Spanische Lexikologie. Bernhard Pöll
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Spanische Lexikologie - Bernhard Pöll страница 11

Название: Spanische Lexikologie

Автор: Bernhard Pöll

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823301059

isbn:

СКАЧАТЬ ein Begriff wird dadurch definiert, dass man ihn in seine nächsthöhere Klasse einreiht (genus proximum) und die Merkmale angibt, die ihn von seinen “Nachbarn” unterscheiden (differentia specifica) –, ist uns aus Wörterbüchern vertraut, da viele Definitionen so formuliert sind.2 Auch bei alltäglichen metasprachlichen Aktivitäten, wie dem Differenzieren von Synonymen, wird unbewusst mit semantischen Merkmalen operiert. Dieses Vorgehen wird vielfach auch als das Prinzip der hinreichenden und notwendigen Bedingungen bezeichnet: Um in eine Kategorie eingereiht zu werden, muss ein Begriff alle genannten Bedingungen erfüllen – sie sind für diese Kategorisierung notwendig –, und der Umstand, dass ein Begriff die relevanten Bedingungen erfüllt, führt automatisch zur Eingliederung in die Kategorie – die Bedingungen sind hinreichend.

      Im Unterschied zu den Merkmalen der Phonologie, die mit Mitteln der akustischen Phonetik direkt physikalisch beschreibbar sind, ist der Status der semantischen Merkmale diffuser; ob sie neben ihrer offensichtlichen kognitiven Realität auch eine neuro-physiologische haben, ist unklar (cf. Lüdi 1985, 68 u. 88f.).

      Die relevanten Oppositionen für das Aufdecken der Merkmale sind paradigmatisch und syntagmatisch: Lexeme stehen in Opposition zu anderen, u.U. bedeutungsähnlichen Lexemen; analog zu Minimalpaaranalysen können aus solchen Vergleichen die distinktiven semantischen Merkmale ermittelt werden. Bei der syntagmatischen Methode erfolgt die Bestimmung der semantischen Merkmale über die Distribution, d.h. die verschiedenen Kontexte, in denen das betreffende Lexem vorkommt.

      Die paradigmatische Methode lässt sich anhand des schon klassischen Beispiels der “Sitzgelegenheiten” gut darstellen; ursprünglich wurde dieser Komplex von B. Pottier für das Französische analysiert. K. Baldinger (1970, 79) hat es analog für das Spanische durchexerziert. Zufällig decken sich hier die spanischen und die französischen Strukturen weitestgehend:

s1 s2 s3 s4 s5 s6
chaise/silla + + + + +
fauteuil/butaca + + + + + +
tabouret/taburete + + + +
canapé/canapé + + + + +
pouf/posón (vulg.) + + +

      “s” steht für die verschiedenen semantischen Merkmale (Seme):

      s1 = con respaldo

      s2 = sobre pie (= elevado sobre el suelo)

      s3 = para una persona

      s4 = para sentarse

      s5 = con brazos

      s6 = con material rígido

      Die Summe der jeweiligen Seme des Lexems bezeichnet man als sein Semem. Auffallend ist, dass alle Lexeme die Seme 2 und 4 gemeinsam haben und sich jedes von den anderen in mindestens einem Sem unterscheidet. Für die Seme 2 und 4 existiert ein eigenes Lexem, das man als Archilexem bezeichnet (frz. siège, sp. asiento). Ein solches muss aber nicht existieren, wie das Deutsche beweist; man spricht dann von einem Archisemem, das man gegebenenfalls mit Hilfe eines Kompositums (Sitzgelegenheit) oder einer beschreibenden Paraphrase explizieren kann.

      Anhand dieses Beispiels lassen sich einige Probleme und Missverständnisse im Zusammenhang mit der Semanalyse aufzeigen:

      Solchen Analysen hat man gelegentlich vorgeworfen, es handle sich nicht um sprachliche, sondern um Sachfelder, die angenommenen Seme seien nichts anderes als Sacheigenschaften der Referenten. Dies kommt letztlich dem Vorwurf gleich, Bedeutung würde über die Referenz bestimmt. Richtig ist sicherlich, dass Seme teilweise Abbildfunktion für den Referenten haben, allerdings handelt es sich beim jeweiligen Bündel an semantischen Merkmalen keinesfalls um eine rein sachweltliche Strukturierung, sondern um eine sprachliche und – daraus folgend – häufig einzelsprachspezifische Strukturierung. E. Coseriu (1995, 118) hat dies in seiner umfassenden und wortreichen Apologie der Lexematik deutlich gemacht:

      el campo fr. ‘siège’ estudiado por B. Pottier no es […] un campo no lingüístico, de ‘cosas’; es campo léxico del francés, con distinciones propias de la lengua francesa, y en que en otras lenguas podría presentar estructuración muy diferente. Los asientos mismos, sí, son objetos propios de un determinado ámbito de cultura material; pero no es hecho de cultura material la estructuración semántica de los lexemas que los designan.

      Und weiter:

      Así, todos los tipos de objetos designados por los lexemas del campo fr. ‘siège’ se conocen en la misma forma también en Rumanía; pero el correspondiente campo léxico rumano está estructurado de otro modo que el del francés. Y claro está, tampoco importa que los rasgos diferenciadores correspondan a propriedades objetivas de las cosas designadas; lo que importa es si son o no son rasgos distintivos del significado en una lengua. Por ejemplo, ‘con respaldo’ corresponde a una propriedad objetiva de las ‘chaises’ de Pottier, pero – aunque también las sillas rumanas tengan respaldo – no es rasgo distintivo del significado de rum. scaun, que, por ello, corresponde también a fr. tabouret.

      Dennoch bleiben weitere Probleme bestehen:

      1 Der Analyse der Oppositionen ist ein onomasiologisch motiviertes, d.h. von den Referenten ausgehendes Verfahren vorgeschaltet, in dem der zu untersuchende Wirklichkeitsausschnitt selbst bestimmt wird. Dabei kommt es – wie man z.B. Pottier vorgeworfen hat – zu einer unzulässigen Reduktion. Warum findet sich im Ensemble der Sitzgelegenheiten nicht auch sofa (sp. sofá) oder banc (sp. banco). Pottier hat seine Beschränkung mit pragmatisch-situationellen Argumenten zu retten versucht (Disponibilität der Lexeme in einer bestimmten Situation). Damit ist aber z.B. nicht geklärt, warum im Spanischen poltrona nicht mit einbezogen wurde. Die Hinzunahme anderer Lexeme könnte u.U. zu einer Erweiterung der relevanten Seme führen, da andere Distinktionen notwendig werden können.

      2 Es ist nicht auszuschließen, dass Merkmale als distinktiv angenommen werden, die nur akzidentell sind und beim Referenten mit mehr oder weniger großer Konstanz beobachtet werden. Damit ist u.a. die in hohem Maße prekäre Unterscheidung zwischen sprachlichem Wissen und Sachwissen (enzyklopädisches oder Weltwissen) angesprochen.

      3 Eine einmal durchgeführte Semanalyse kann nicht immerwährende Gültigkeit beanspruchen, da sich die Welt der Referenten ändern kann СКАЧАТЬ