Название: Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen
Автор: Ludwig Bechstein
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742749215
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Kirche zu erbauen, dieses geschah, und hieß man dieselbe
Wasserkilch.
124. Kaiser Karl kehrt heim
Im Dome zu Aachen steht ein Stuhl, der ist elfenbeinern,
daran ist uraltes Bildwerk zu erschauen, und das
ist der Stuhl Kaiser Karl des Großen. Als zu einer
Zeit der starke Held auszog in das Heidenland, die
Heiden zum Christentum zu bekehren, schied er sich
von seinem Ehegemahl und gab seiner Hausfrauen
auf, seiner in Züchten zu harren zehen Jahre lang,
käme er dann nicht zurück, so wäre sein Tod gewiß.
Werde er aber ihr einen Boten senden mit seinem Ringelein,
das er ihr wies, dann solle sie dem alles vertrauen
und tun, was er ihr entbieten ließ.
Neun Jahre und viele Monden darüber stritt und
siegte Kaiser Karl im Ungarlande gegen die Heiden,
und daheim hielten sie ihn für tot, und weil das Land
keinen Zuchtherrn hatte, erhob sich um Aachen und
gegen den Rhein eitel Raub und Mord und Brand, und
traten die Räte zu der Herrin, Karls Gemahlin, und
lagen ihr an, einen andern Herrn und König zu erkiesen,
damit das Land nicht zugrunde gehe. Lange weigerte
sich die Frau, weil ihr noch kein Wahrzeichen
gesendet war, aber endlich, da die Herren und Räte
allzumal heftig in sie drangen, ließ sie es zu, daß ihre
Vermählung mit einem reichen König anberaumt
wurde, und kam die Zeit heran, daß nur noch drei
Tage waren vor der Hochzeit, welche festlich begangen
werden sollte. Da sendete Gott der Herr einen seiner
Boten ins Lager nach dem Ungarland, der sagte
Kaiser Karl an, was sich daheim begebe, und sprach
zu ihm: Rüste dich und reite heim, binnen dreien
Tagen ist Hochzeit! – Wie soll ich reiten, fragte Karolus,
in dreien Tagen hundert Tagereisen weit und darüber?
– Reite, und Gott wird mit dir sein! sprach der
himmlische Bote, und da gewann der Kaiser ein gutes
Roß, damit ritt er an einem Tag aus Bulgarien bis gen
Raab, und am andern Tag von Raab bis gen Passau.
Dort gewann er ein frisches Roß und kam gen Aachen
vor das Burgtor, und Gott war mit ihm. Ganz Aachen
war schon ein Sang und ein Schall von eitel Hochzeitglanz
und Klang, denn andern Tages sollte die Hochzeit
sein, und die Trauung früh im Dom. Da ging Kaiser
Karl bei guter Zeit, da es noch Nacht war, in den
Dom, setzte sich auf seinen elfenbeinernen Stuhl und
legte sein großes Schwert quer über seine Kniee, saß
allda ganz ruhig wie ein Steinbild und ruhete von seinem
weiten Ritt. Da kam zuerst der Mesner in den
Dom, der trug die Bücher vor und beschickte die Altäre
und steckte Kerzen auf, und mit einem Male sah
er auf dem Königsstuhle einen greisen Mann sitzen,
in ernster Stille und mit blankem Schwert, da kam
ihm ein Grauen an, und ging und sagte es den Domherren
an. Die wollten solche Mär nicht glauben, denn
auf dem Stuhle durfte niemand sitzen, er wäre denn
König, kamen daher mit Licht, und der Kühnste unter
ihnen nahte dem Stuhle unerschrocken. Aber als er
den Mann darauf sitzen sah so still und wie steinern,
entfiel der Leuchter seiner Hand, und er zitterte und
entwich aus der Kirche und sagte dem Bischof von
dem Ereignis. Der Bischof nahm sogleich zwei Kerzenträger
der Kirche, ließ die vorangehen mit brennenden
Kerzen und folgte ihnen hin zum Kaiserstuhle.
Da sah er den Greisen sitzen und hub bänglich an zu
sprechen: Sag an, wer bist du Mann, und durch wessen
Gewalt unterfängst du dich, diesen Stuhl zu behaupten?
Weißt du nicht, daß dies der Sessel ist unsers
Herrn und Kaisers? – Darauf erwiderte der Kaiser:
Wie du sagst, so ist es, da ich noch König Karl
hieß, war ich euch allen wohlbekannt, da durfte keiner
diesen Stuhl mir wehren! – Und erhob sich und stand
vor dem Bischof in seiner stattlichen Größe, eines
Kopfes höher als der größte Mann, und der Bischof
rief frohlockend aus: Seid gottwillkommen, mein königlicher
Herr! Segen sei mit Eurer Wiederkunft. –
Da läuteten von selbst alle Glocken, des erschraken
die Hochzeitgäste und zogen eilend von dannen, und
der Bischof bat für die Königin und sagte, daß sie gedrungen
worden sei, da verzieh ihr Karolus gerne und
gab ihr seine Huld zu erkennen, denn er liebte sie unabänderlich
und konnte nimmer von ihr lassen.
125. Fastradas Liebeszauber
Mit einer unsterblichen Liebe liebte Kaiser Karl sein
Ehegemahl СКАЧАТЬ