Название: Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen
Автор: Ludwig Bechstein
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742749215
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wankte und schwankte nach Hause, und war ihm weh
auf der Brust, und hatte kurzen Odem. Und als er sich
auszog da hatte er den Buckel seines Spielgesellen
vorn auf der Brust, und seinen eigenen dahinten, den
hatte er auch noch, und mußte beide Buckel tragen bis
an sein Ende. –
130. Der fliegende Holländer
Im Lande Limburg liegt ein altes Schloß, das ist Falkenberg
genannt, darin es spukt und umgeht. Eine
Stimme ruft gegen die vier Wände den Klageruf:
Mörder! Mörder! – Zwei kleine Flämmchen flackern
vor der Stimme her, aber den Rufer sieht keiner. Und
das ist also seit sechshundert Jahren. Damals, vor so
langer Zeit, stand das Schloß noch in seinem Glanze,
zwei Brüder von Falkenberg wohnten darin, die
hießen Waleram und Reginald und liebten beide die
schöne Tochter eines Grafen von Cleve, Alix. Waleram
war der Glückliche, den die Jungfrau erkor, und
feierte mit ihr glänzende Hochzeit. Dem verschmähten
Reginald aber wandte der Rachegeist das Herz im
Busen, und er ging und ermordete die Liebenden in
ihrem Brautbette. Im Todeskampfe griff Waleram in
des Bruders Mordwaffe, schlug ihm die blutende
Hand ins Gesicht und sank dann tot zurück. Der Mörder
schnitt vom Haupt der von ihm erdolchten Braut
eine Locke und entwich, war auch nimmer zu finden,
als man die Toten fand und bejammerte und den Mörder
ahnete. Es lebte dazumal nicht allzuweit vom
Schlosse Falkenberg ein frommer Einsiedel, dessen
Klause neben einer kleinen Kapelle stand. Bei dem
klopfte es an um Mitternacht und begehrte Einlaß im
Namen des Himmels. Reginald war's, den die Reue
marterte, und auf dessen Gesicht die Spur einer blutigen
Hand unaustilgbar sichtbar war, ein Wahrzeichen,
was kein Wasser abwusch. Reginald beichtete
dem Einsiedel seine schwere Schuld, und der hieß ihn
mit ihm gehen, und führte ihn in die Kapelle, und
kniete mit ihm am Altare, und betete mit ihm die
ganze Nacht. Am andern Morgen gebot der Einsiedel
dem Grafen Reginald von Falkenberg: Wandelt als
büßender Pilger gen Norden und immer gen Norden,
bis Ihr keine Erde mehr unter den Füßen habt, dann
wird Gott Euch durch ein Zeichen offenbaren, was Ihr
weiter beginnen sollt. Da sprach Reginald kein anderes
Wort als Amen und verbrannte an der ewigen
Ampel des Altars Alixens Locke und ging von dannen,
gen Norden und immer gen Norden, und büßte
und betete. Und da sind zwei Gestalten mit ihm gegangen,
eine weiße zu seiner Rechten und eine
schwarze zu seiner Linken; die zur Rechten bestärkte
ihn im Büßen und Beten, die zur Linken aber flüsterte
ihm zu, davon abzulassen und den Freuden der Welt
zu leben, und so kämpften sie um seine Seele, und
dieser Kampf, den er im Herzen fühlte und mitkämpfte,
war seine Buße. So ging er Tage lang, und Wochen
lang, und Monden lang, bis er am Meere stand
und kein Erdreich mehr vor sich sah, darauf er seinen
Fuß hätte setzen können. Aber da fuhr ein Nachen
heran, da saß einer drin, der winkte Reginald und
sprach: Exspectamus te! Und das war das Zeichen,
und Reginald stieg in den Kahn, und die zwei Gestalten
mit ihm. Und der Mann im Nachen stieß ab und
fuhr nach einem großen Schiffe hin, das im Meere lag
und alle Segel aufgespannt hatte und alle Flaggen aufgezogen.
Da stiegen die drei an Bord, und der Mann
samt dem Nachen verschwand, und das Schiff segelte
durch das Meer. Reginald aber ging unter das Verdeck
des Schiffes, das ganz menschenleer war und
ohne alle Bemannung; da stand eine Tafel und Stühle,
und die drei setzten sich, und die schwarze Gestalt
legte drei beinerne Würfel auf den Tisch und sprach:
Jetzt wollen wir um deine Seele würfeln bis zum
Jüngsten Tag.
Und das tun sie noch heute, ohne Ruder und ohne
Steuer fährt das Schiff durch den Ozean im Norden,
zur Nacht webern Flammen auf seinen Masten und
tanzen auf den Rahen. Seine Segel sind grau wie
Erde, und seine Flaggen sind fahl wie abgebleichte
Bänder an Totenkränzen. Sein Bord ist leer, und am
Steuer steht kein Steuermann. Sein Gang ist Flug, und
sein Begegnen ist Fluch, Unheil verheißend dem
Fahrzeug, dem es begegnet. Mancher Schiffer hat es
schon gesehen, und es hat ihm Grausen erregt. Selbst
bei Windstille fliegt es wie ein Pfeil über die Meeresglätte.