Der Philipperbrief des Paulus. Eve-Marie Becker
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СКАЧАТЬ interpretiert werden könnten, also als ‚Ich‘-Aussagen, die kaum biographisch gestaltet, aber autofiktional, d.h. literarisch stilisiert sind (s. dazu die Tabelle oben).

      5.4. Theologie

      Der 2 Kor enthält umfassende Selbstaussagen des Paulus zu seinem Selbstverständnis als Apostel und PersonPerson, persona, so z.B. auch zu seiner Krankheit. Die daraus abgeleitete ‚Schwachheitstheologie‘ in Hinsicht auf den Apostolat (2 Kor 11,30082 Kor11,30; 12,9071 Kor12,9) korrespondiert der in 1 Kor 1,18ff.071 Kor01,18ff. formulierten ‚Kreuzestheologie‘. Paulus stellt also sein apostolisches Selbstverständnis in expliziten Bezug zur Christologie (vgl. 2 Kor 4,7ff.082 Kor04,7ff.). Biographie und Theologie bzw. AutobiographieAutobiographie, autobiographisch und apostolisches Selbstverständnis einerseits und Christologie andererseits bilden einen gemeinsamen Deutungshorizont.Person, persona1

      5.5. Charakter und Personalität

      Paul RicœurRicœur, Paul formuliert in „Oneself as Another“ (1992)Ricœur, Paul1 die gleichermaßen literaturwissenschaftlich wie anthropologisch interessante Überlegung, das Wesen der Personalität werde im Zuge autobiographischen Schreibens gleichsam wie ein ‚Charakter‘ erschaffen:

      „A character is the one who performs the action in the narrative. The category of character is therefore a narrative category as well, and its role in the narrative involves the same narrative understanding as the plot itself … characters, we will say, are themselves plots“Ricœur, Paul2.

      Nach RicœurRicœur, Paul entsteht der Charakter also als plot im Zuge des autobiographischen Schaffens.

      Auch diese Beobachtung benennt m.E. eine genuine Aufgabe der Paulus-Forschung: Die Frage nach dem Charakter- und PersonenPerson, persona-Begriff in der Antike ist höchst komplex.Gill, ChristopherPerson, persona3 Christopher GillGill, Christopher schlägt vor, ‚Charakter‘ zumindest in der Antike als moralisch bewertete und bewertbare Größe zu verstehen: „I have associated the term ‚character‘ with the process of making moral judgements …“Gill, Christopher4. Im Unterschied zum Charakter, der allgemeinen moralischen Normen und Normierungen unterliegtGill, Christopher5, verbindet Gill erst mit ‚Person‘ und ‚Personalität‘ ein individuelles, reales oder authentisches SelbstSelbst, self, selfhood:

      „I have connected [the term personality, Verf.in] … with a response to people that is empathetic rather than moral: that is, with the desire to identify oneself with another person, to ‚get inside her skin‘, rather than to appraise her ‚from the outside‘“Gill, Christopher6.

      Im Hinblick auf das Verhältnis von ‚AutobiographieAutobiographie, autobiographisch‘ und ‚Personalität‘ bei Paulus könnten mögliche Fragestellungen der Paulus-Forschung daher lauten: Inwieweit ist die paulinische SelbstSelbst, self, selfhood-Bezeichnung als ‚Apostel Jesu Christi‘ ein zunächst fiktives Moment paulinischer Selbst-Wahrnehmung und Selbst-Darstellung, d.h. ein zentraler Aspekt des von Paulus in seinen Briefen selbst geschaffenen und literarisch gestalteten Charakters? Wieweit unterliegt dieser Charakter im Kontext frühchristlicher Identitätsbildung moralischer oder ethischer Beurteilung? In welchem Verhältnis stehen die paulinische Apostolizität als literarischer Charakter und Paulus als möglicher Prototyp individueller christlicher Personalität?

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