Gerichtsdolmetschen. Christiane Driesen
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Название: Gerichtsdolmetschen

Автор: Christiane Driesen

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823300472

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СКАЧАТЬ aus anderen Kulturen zuverlässig und vertrauenswürdig3 zu erscheinen. Dolmetschen ist eine Dienstleistung; Anbieter von Dienstleistungen stellen ihre Belange üblicherweise hinter die ihrer Kundschaft bzw. Auftraggeber. Ein Arzt oder ein Notar mit auffälligen Piercings und Punkfrisur würde im Allgemeinen auch nicht als vertrauenswürdige Erscheinung wahrgenommen werden.

      Das Einhalten der Grundregeln der Höflichkeit und der kulturellen Bräuche muss selbstverständlich sein. Dies gilt insbesondere für die Begrüßung und für die Vorstellung als Dolmetscher, aber auch für Situationen, in denen unentbehrliche Klärungsfragen gestellt werden müssen oder für die angemessene Reaktion auf berechtigte und sogar unberechtigte Kritik.

      2.3 Erwerb von Fertigkeiten der Kommunikationskompetenz

      Spezifische Fertigkeiten, die dem Erwerb und der Verbesserung der mündlichen Dolmetschkommunikation dienen, werden nun in diesem Modul zuerst beschrieben. Angesprochen werden: Souveränität durch sicheres und korrektes Auftreten, visualisierendes Gedächtnis, Redegewandtheit, freies Sprechen und korrekte Vorlesetechnik.

      2.3.1 Souveränität durch Körperhaltung und -sprache

      2.3.1.1 Richtiges Atmen

      So offensichtlich es auch erscheinen mag, die richtige Atemtechnik ist die Grundlage einer guten Dolmetschleistung. Richtiges Atmen ist zur Bekämpfung des Stresses und zur Förderung der Konzentration unentbehrlich. Die Modulierung der Stimme1 hängt auch direkt von der Atmung ab. Gemeint ist hier eine korrekte Bauchatmung.2

      2.3.1.2 Gerades Stehen, gerades Sitzen

      Gerades Stehen und gerades Sitzen sind Grundvoraussetzung für das richtige Atmen. Beim Sitzen sollte man vermeiden, die Atmung durch Anlehnen an die Tischkante zu behindern. Andererseits vermittelt eine gerade Körperhaltung den Eindruck professioneller Selbstsicherheit. Dabei soll das Körpergewicht gleichmäßig auf beiden Füßen verteilt werden. Der so genannte „Bärentanz“, d.h. das Balancieren von einem Fuß auf den anderen, irritiert das Publikum und zeigt die Verlegenheit des Dolmetschers allzu deutlich.

      2.3.1.3 Natürliche Gestik zur Unterstützung der Rede (Mitteilung)

      In nördlichen Ländern wirkt Gestikulieren unseriös. Eine dezente Gestik ist dennoch sehr hilfreich zur Unterstützung der richtigen Wortwahl. Einige Grundsätze sollten dabei beachtet werden:

      Die Hände und Arme bewegen sich im Bereich des Oberkörpers und unterhalb des Halses. Gesicht und Haare sollten möglichst nicht berührt werden, da dies das Publikum ablenkt. Die Arme zu verschränken signalisiert Kommunikationsunwillen. Die Gestik sollte sich tendenziell nach oben und zum Publikum hinrichten.

      2.3.1.4 Blickkontakt mit dem Publikum

      Wie jeder erfahrene Kommunikator schaut der Dolmetscher seine Adressaten grundsätzlich an. Im Falle mehrerer Adressaten werden diese abwechselnd und möglichst regelmäßig angeschaut. Ausschließlich eine einzige Person anzustarren ist dieser möglicherweise peinlich. Die Anderen fühlen sich ausgeschlossen und könnten negativ reagieren. Die gedolmetschte Mitteilung soll wie die Originalmitteilung vorgetragen werden. Das ist nur möglich, wenn der Dolmetscher den Translationsvorgang vor dem Sprechen abgeschlossen hat. Sobald der Sinn (Bedeutung) verarbeitet worden ist, ergeben sich die passenden „Worthülsen“ (Bezeichnung) beim Ansprechen der Adressaten wie von selbst.

      Den Blickkontakt zu halten ist auch höchst wichtig, um aufkommende Angriffe in Form von kritischen Bemerkungen rechtzeitig abzuwehren. Perplexität, Zweifel und Aggressivität zeigen sich auf den Gesichtern, und der Dolmetscher kann sich besser darauf einstellen, wenn er das Publikum nicht aus den Augen verliert.

      2.3.1.5 Sprechrhythmus und Pausen

      Der Sprechrhythmus wird vom Abstand zum Adressaten bestimmt. Je weiter ein Sprecher vom Publikum entfernt ist, desto langsamer und artikulierter sollte er sprechen. Die korrekte Atemtechnik reguliert die effiziente Projektion der Stimme. Schnell und dynamisch zu sprechen ist günstig, damit dem Redner zusammengehörende Begriffe (Kollokationen) spontaner einfallen. Bei einem schleppenden Rhythmus können dagegen Gedächtnislücken auftreten, und nachdem man aus dem Rhythmus geraten ist, ist es hoffnungslos, krampfhaft nach dem treffenden Wort zu suchen: Die Situation verschlimmert sich meistens. Das Publikum empfindet Unbehagen und bald auch Misstrauen.

      Genauso wichtig wie der Sprechrhythmus sind angemessene Pausen. In der mündlichen Kommunikation muss der Adressat die Mitteilung sofort verarbeiten, um sie zu verstehen; dazu sind Pausen unentbehrlich. Der Mut zur Pause seitens des Redners oder Dolmetschers vermittelt den Eindruck der Sicherheit und Souveränität.

      2.3.2 Visualisierendes Gedächtnis

      Für eine gelungene mündliche Kommunikation ist ein zuverlässiges Gedächtnis unverzichtbar. Konsekutivdolmetschen erfordert ein gutes Gedächtnis. Zwei Gedächtnisfunktionen sind beim Dolmetschen besonders wichtig: einerseits das Im-Blick-Behalten der Gliederung der Aussage und andererseits das Visualisieren der Aussage. Der Dolmetscher sollte das visuelle Gedächtnis besonders trainieren: Das Visualisieren ist besonders hilfreich, wenn dem Dolmetscher der gesuchte Begriff „auf der Zunge liegt“,1 aber nicht sofort einfällt.

      2.3.3 Souveränität durch Dolmetschetikette

      2.3.3.1 Zu verwendende Personalpronomen

      Der Dolmetscher spricht für die jeweils gedolmetschten Parteien in der ersten Person Singular, d.h. in der Ich-Form. Von sich spricht er daher in der dritten Person Singular, um jede Verwechslung auszuschließen. So merkwürdig es auch klingen mag, die Parteien sehen die Notwendigkeit dieser Konvention ein und gewöhnen sich meist sehr schnell daran.

      2.3.3.2 Rückfragen

      In jedem Kommunikationsvorgang ergeben sich Unklarheiten. Beim Dolmetschen gibt es drei Hauptursachen dafür:

       Die schlechte Akustik: Der Dolmetscher hat z.B. eine Zahl oder einen Eigennamen nicht gehört.

       Die scheinbare Unlogik einer Aussage: „Der Zeuge ist mein Bruder, gehört aber nicht zu meiner engen Verwandtschaft“ (Aussage eines Senegalesen).

       Die Informationslücke des Dolmetschers: Ein Sachverständiger erwähnt einzelne Teile eines Kühlaggregats im Detail, obwohl die Geschäftsstelle es versäumt hat, dem Dolmetscher das Gutachten rechtzeitig zur Vorbereitung zu schicken.

      In diesen Fällen ist eine zuverlässige Verdolmetschung kaum möglich. Daher muss der Dolmetscher souverän genug sein, um bei Unklarheiten so nachzufragen, dass seine Kompetenz nicht in Frage gestellt werden kann. Aus ethischen Gründen (Transparenz zur Gleichbehandlung der Parteien) müssen aber alle Gesprächspartner über die Notwendigkeit der Nachfrage informiert werden. Der Dolmetscher sagt daher: „Entschuldigen Sie bitte, der Dolmetscher hat eine Frage.“ oder „… muss hier nachfragen“. Die Frage muss knapp und möglichst geschlossen sein, damit der Gefragte nicht zum Ausschweifen ermuntert wird. Nach Beantwortung der Frage bedankt sich der Dolmetscher höflich und setzt die Verdolmetschung fort.

      2.3.3.3 Reaktion auf berechtigte und unberechtigte Kritik

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