Название: Tag 1 - Als Gott entstand
Автор: Stefan Koenig
Издательство: Bookwire
Жанр: Философия
isbn: 9783742724809
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Mit den wärmeliebenden Wäldern verschwanden ihre Bewohner. Es verschwand der alte Elefant; Nashorn und Nilpferd verzogen sich nach Süden, und der alte Feind des Menschen, der Säbeltiger Machairod, starb aus. Mit diesen Großtieren sind viele andere Tiere und Vögel zugrunde gegangen oder nach Süden geflüchtet. Es hätte auch nicht anders sein können. Durch die „Ketten der Ernährung“ aneinander gefesselt, gingen Tiere und Pflanzen miteinander zugrunde, wenn der Wald zugrunde ging. Genauso versanken Jahrtausende später die verurteilten Galeerensklaven mit ihrer Galeere, da sie durch Ketten an sie gefesselt waren.
Um davonzukommen, musste das Tier diese Kette zerreißen. Es musste neue Nahrung finden, Krallen und Zähne verwandeln und sich ein dichtes Fell wachsen lassen, um sich vor der Kälte zu retten. Mit anderen Worten: Das Tier war gezwungen, sich zu verändern. Für ein Tier im arktischen Wald war es schwer, sich am Leben zu erhalten. Und so kamen aus dem Norden, zusammen mit dem Wald, seine Bewohner in ihrem neuen dichten Haarkleid: das wollige Nashorn, das Mammut, der Höhlenlöwe, der Höhlenbär. Sie fühlten sich im nördlichen Wald ganz wie zuhause.
Und was wurde aus dem Mensch? Er ist am Leben geblieben, seine Hände Arbeit ließen ihn Schutzräume bauen und ließen ihn lernen, Vorräte aufzubewahren und immer mehr das Feuer zu nutzen. Mit der Asche wurden die Vorräte haltbar gemacht. Für die Menschen, die in den warmen Ländern wohnten, war es nicht schwer, am Leben zu bleiben, obwohl auch dort das Klima merklich kühler wurde. Sie waren dennoch nicht gezwungen, all das zu ihrem Überleben zu „erfinden“, was die Menschen im Norden benötigten, um dem Grauen der Eiszeit entgegenzutreten.
In den strengen Wäldern des Nordens gab es kaum noch etwas zu sammeln. Da begann der Mensch in den Wäldern nach jener Beute zu suchen, die nicht ruhig stehen bleibt und wartet, bis sie gefunden wird, sondern wegläuft, sich versteckt und widersetzt. Selbst in den warmen Ländern ergänzte der Mensch um diese Zeit seine Nahrung immer häufiger durch Fleisch. Es war nahrhafter, gab mehr Kraft und ließ mehr Zeit für die Arbeit. Das wachsende Hirn des Menschen forderte Proteine, nahrhafte Fleischkost.
Je besser die Werkzeuge der Menschen wurden, umso mehr Raum nahm die Jagd in ihrem Leben ein. Und wenn die Jagd schon im warmen Süden zur Notwendigkeit wurde – im Norden war es unmöglich, ohne sie zu existieren. Gewiss, in den vielen Jahrtausenden, die den Jägermenschen vom Sammlermenschen trennen, hat sich die steinerne Waffe verändert; sie ist schärfer und besser geworden. Der Arbeitsaufwand wurde größer. Wenn daher der Mensch ein Steinwerkzeug oder Waffe gemacht hat, so wirft er dies nicht nach dem einmaligen Gebrauch fort, sondern bewahrt es sorgsam auf und schärft es wieder, wenn es stumpf geworden ist. Der Mensch schätzt das Werkzeug, da er seine Arbeit und Zeit schätzt. So wächst allmählich sein Bewusstsein: Er begreift durch sein BEGREIFEN des Werkzeugs und des zu bearbeitenden Materials, dass es ein Ziel gibt. Und er hat einen Plan, um zu diesem Ziel zu gelangen – so kommen Dinge in sein Leben, die früher dem Zufall überlassen waren. Dinge, die er begrifflich noch nicht formen kann, die aber gleichwohl durch seiner Hände Arbeit existieren: Plan und Ziel.
Nun kann der Einzelne noch so große Ziele und Pläne haben, kann er sie auch als Einzelner verwirklichen?
Man kann sich bemühen, wie man will, Stein bleibt Stein. Ein Jagdspieß mit einer Feuersteinspitze war eine unzureichende Waffe, um ein Tier wie das Mammut anzugehen. Denn das Mammut hatte eine Haut, so dick wie ein Stahlpanzer. Dennoch hat der Mensch die Mammute überwältigt. Das erzählen uns ihre Schädel und Stoßzähne, die an den Jagdplätzen zu finden sind. Wie wurde der primitive Jäger mit dem Mammut fertig? Das kann nur verstehen, wer das Wort „Mensch“ richtig lesen kann, der „Mensch“ sagt und „Gemeinschaft“ meint. Nicht ein Mensch, sondern die Menschen in gemeinsamer Bemühung lernten es, Werkzeuge zu machen, zu jagen, das Feuer zu gewinnen, Behausungen zu bauen, die Erde zu bearbeiten. Nicht ein Mensch, sondern die Menschengesellschaft hat durch die Arbeit von Millionen Mitglieder ihrer Art Kultur, Religion und schließlich Wissenschaft hervorgebracht.
Vereinzelt wäre der Mensch ein Tier geblieben. In manchen Geschichten wird der damalige Jäger-Mensch als einzelner Robinson dargestellt, der in hartnäckiger Arbeit allein zu allem gekommen ist. Wäre der Mensch wirklich solch ein alleinstehender Robinson gewesen oder hätten die Menschen als einzelne Familien gelebt und nicht als ganze Sippen/ Stämme/ Gesellschaften, so wären sie nie Menschen geworden und hätte nie die Kultur geschaffen. Die Arbeit in der Gemeinschaft hat das Tier zum Menschen gemacht.
Natürlich kennt ihr Defoes Geschichte von Robinson. Aber Robinsons Leben war nicht so, wie es dort erzählt wurde – weder romantisch, noch abenteuerlich. Die wahre Geschichte zeigt, dass man Robinson nach vielen Jahren der totalen Inseleinsamkeit völlig verwildert wiederfand. Der alte Matrose hatte fast ganz das Sprechen verlernt und war einem Tier ähnlicher als einem Menschen. In der Einsamkeit ist es daher sogar für einen heutigen Menschen gar nicht leicht, Mensch zu bleiben. Was soll man da erst von den Urmenschen sagen!
Sie existierten nur in der Gemeinschaft, dadurch, dass sie gemeinsam lebten, gemeinsam jagten, gemeinsam sammelten und gemeinsam Waffen verfertigten. In einer Horde verfolgten die Urmenschen das Mammut. Nicht ein Jagdspieß, Dutzende von Spießen bohrten sich in seine zottigen Hüften. Wie ein vielbeiniges und vielhändiges Wesen verfolgte der Menschenschwarm das Mammut. Nicht nur Dutzende von Händen, sondern auch Dutzende von Köpfen arbeiteten hier zusammen. Das Mammut war zwar viel größer und stärker als ein Mensch, die Menschen aber waren schlauer. Sie nutzten mit Vorsatz das Feuer und trieben das Mammut vorsätzlich an den Rand eines Abgrundes oder eines Moores. Vorsatz aber bedeutet stets Plan und Ziel zu haben.
Das getötete Mamut aus dem Talkessel oder dem Sumpf zu holen – das alles erforderte nicht zwei, sondern Dutzende von Händen, die diese Arbeit verrichteten. Es erforderte „Absprache“, was damals noch bedeutete: Dutzende von Menschen, die ihre Kräfte durch mehr oder weniger artikuliertes Geschrei vereinten, schleppten mühsam ein riesiges, zottiges Mammutbein über den Boden hin zu ihrer Höhle. Hier waren es wieder Dutzende von Händen, die die Jagdbeute zerlegten, zubereiteten oder mit Asche haltbar machten.
Der Wettlauf des Menschen mit den anderen Tieren war zu Ende: Der Mensch ging als Sieger durch das Ziel, er überwältigte das größte aller Tiere. Es war weniger ein Wettkampf im Laufen als im Essen: Wer isst wen? Der Mensch wurde derjenige, der alle übrigen isst und von niemandem gegessen wird. Seitdem begann die Zahl der Menschen zu wachsen, rascher und rascher. Mit jedem Jahrhundert, jedem Jahrtausend wurden es immer mehr, und zum Schluss besiedelten sie die ganze Welt.
Nun ging es auch in der kulturellen Entwicklung rasch vorwärts. Der Mensch braucht nicht mehr selber weiden und pflanzliche Nahrung sammeln. Er kultiviert Tiere und lässt sie für sich weiden. Er hortet die im Fleisch gesammelten Vorräte an Stoff und Energie, die im Laufe vieler Jahre in dem (nun geschlachteten) Tier entstanden waren. Und solche Vorräte wurden auf dem kälter werdenden Globus bitter nötig. Aber dabei blieb es nicht. Denn eine Änderung zog die andere nach sich. Seit der Mensch Vorräte hielt, musste er auch sesshafter werden, konnte er sich nicht mehr so leichtfertig durch die Landschaft bewegen. Ein geschlachtetes Tier kann man nicht immer mit sich herumschleppen – doch auch diesen Zeitabschnitt gab es im Leben der Menschheit.
Auch aus anderen Gründen war es für den Menschen Zeit, das Leben eines obdachlosen Vagabunden aufzugeben. Es war die bereits erwähnte vorrückende Eiszeit, die ihn Schutz vor der Kälte, vor den Schneestürmen suchen ließ. So kam es dazu, dass der Mensch sich in der großen, kalten Welt seine eigene, kleine, warme Welt zu bauen begann. Wir wollen jetzt СКАЧАТЬ