entdeckten und sie nicht nur instinktiv als Tag-/Nacht-Rhythmus erlebten. Die Entdeckung der Zeit und ihr werktäglicher Gebrauch war so wichtig wie die Entdeckung und der Gebrauch des Feuers. Jedermann weiß, wie man Eisen oder Öl gewinnt und wie man Feuer macht. Wie aber macht man Zeit?

      Schon sehr früh lernte der Mensch die Zeit gewinnen. Als er begann, sich Werkzeuge zu machen, trat damit in sein Leben eine ganz neue Beschäftigung, eine wirklich menschliche Beschäftigung, die Arbeit. Aber Arbeit braucht Zeit. Um ein Steinwerkzeug herzustellen, muss man zunächst einen geeigneten Stein finden. Nicht jeder beliebige Stein ist brauchbar. Am besten eignet sich der harte, dichte Feuerstein. Aber solche Feuersteine lagen nicht beliebig umher, man musste sie suchen. Viele Stunden vergingen bei der Suche, und es kam mitunter vor, dass das Suchen ergebnislos verlief. Dann war der Mensch gezwungen, weniger harte Kieselsteine zu nehmen.

      Wenn er aber nun endlich einen geeigneten Stein gefunden hatte, musste er ihn zurechtschlagen und schleifen, um ihm die richtige Form zu geben. Die Bearbeitung – das erforderte abermals Zeit. Überdies waren die Finger des damaligen Menschen nicht so geschickt und beweglich wie heute – sie lernten ja erst arbeiten. Wahrscheinlich verging über die Herstellung eines groben Steinkeils viel mehr Zeit, als man vor hundert Jahren benötigte, um eine stählerne Axt in Handarbeit herzustellen. Heute erledigen das Maschinen im Minutentakt.

      Wo war für den Urmensch für all das die Zeit herzunehmen?

      Er hatte sehr wenig freie Zeit, sicherlich noch weniger als selbst die superbeschäftigten Menschen unserer Tage. Von morgens bis abends wanderte er durch Wälder und über Wiesen, um Nahrung zu suchen. Nahrungssuche und Essen – damit verging die ganze Zeit, wenn er nicht schlief. Und das Essen war so beschaffen, dass es großer Mengen bedurfte, um satt zu werden. Man musste in der Periode vor der Entdeckung der Jagd (die mit der Entdeckung des Werkzeugs möglich wurde) sehr viel essen, da das Menü nur aus Beeren, Nüssen, Schnecken, Mäusen, jungen Pflanzentrieben, essbaren Wurzeln, Larven und ähnlichem Kleinzeug bestand.

      Die Menschenherde weidete damals im Wald wie eine Hirschherde, die nichts anderes tut als Gras und Blätter rupfen und kauen. Wenn man aber den ganzen Tag Essen suchte und kaute, wann konnte man dann arbeiten? Es stellte sich jedoch heraus, dass die Arbeit eine wunderbare Eigenschaft besitzt: sie nimmt nicht nur Zeit, sondern sie gibt sie auch. Wenn man nämlich in vier Stunden das schaffen kann, wozu ein anderer acht Stunden braucht, so bedeutet das: man hat vier Stunden gewonnen. Denkt man sich ein Werkzeug aus, mit dem man doppelt so schnell arbeitet als bisher, so hat man die Hälfte der Zeit eingespart, also Zeit gewonnen, die jene Arbeit bisher erforderte.

      Diese Methode, sich Zeit zu verschaffen, hat schon der Mensch der Urzeit erfunden. Zwar musste man viele Stunden aufwenden, um einen Stein zu schärfen, dafür konnte man aber nachher mit diesem scharfen Stein die Larven unter der Baumrinde viel leichter hervorkratzen. Man musste fleißig arbeiten, um einen Ast mit einem Stein zu behobeln. Dafür konnte man nachher mit diesem Stock viel leichter die essbaren Wurzeln ausgraben oder ein Kleintier erlegen. Dadurch ließ sich die Nahrung rascher beschaffen, und der Mensch hatte mehr Zeit für die Arbeit. In den Stunden, die nach der Nahrungssuche übrigblieben, bastelte er an seinen Werkzeugen, machte sie immer besser und schärfer. Und jedes neue Werkzeug bedeutete wiederum mehr Nahrung und daher mehr Zeit.

      Besonders durch die Jagd gewann der Mensch viel Zeit. Mit Fleisch kann man sich in einer halben Stunde für einen ganzen Tag völlig satt essen. Aber zunächst bekamen die Menschen sehr selten Fleisch. Es ist unmöglich, mit einem Stock oder einem Stein ein großes Tier zu töten, und an einer Waldmaus ist nur wenig dran.

      Der Mensch war noch kein richtiger, echter Jäger.

      Was war der Mensch denn?

      Er war ein Sammler.

      Den Sammler-Menschen der früheren Zeiten ging es schlecht. Wenn sie nicht vor Hunger starben, so lag das daran, dass sie täglich auf der Suche waren und sich vor keiner Nahrung ekelten. McDonalds gab es vor 2,3 Millionen Jahren noch nicht. Der wirkliche Ekel war also noch Millionen Jahre entfernt.

      Obwohl die Menschen nun kräftiger und freier geworden waren als ihre Vorfahren, die noch auf Bäumen leben mussten, waren sie doch noch ziemlich jämmerliche, halb verhungerte Wesen.

      Aber noch ein furchtbareres Unglück kam über die Erde. Ein furchtbarer Plan Gottes, wenn es ihn denn schon gab. Ein Klimawechsel vollzog sich langsam aber sicher über Jahrtausende hin. Das Eis des Nordens setzte sich in Bewegung und begann nach Süden vorzudringen. Ihr alle wisst genügend über diese Zeit und über ihre Auswirkungen – und deshalb sollten wir ab jetzt im Zeitraffer vorgehen.

      Nur langsam bewegte sich das Eis, und sein kalter Hauch wurde nicht sogleich spürbar, wo der Mensch lebte. Die ersten, die das Nahen des Eises fühlten, waren nicht die Tiere des Festlandes, sondern die Tiere der Meere. Die Uferablagerungen berichten uns eindrucksvoll von dieser Verwandlung der warmen Meere in kalte. Während auf dem Festland noch wärmeliebende Pflanzen und Tiere lebten, veränderte sich schon die Bevölkerung des Meeres. Wenn wir die Gesteinsschichten studieren, die damals abgelagert wurden, finden wir in ihnen massenhaft die Schalen kleiner Muscheln, die nur in kalten Gewässern leben konnten.

      Aber СКАЧАТЬ