Spanische Lexikologie. Bernhard Pöll
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Название: Spanische Lexikologie

Автор: Bernhard Pöll

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823301059

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СКАЧАТЬ Definition sieht vor, dass Wörter minimale freie Formen sind, d.h. auch unabhängig vorkommen können: Leonard Bloomfield baut diese Argumentation in drei Stufen auf: 1. “forms which occur as sentences are free forms”, 2. “a free form which is not a phrase, is a word”, 3. “a word is a minimum free form” (Bloomfield 1933, 177f.). Damit können wir z.B. quiero in der Äußerung quiero decírtelo zweifelsfrei als Wort identifizieren, und diese Sicht deckt sich auch mit unserer Intuition. In anderen Fällen aber würden Einheiten ausgegliedert, die wir intuitiv sehr wohl als Wörter ansehen: Da beispielsweise der Artikel nie allein vorkommt und auch nicht als Satz auftreten kann, wäre er kein Wort, dasselbe gilt etwa auch für Präpositionen, die nie ohne das Element vorkommen, das sie regieren. Anders gesagt, es fallen alle sog. Funktionswörter, deren Leistung darin besteht, Beziehungen zwischen Elementen eines Satzes oder Textes herzustellen, aus der Definition heraus: Artikel, Konjunktionen, (adjektivische) Pronomen.

      Das wesentliche und leicht mit unserer Intuition zu vereinbarende Kriterium zur Bestimmung des Wortbegriffs scheint der innere Zusammenhang von Einheiten zu sein. So können wir beispielsweise in dem Satz tienes que formatear el disco duro zwischen el und disco duro problemlos ein attributives Adjektiv, etwa nuevo, einfügen. Auf der darunterliegenden Ebene ist dies nicht mehr möglich: Bricht man Einheiten wie formatear oder disco duro auf, indem man ein Element einschiebt oder Komponenten vertauscht, ist das Ergebnis kein wohlgeformtes, d.h. den Regeln der spanischen Morphologie gehorchendes Produkt mehr. Analog gilt das auch für komplexere Einheiten: *caña azul de azúcar, *caña de mi azúcar usw. In diesen Fällen bleibt die Äußerung zwar prinzipiell interpretierbar (wie?), man kann damit aber wohl kaum mehr auf das Sachobjekt ZUCKERROHR referieren.

      Unter Anwendung dieses Kriteriums können wir in dem Mini-Text

      [ajkerespetaɾlas'foɾmas 'kujðalas'foɾmasiseɾasrespe'taðo]

      problemlos diese elf Wörter wiedererkennen:

      Hay que respetar las formas; ¡cuida las formas y serás respetado!

      Allerdings werden manche vielleicht sagen, es handle sich nicht um elf Wörter, sondern nur um sieben. Beide Berechnungen sind auf ihre Weise richtig: Wer zum Ergebnis elf kommt, zählt einzelne Wortformen, wer nur auf sieben kommt, fasst jeweils zwei Wortformen zu einer abstrakteren Einheit zusammen, zu einem Lexem.1 Doch auch hinter den anderen Wortformen nehmen wir sinnvollerweise abstrakte Lexeme an.

      Um Lexeme zu zitieren, verwendet man bei den flektierbaren Wortarten in der Regel den Infinitiv (beim Verb) bzw. die Form des Singulars2 (Substantive, Adjektive); gelegentlich wird auch nur der Stamm zitiert (z.B. respet-), insbesondere dann, wenn sie unter dem Gesichtspunkt der Wortbildung oder Morphologie betrachtet werden.3 Für Lexem als Basiseinheit des Lexikons verwendet man gelegentlich auch den vom französischen Semantiker Bernard Pottier geprägten Begriff Lexie.

      Zusammenfassend können wir festhalten, dass wir es bei Wörtern entweder mit konkreten Wortformen oder abstrakten Lexemen zu tun haben. Wie der Gegensatz zwischen (Allo-)Phon und Phonem beruht auch diese Opposition auf der Saussureschen Dichotomie langueparole.

      2.2 Komplexe und mehrgliedrige Lexeme: Phraseologie

      Lexeme können aus mehreren Komponenten oder Formelementen bestehen. Einfache Beispiele dafür sind Komposita, z.B. lavavajillas, fotocopia oder altavoz. Auch abgeleitete Wörter wie bíblico (← biblia), ensayista (← ensayo) oder formalizar (← formal) gehören hierher. Neben diesen komplexen Lexemen gibt es auch Einheiten, die in ihrem Aufbau syntaktischen Regeln gehorchen, ohne allerdings wie Phrasen zu funktionieren. Beispiele wären:

      1 saber (algo) a demonios ‘tener (algo) muy mal sabor’

      2 como una bala ‘velozmente’

      3 (dar) carta blanca ‘(otorgar) plenos poderes’

      4 lobo de mar ‘marinero con mucha experiencia’

      5 subírsele el pavo ‘ponérsele (a uno) la cara roja a causa de la vergüenza’

      6  ¡buenas noches!

      Es handelt sich um formelhafte Wendungen, die man v.a. auch als idiomatische Wendungen, Phraseologismen, Phraseolexeme oder Idiome (von engl. idiom) bezeichnet. Im Spanischen spricht man von frases hechas, modos de decir, modismos, unidades fraseológicas usw. Man fasst sie unter den Begriffen Phraseologie oder auch Idiomatik zusammen.1

      Phraseologismen sind durch drei je unterschiedlich stark ausgeprägte Grundmerkmale gekennzeichnet (cf. Ruiz 1998, Zuluaga 2012):

       Idiomatizität

      Darunter versteht man, dass die Bedeutung der Einheit nicht direkt aus der Bedeutung der Komponenten abgeleitet werden kann. In aller Regel ergibt sich gemäß dem sog. Kompositionalitätsprinzip (auch: Frege-Prinzip) die Bedeutung mehrgliedriger Äußerungen aus den Bedeutungen der Komponenten; man könnte auch sagen, sie ist eine Funktion dieser Einzelbedeutungen. Ausdrücke, in denen keine der Komponenten zur Gesamtbedeutung beiträgt, sind vollidiomatisch. Das oben zitierte Beispiel subírsele el pavo fällt in diese Kategorie. Andere Phraseologismen wie saber a demonios sind teilidiomatisch, weil nicht alle Komponenten umgedeutet sind; saber kommt hier auch in seiner wendungsexternen Bedeutung vor. Faktisch sind vollidiomatische Phraseologismen völlig unmotiviert; vor allem muttersprachliche Sprecher empfinden dies aber anders, weil der idiomatischen Bedeutung u.U. eine für sie einleuchtende und besonders treffende Metapher zugrundeliegt (cf. Burger 1989a, 26). Das kann auch für Phraseologismen gelten, die unikale Elemente enthalten, d.h. solche, die in anderen Kontexten nicht (mehr) vorkommen, z.B. de pe a pa ‘desde el principio hasta el fin’ oder en un santiamén ‘rápidamente, en muy poco tiempo’. Sie müssen ebenfalls als vollidiomatisch aufgefasst werden. Neben der Metapher sind die Metonymie und die Synekdoche die wichtigsten Formen der Bedeutungskonstitution bei Phraseologismen. Auffällig ist dabei, dass es in allen europäischen Sprachen einen Grundstock an gleichen oder zumindest sehr ähnlichen Phraseologismen gibt; in der Regel sind sie nicht polygenetisch entstanden (verschiedene Sprachgemeinschaften greifen zufällig zur selben Metapher), sondern erklären sich aus einer gemeinsamen Bildquelle (z.B. Bibel, Texte der Weltliteratur), die durch Übersetzung an verschiedene Sprachgemeinschaften vermittelt wurde.2

      Schließlich sind auch bestimmte, auf den ersten Blick völlig transparent erscheinende, feste Wendungen wie legítima defensa oder saber perder idiomatisch im Sinne von “semantisch nicht ganz regulär”: legítima defensa ist nicht das gleiche wie defensa legítima, und saber perder bedeutet nicht ‘zu wissen, was man tun muss, um zu verlieren’.

       Stabilität

      Wie eingangs erwähnt, verhalten sich Phraseologismen, egal ob vollidiomatisch, teilidiomatisch oder nur semantisch leicht irregulär, anders als freie Phrasen; sie sind fixiert. Ihre Festigkeit und Stabilität manifestiert sich in mehrerlei Form:

       Lexikalisch-semantische Fixierung, d.h. die Bedeutung ist an die Realisierung bestimmter Komponenten gebunden: canela fina ‘das Feinste vom Feinen’ vs. *canela delicada; no tener sangre en las venas ‘Fischblut in den Adern haben’ vs. *no tener sangre en las arterias; brillar por su ausencia ‘durch Abwesenheit glänzen’ vs. *resplandecer por su ausencia. Der Austausch von СКАЧАТЬ