Spanische Lexikologie. Bernhard Pöll
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Название: Spanische Lexikologie

Автор: Bernhard Pöll

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823301059

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       Fixierung der Abfolge der Komponenten, was z.B. in den folgenden Paarformeln deutlich wird: sano y salvo vs. *salvo y sano; al fin y al cabo vs. *al cabo y al fin; amigos y enemigos vs. *enemigos y amigos.

       Pragmatische Fixierung: Die sog. pragmatischen Idiome oder Routineformeln (Grußformeln, stereotype Entschuldigungsformeln etc.) sind nicht nur in ihren Komponenten fixiert, sondern auch an bestimmte Situationen gebunden. Ähnliches gilt auch für andere Typen von Phraseologismen, die einen bestimmten Situationskontext verlangen.

       “Transformationelle Defektivität”: Der Begriff, der von Vertretern der Generativen Grammatik geprägt wurde,3 bezeichnet den Umstand, dass Phraseologismen in der Regel Transformationen wie Topikalisierung, Nominalisierung, Expansion und Passivierung nicht unterzogen werden können: pagar el pato (‘etwas ausbaden’) vs. *el pato que pagó, *el pato, no lo ha pagado, *el pago del pato, *pagar el nuevo pato. Da hier in jedem Fall semantisch nicht präsente Elemente manipuliert werden, geht die an die fixe Komponentenabfolge gebundene Bedeutung verloren, sodass die entstehenden Äußerungen nur mehr wörtlich verstanden werden können. Eine andere Form von Nominalisierung, bei der der gesamte Ausdruck manipuliert wird, ist hingegen nicht ausgeschlossen: el hecho de pagar el pato.

      Alle genannten Beschränkungen gelten für den normalen Gebrauch ohne spezifische Ausdrucksintentionen wie Ironie, Sprachspiel etc. Wenn eine Komponente eines Phraseologismus vom Sprecher aber mit der Sprechsituation konkret in Verbindung gebracht werden kann (Remotivierung), sind prinzipiell wieder alle Modifikationen möglich: Austausch von Komponenten, Expansion, Umkehr der Abfolge etc. Solche “Verletzungen” der Stabilität von Phraseologismen sind häufig in journalistischen Texten und in der Werbesprache zu beobachten, cf. die folgenden Beispiele (aus Piñel 1997):

      Divide y ganarás (Werbung für Grupo Santander; < divide y vencerás)

      Deja vivir y vive (Kampagne für Aids-Prävention; < vive y deja vivir)

      Las copas claras (Werbung für Marie Brizard; < las cosas claras)

       Lexikalisierung und Reproduzierbarkeit

      Unter Lexikalisierung versteht man im Allgemeinen die Aufnahme einer neuen Einheit in das Lexikon. Sie dient wie die Wortbildung und die Entlehnung aus anderen Sprachen der Erweiterung des Begriffs- und Ausdrucksvorrats einer Sprache (cf. dazu Motsch 1983). Der Prozess der Aufnahme einer neuen Einheit geht häufig mit phonologischen und morphologischen Veränderungen einher; bei neuen mehrgliedrigen Einheiten, die ins Lexikon übernommen werden, ist damit immer eine (wenn auch manchmal nur minimale) semantische Veränderung verbunden:

      Lexikalisierung ist oft (aber nicht immer) damit verbunden oder davon gefolgt, daß die komplexen Wörter idiosynkratische Eigenschaften annehmen, d.h. formal, semantisch oder phonologisch nicht mehr transparent sind. (Schwarze/Wunderlich 1985, 16)

      Im zeitlichen Ablauf kann man sich diesen Prozess etwa so vorstellen: Die semantische Veränderung (Abbildung eines neuen Begriffs) geht dem Eintreten voran, was nachfolgende Bedeutungsentwicklungen aber nicht ausschließt; durch hohe Gebrauchsfrequenz folgen eventuell morphologische und phonologische Modifikationen (Vereinfachungen) – es kommt zu “interne[m] Strukturverlust” (Coulmas 1985, 255). Häufige Beispiele dafür wären Verschiebungen der Flexionsmarkierungen (alta voz > altavoz, pl. altavoces), Akzentverschiebungen ('rica 'dueña > rica'dueña), phonologische Assimilation (agua ardiente > aguardiente), Genuswechsel (una cara dura > un caradura) usw.

      Reproduzierbarkeit meint, dass ein Element im konkreten Sprechakt nicht konstruiert, sondern aus dem (mentalen) Lexikon abgerufen wird, wo es als Ganzes gespeichert ist. In der Terminologie von E. Coseriu wird deshalb der Bereich der Phraseologie auch als “wiederholte Rede” bezeichnet (cf. z.B. Thun 1978).

      Lexikalisierung zieht oft die Aufnahme in Wörterbücher nach sich. Für komplexe Wortschatzelemente stellt sich dabei die Frage, wie (und wo) sie in traditionell alphabetisch geordnete Wörterbücher integriert werden sollen.4

      2.3 Satzwertige Phraseologismen und Sprichwörter

      Neben den weiter oben nur kurz angesprochenen pragmatischen Idiomen gehören zur Phraseologie i.w.S. auch satzwertige Phraseologismen. Aus traditioneller Sicht ist ihre Zugehörigkeit zum Lexikon problematisch, da sie nicht auf der Satzebene integriert werden oder in jedem Fall ihre sprachliche Anschließbarkeit geringer ist, cf.

      ni hablar del peluquín ‘das kommt gar nicht in Frage’

      el mundoV: Stadtname o.ä. es un pañuelo ‘die Welt ist ein Dorf’

      Ha pasadoV: pasó un ángel.1

      Ein ähnliches Problem ergibt sich mit Sprichwörtern, Sentenzen und sprichwörtlichen Redensarten, dem Gegenstandsbereich der traditionell eng mit der Volkskunde und Literaturwissenschaft verbundenen Parömiologie.

      Was ihre Bedeutungsstruktur betrifft, sind natürlich auch sie als nicht kompositionell zu interpretieren. Man muss sich allerdings fragen, ob man sie zum Sprachsystem zählen soll oder ob sie eher Texte sind, die zum kulturellen und sozialen Gemeingut gehören und als solche zitiert werden. Thun (1978, 242) betrachtet sie als “fertige Texte […], die andere kommentieren”. Neben der Funktion des Kommentars haben sie aber auch noch andere illokutionäre Funktionen (z.B. Rat, Vorschlag, etc.). A quien madruga, Dios le ayuda kann beispielsweise als Rat oder Mahnung gemeint sein; bei De la abundancia del corazón habla la boca kann in der Verwendung Ironie oder vielleicht auch Mitleid ausgedrückt werden, und bei Quien la hace la paga mag der Ausdruck der Überlegenheit oder Schadenfreude Hauptintention der Verwendung sein.

      3 Zur Formseite des Wortschatzes: Wörter und ihr innerer Aufbau

      3.1 Allgemeines

      Im vorangegangenen Kapitel wurden ausgehend von der lexikalischen Basiseinheit Wort bzw. Lexem weitere Einheiten des Lexikons beschrieben (komplexe Wörter, Phraseologismen etc.). Dabei war die Perspektive vom Kleineren zum Größeren gerichtet. In diesem Abschnitt nehmen wir eine umgekehrte Blickrichtung ein und befassen uns mit der Frage,

      1 wie einfache und komplexe Wörter aufgebaut sind und

      2 nach welchen Prinzipien aus Bauteilen unterhalb der Wortebene neue Wörter entstehen.

      Die beiden Fragen können nicht getrennt voneinander behandelt werden, da sich aus (a) die Prinzipien von (b) ableiten lassen. Der existierende Wortschatz gibt also vor, wie zukünftig gebildete Wörter aufgebaut sein werden.

      Neue Wörter werden aus zwei Gründen gebildet: Auf der einen Seite muss eine Sprechergemeinschaft dem Wandel der sie umgebenden Welt Rechnung tragen und neue Begriffe sprachlich abbilden (sog. Nomination). Wortbildung ist eine von mehreren Möglichkeiten, diese Aufgabe zu erfüllen. Sie steht neben der Entlehnung aus anderen Sprachen und der Bedeutungsveränderung bestehender Wörter, z.B. durch Metaphorisierung.

      Auf der anderen Seite haben manche Produkte der Wortbildung auch die Funktion von Phrasen, dann nämlich, wenn sie der individuellen, meist spontanen Beschreibung von bestimmten Situationen und Sachverhalten dienen. Beispiele dafür sind die sog. Augenblicksbildungen wie coleccionista trotagalerías ‘Sammler, der gern/häufig Galerien besucht’ (nach СКАЧАТЬ