Название: Psychologie
Автор: Rainer Maderthaner
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: utb basics
isbn: 9783846355404
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1. Versuchssituation: Der sogenannte „Aufforderungscharakter“ eines experimentellen Umfelds, nämlich die Art der Information über den Zweck der Untersuchung, die Rahmenbedingungen, die Art der Instruktion, die gestellten Fragen und Ähnliches hinterlassen bei den Versuchspersonen Eindrücke, die ihr experimentell induziertes Verhalten beeinflussen können.
2. Versuchspersonen: Eine unüberlegte, nicht randomisierte Auswahl der Stichprobe kann Verfälschungen in den Ergebnissen bewirken. Ein nicht zu unterschätzendes Problem bei der Interpretation von Untersuchungsergebnissen ist zum Beispiel die oft notwendige Beschränkung der Teilnahme auf Freiwilligkeit und das Ausscheiden von Teilnehmenden aus dem Experiment („drop out“), wodurch natürlich die erwünschte Zufallsauswahl einer Stichprobe beeinträchtigt ist. Personen, die sich freiwillig für ein Experiment melden, sind im Allgemeinen besser gebildet, haben einen höheren gesellschaftlichen Status, sind stärker sozial orientiert und haben ein stärkeres Bedürfnis nach Anerkennung (Rosenthal & Rosnow, 1975; zit. nach Gniech, 1976). Natürlich wirken sich auch Einstellungsunterschiede der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gegenüber der Untersuchung aus, je nachdem, ob es sich um kooperierende, sabotierende oder neutrale Versuchspersonen handelt.
3. Versuchsleitung: Vonseiten der Forscherinnen und Forscher sollten beobachterabhängige Urteilsverzerrungen (engl.: observer bias) beachtet werden, die durch persönliche Motive und Erwartungen entstehen. Besonders störend sind unbewusste Einflussnahmen (z.B. über nonverbale Kommunikation) im Sinne eigener theoretischer Vorstellungen („Erwartungseffekte“, „Rückschaufehler“, Selbsterfüllende Prophezeiung). In Experimenten mit Volksschulkindern (Box 3.4) konnte etwa nachgewiesen werden, dass Lehrpersonen gegenüber fremden Kindern, die ihnen aufgrund von Testresultaten als angeblich begabt ausgewiesen wurden (als „Spätentwickler“), sich sympathischer, förderlicher und entgegenkommender verhielten, sodass sie mit ihrem Verhalten de facto dazu beitrugen, die Fähigkeiten der Kinder zu steigern (Rosenthal & Jacobson, 1968).
lat. placebo: „Ich werde gefallen.“
Dass Erwartungshaltungen, zum Beispiel hinsichtlich der Wirksamkeit eines Medikamentes, beachtliche Auswirkungen haben können, ist seit Langem aus der Medizin unter der Bezeichnung Placebo-Effekt bekannt. Darunter versteht man die positive Wirkung auf Befinden oder Gesundheit ausgehend von medizinisch unwirksamen Substanzen – sogenannten „Placebos“ (z.B. Milchzucker, Stärke, Salzlösungen) –, allein durch Herstellung einer Erwartung von Wirksamkeit.
| Box 3.4 Selbsterfüllende Prophezeiung
Die Selbsterfüllende Prophezeiung wird auch Pygmalion-Effekt genannt, nach dem Bildhauer der griechischen Mythologie, der die Statue einer perfekten Frau schuf („Galatea“) und sie durch seinen festen Glauben und seine Sehnsucht nach ihr zum Leben erweckte (Göttin Aphrodite soll allerdings mitgeholfen haben).
In einem Experiment der Sechzigerjahre waren 18 Klassen einer Volksschule einbezogen. Bei allen Schülerinnen und Schülern wurde ein nonverbaler Intelligenztest durchgeführt, den man als Indikator für eine zu erwartende intellektuelle Entwicklung der Kinder in den nächsten acht Monaten ausgab. Aus allen Klassen wurden 20 % der Kinder zufällig (!) ausgewählt, die den Lehrpersonen mit dem Hinweis genannt wurden, dass von diesen Kindern aufgrund des durchgeführten Tests in der nächsten Zeit ein intellektueller Fortschritt zu erwarten sei. Nach acht Monaten zeigten die mit dem positiven Vorurteil bedachten Kinder im Intelligenztest deutliche Verbesserungen! Der gleiche Effekt konnte auch in Tierexperimenten nachgewiesen werden (Rosenthal, 2002).
Das Gegenteil vom Placebo-Effekt ist der Nocebo-Effekt, nämlich die durch Erwartung hervorgerufene negative Auswirkung eines eigentlich unwirksamen Medikaments oder einer Behandlung.
Um die genannten Artefakte in Experimenten zu reduzieren, werden Doppel-blind-Verfahren eingesetzt, bei denen weder die Versuchspersonen noch die unmittelbar das Experiment betreuenden Forscherinnen und Forscher über die Art der experimentell gesetzten Einwirkungen Bescheid wissen dürfen. Da natürlich auch in Blindstudien die Probandinnen und Probanden über die Intention einer Studie Vermutungen entwickeln, müssen in der psychologischen Forschung manchmal auch Täuschungen eingesetzt werden. Selbstverständlich sind diese nach Ende des Experiments aufzuklären.
Merksatz
In einem Experiment werden unter abgeschirmten Bedingungen die Effekte (abhängige Variablen) systematisch variierter Wirkfaktoren (unabhängige Variablen) registriert, wobei durch eine zufällige Zuteilung der Fälle zu den Bedingungen der Wirkfaktoren etwaige Verfälschungen der Ergebnisse minimiert werden sollen.
Experimente sowie andere Forschungsdesigns können sowohl als Querschnittuntersuchung (engl.: cross sectional study) als auch als Längsschnittuntersuchung (engl.: longitudinal study) durchgeführt werden. Bei der häufig eingesetzten Querschnittstudie werden an einzelnen Fällen (Personen, Gruppen, Situationen etc.) die interessierenden Variablen nur einmalig erhoben, sodass strukturelle Gesetze von Variablen analysiert werden können, während bei einer Längsschnittstudie zwei oder mehr Datenerhebungen zu den gleichen Variablen stattfinden und somit auch deren zeitliche Dynamik erfassbar ist. Ein großer Vorteil der Längsschnittmethode liegt auch darin, dass intraindividuelle Veränderungen beobachtet werden können und Verfälschungen durch unausgewogene Stichproben, wie sie bei der interindividuellen Querschnittmethode vorkommen, reduziert sind (Daumenlang, 1987). Nachteilig ist hingegen über einen längeren Zeitraum der Schwund an Versuchspersonen und die Problematik der mehrmaligen Anwendung gleichartiger Testverfahren (Gefahr von „Serialeffekten“).
3.7.2 | | Quasiexperiment |
Merksatz
Ein Quasiexperiment gleicht vom Aufbau her einem Experiment – mit dem Unterschied, dass die Fallzuordnung zu den Bedingungen nicht zufällig erfolgt.
Artefakt: In Psychologie und Nachrichtentechnik steht dieser Ausdruck für verfälschte Ergebnisse.
Diese Untersuchungstechnik gleicht vom Design her dem Experiment, nur verzichtet man auf eine zufällige Zuordnung der Versuchspersonen zu den Versuchs- bzw. Kontrollbedingungen und nimmt das Risiko von Stichprobeneffekten in Kauf. In manchen Forschungsbereichen ist eine zufällige Zuteilung zu den verschiedenen Bedingungen entweder nicht realisierbar oder ethisch nicht zu rechtfertigen; so etwa die zufällige Zuordnung von Schülerinnen und Schülern zu Schultypen, von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Betrieben oder von Patientinnen und Patienten zu Behandlungsverfahren. Um die aus dem Verzicht einer Randomisierung resultierenden Artefakte zu kompensieren, werden in solchen Untersuchungen einerseits größere Probandengruppen angestrebt und andererseits zusätzliche Personenmerkmale erhoben, denen ein direkter oder indirekter Einfluss auf die abhängigen Variablen zugeschrieben werden kann. Zu diesen gehören die soziodemografischen Merkmale (Geschlecht, Alter, Schulbildung, Beruf ...), aber auch andere individuelle Charakteristika, die aufgrund ihrer Ungleichverteilung in den Bedingungen der unabhängigen Variablen zu systematischen Verfälschungen von Ergebnissen führen könnten. Mittels statistischer Korrekturverfahren lassen sich einige solcher Verfälschungen kompensieren bzw. aus den Ergebnissen herausrechnen („auspartialisieren“).
Feldforschung | | 3.7.3 |
Im Gegensatz zum Experiment versucht man in der Feldforschung, Phänomene unter möglichst natürlichen Bedingungen zu beobachten und zu erklären. Dem Vorteil der Natürlichkeit steht hier der Nachteil gegenüber, dass Störvariablen weniger gut kontrolliert werden können. Da Forschungsphänomene „im Feld“ wesentlich komplexer in Erscheinung treten als im Labor, kommt bei der Feldforschung der Entwicklung von genauen und effizienten Beschreibungsmethoden sowie der Ausarbeitung von Verhaltensregeln zur optimalen Datengewinnung besondere Bedeutung zu (s. Flick et al., 1995).
Merksatz
Methoden СКАЧАТЬ