Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil. Gustav Schwab
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Название: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil

Автор: Gustav Schwab

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783742772916

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СКАЧАТЬ Griechen waren die kämpfenden Scharen der Feinde in eine Weinpflanzung gelockt worden, in der

       die Stellung der Danaer die günstigere war. Diesen Augenblick ersah sich Achill, und während

       Telephos vom Falle sich erhob, durchbohrte ihm der Wurfspieß des Peliden die linke Weiche. Er

       richtete sich dennoch auf, zog das Geschoß aus der Seite, und durch den Zusammenlauf der Seinigen

       beschirmt, entging er weiterer Gefahr. Noch lange hätte das Treffen mit abwechselndem Glücke

       fortgedauert, wenn nicht die Nacht eingebrochen wäre und beide Teile, der Ruhe bedürftig, sich von

       dem Kampfplatze zurückgezogen hätten. Und so begaben sich die Mysier nach ihrer Königsstadt, die

       Griechen nach ihrem Ankerplatze zurück, nachdem von beiden Seiten viele tapfere Männer gefallen,

       viele verwundet waren. Am folgenden Tage schickten beide Teile Gesandte wegen eines

       Waffenstillstandes, damit die Leiber der Gefallenen zusammengesucht und begraben werden

       könnten. Jetzt erst erfuhren die Griechen zu ihrem Staunen, daß der König, der sein Gebiet so

       heldenmütig verteidigt habe, ihr Volksgenosse und der Sohn ihres größten Halbgottes sei, und

       Telephos ward mit Schmerzen inne, daß ihm Bürgerblut an den Händen klebe. Nun fand es sich auch,

       daß im griechischen Heere drei Fürsten waren, Tlepolemos, ein Sohn des Herakles, Pheidipp und

       Antiphos, Söhne des Königes Thessalos und Enkel des Herakles, alle drei also Verwandte des Königes

       Telephos. Diese nun erboten sich, im Geleite der mysischen Gesandten vor ihren Bruder und Vetter

       Telephos zu gehen und ihm näher zu berichten, wer die Griechen seien, die an seiner Küste gelandet,

       und in welcher Absicht sie nach Asien kämen. Der König Telephos nahm seine Verwandten liebreich

       auf und konnte sich nicht genug von ihnen erzählen lassen. Da erfuhr er, wie Paris mit seinem Frevel

       ganz Griechenland beleidigt hatte und Menelaos mit seinem Bruder Agamemnon und allen

       verbündeten Griechenfürsten aufgebrochen sei. »Darum«, sprach Tlepolemos, der als ein leiblicher

       Halbbruder des Königes für die übrigen das Wort führte, »lieber Bruder und Landsmann, entzeuch

       dich deinem Volke nicht, für das ja auch unser lieber Vater Herakles an allen Orten und Enden der

       Welt gestritten, von dessen Vaterlandsliebe ganz Griechenland unzählige Denkmale aufzuweisen hat;

       heile die Wunden wieder, die du, ein Grieche, Griechen geschlagen hast, indem du deine Scharen mit

       den unsrigen vereinigst und als unser Verbündeter gegen das meineidige Trojanervolk ziehest.«

       Telephos richtete sich von seinem Lager, auf welchem er, durch die Wunde des Achill

       darniedergestreckt, die griechischen Helden empfangen hatte, mit Mühe auf und erwiderte

       freundlich: »Eure Vorwürfe sind nicht gerecht, liebe Volksgenossen; durch eure eigene Schuld seid ihr

       aus Freunden und Blutsverwandten meine erbitterten Feinde geworden. Haben doch die

       Küstenwächter, meinem strengen Befehle gehorsam, euch wie alle Landenden geziemend nach

       Namen und Abkunft gefragt und nicht nach roher Barbarenweise, sondern nach dem Völkerrechte

       der Griechen mit euch gehandelt. Ihr aber seid in der Meinung, daß gegen Barbaren alles erlaubt sei,

       ans Land gesprungen ohne ihnen die verlangte Weisung zu geben, und habt meine Untertanen, ohne

       sie anzuhören, niedergemacht. Auch mir habt ihr« ‐ hier zeigte er auf seine Seite ‐ »ein Andenken

       hinterlassen, das mich, wohl fühle ich es, mein Leben lang an unser gestriges Zusammentreffen

       erinnern wird. Doch grolle ich euch darüber nicht und kann die Freude, Blutsverwandte und Griechen

       in meinem Reiche aufgenommen zu haben, nicht zu teuer erkaufen. Höret nun, was in Beziehung auf

       eure Anforderung mein Bescheid ist: Gegen Priamos zu Felde zu ziehen mutet mir nicht zu. Mein

       zweites Gemahl, Astyoche, ist seine Tochter; dazu ist er selbst ein frommer Greis, und seine übrigen

       Söhne sind edelmütig, er und sie haben keinen Anteil an dem Verbrechen des leichtsinnigen Paris.

       Sehet dort meinen Knaben Eurypylos; wie sollte ich ihm das Herzeleid antun und das Reich seines

       Großvaters zerstören helfen! Wie ich aber dem Priamos nichts zuleide tun will, so werde ich auch

       euch, meine Landsleute, auf keinerlei Weise schädigen. Nehmet Gastgeschenke von mir und fasset

       Mundvorrat, soviel euch nötig ist. Dann gehet hin und fechtet in der Götter Namen euren Handel

       aus, den ich nicht schlichten kann.«

       Mit dieser gütigen Antwort kamen die drei Fürsten vergnügt in das Lager der Argiver zurück und

       meldeten dem Agamemnon und den andern Fürsten, wie sie Freundschaft im Namen der Griechen

       mit Telephos geschlossen. Der Kriegsrat der Helden beschloß, den Ajax und Achill sofort an den König

       zu senden, daß sie das Bündnis mit ihm bestätigten und ihn wegen seiner Wunde trösteten. Diese

       fanden den Herakliden schwer an der Verletzung darniederliegen, und Achill warf sich weinend über

       sein Lager und bejammerte es, daß sein Speer unwissentlich einen Landsmann und edlen Sohn des

       Herakles getroffen. Der König aber vergaß seine Schmerzen und bedauerte nur, von der Ankunft so

       herrlicher Gäste nicht unterrichtet gewesen zu sein, um ihnen einen königlichen Empfang zu

       bereiten. Hierauf lud er die Atriden feierlich in seine Hofburg ein, bewirtete sie mit festlicher Pracht

       und erfreute sie mit köstlichen Geschenken. Diese brachten auf die Bitte Achills die beiden

       weltberühmten Ärzte Podaleirios und Machaon mit, die Wunde des Königes zu untersuchen und zu

       heilen. Das letztere gelang ihnen zwar nicht, denn der Speer des Göttersohnes hatte seine eigene

       Kraft, und die Wunden, die er schlug, widerstanden der Heilung; doch befreiten die Linderungsmittel,

       die sie auflegten, den König für den Augenblick von den unerträglichsten Schmerzen. Und nun

       erteilte er von seinem Krankenlager aus den Griechen allerlei heilsame Ratschläge, versah die СКАЧАТЬ