Название: Psychologie
Автор: Rainer Maderthaner
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: utb basics
isbn: 9783846355404
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Hypothetische Ursachen werden in empirischen Untersuchungen mittels unabhängiger Variablen charakterisiert und hypothetische Wirkungen mittels abhängiger Variablen.
Faktoren, denen innerhalb von Phänomenen ein Einfluss zugeschrieben wird, heißen in den empirischen Sozialwissenschaften (so wie in der Mathematik bei Funktionsgleichungen) unabhängige Variablen (UV), während jene Faktoren, welche die Auswirkungen des Einflusses symbolisieren, als abhängige Variablen (AV) bezeichnet werden. In einer wissenschaftlichen Kausalhypothese (s. 3.4) stellt der Wenn-Teil die Ausprägungen der unabhängigen Variablen und der Dann-Teil die vorhergesagten Ausprägungen der abhängigen Variablen dar (Box 3.1). Auf diese Unterscheidung verzichtet man, wenn die Einflussrichtung zwischen den Variablen nicht spezifiziert ist oder als wechselseitig angenommen wird (z.B. bei Korrelationsstudien).
Von den eigentlichen Wirkvariablen unterscheidet man sogenannte Moderatorvariablen, denen ein modifizierender Einfluss auf die funktionalen Beziehungen zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen zugeschrieben wird (Box 3.1).
lat. confundere: zusammengießen, vermischen, vermengen, verwirren
Da selbst bei bestens geplanten und genau kontrollierten Experimenten Einflüsse wirksam werden, die nicht erwünscht sind, existieren in allen empirischen Untersuchungen auch Störvariablen. Je mehr Störeinflüsse in einer Untersuchung vorhanden sind, desto vager und unschärfer werden die wissenschaftlichen Resultate. Von Konfundierung spricht man, wenn unabhängige Variablen mit dem Effekt anderer Variablen vermischt sind. Gebräuchliche Maßnahmen gegen eine Verfälschung durch konfundierende Variablen oder Störvariablen sind deren
• „Elimination“ (d.h. Versuch ihrer Ausschaltung),
• „Matching“ (d.h. Gleichhaltung ihres Effektes bei den Ausprägungen der unabhängigen und abhängigen Variablen) sowie
• Randomisierung (d.h. zufällige Aufteilung ihrer Quellen, wie etwa der Auswahl der Probandinnen und Probanden).
probabilistisch: wahrscheinlichkeitstheoretisch berechnet
Insbesondere bei modernen statistischen Modellen findet man häufig die Unterscheidung in manifeste - und latente Variablen. Als manifest gelten alle durch direkte Erhebung (als Ergebnis der empirischen Datenerhebung) zustande gekommenen Variablen, während latente Variablen theoretisch begründet sind und zur Erklärung der empirischen Resultate herangezogen werden. So etwa kann das Konstrukt Intelligenz durch eine latente Variable beschrieben werden, wenn diese als Summe aller gelösten Intelligenzaufgaben definiert wird. Die Ausprägungen latenter Variablen werden in der Forschungspraxis mittels mehr oder weniger komplexer mathematischer Prozeduren (z.B. über Mittelwertsbildungen, lineare Funktionen, probabilistische Schätzungen) aus den ihnen über die Operationalisierung zugeordneten manifesten Variablen errechnet.
Beispiel für eine Variablentypisierung | Box 3.1
Wenn etwa in einem Experiment der Einfluss des Alkoholkonsums auf die Fahrleistung in einem Fahrsimulator untersucht werden soll, dann könnte die Hypothese lauten: Wenn Verkehrsteilnehmer Alkohol trinken, dann begehen sie überdurchschnittlich viele Fehler im Simulator. Als unabhängige Variable fungiert der Alkoholgehalt des Blutes, welcher zumindest in zwei Ausprägungen vorliegen muss (z.B. 0,0 Promille Blutalkoholgehalt – 0,5 Promille Blutalkoholgehalt). Als abhängige Variable könnte in einer normierten Fahrleistungsprüfung die Anzahl an Fahrfehlern herangezogen werden. Als Moderatorvariablen, welche die Beziehung zwischen Alkoholisierungsgrad und Fahrleistung verändern könnten, wären die Fahrpraxis, die Alkoholtoleranz oder die Trinkgeschwindigkeit der Versuchspersonen einzubeziehen. Als Störvariablen können Messfehler bei der Blutalkoholbestimmung, Konzentrationsschwankungen der Probandinnen und Probanden oder Ablenkungen in der Versuchssituation angenommen werden.
Kausalität und Wahrscheinlichkeit | | 3.4 |
Die Annahme, dass Ereignisse der Realität einander gesetzmäßig beeinflussen, d.h. in einem Kausalzusammenhang zueinander stehen, wird implizit in jeder Wissenschaft vorausgesetzt. Würde die Welt nicht deterministischen oder zumindest probabilistischen Gesetzen (wie z.B. in der Quantenphysik) unterliegen, hätte das Betreiben von Wissenschaft keinen Sinn. Das Kausal(itäts)prinzip, nämlich die Annahme, dass jedes Ereignis eine oder mehrere Ursachen hat, ist eine grundsätzlich unbeweisbare These, die aber sowohl im Alltag als auch in der Wissenschaft dazu motiviert, immer wieder nach Ursachen und Wirkungen zu fragen. Im Vergleich zur oft trivial vereinfachten Kausalanalyse des täglichen Lebens (z.B.: Wer ist schuld an einer Scheidung? Was ist die Ursache eines Unfalls?) unterscheidet man in der Wissenschaft mehrere Arten von Kausalbeziehungen.
3.4.1 | | Multikausalität und bedingte Kausalität |
Eine wichtige Grundunterscheidung betrifft das direkte oder indirekte Zustandekommen von Effekten. Bei direkten Kausalbeziehungen können selbst wieder vier Arten unterschieden werden (Nowak, 1976; Abb. 3.3):
1. Die einfachste Variante, dass eine Ursache sowohl hinreichend (allein ausreichend) als auch notwendig ist (ohne diese Ursache käme es zu keiner Wirkung), stellt einen Kausaltyp dar, den wir in dieser Reinform in der Psychologie kaum vorfinden, am ehesten noch dann, wenn Gegebenheiten miteinander in Wechselwirkung stehen, wie etwa im Falle der gegenseitigen Anziehung zweier Menschen oder bei der symmetrischen Aufschaukelung der Aggression zweier Personen, sodass die Ursachen zugleich als Wirkungen gesehen werden können.
Abb 3.3 |
Typisierung möglicher direkter Kausalbeziehungen nach Nowak (1976) unter Berücksichtigung bedingter Kausalität und Multikausalität. Die Pfeile symbolisieren die Wirkungsrichtung, die aussagenlogischen Formelzeichen ∧, ∨, → und ↔ bedeuten „und“, „oder“, „wenn – dann“ sowie „wenn – dann und umgekehrt“.
2. Die weiteren Kausaltypen sind komplexer. So ist zum Beispiel Stoffkenntnis für eine Prüfungsleistung eine hinreichende Ursache, sie ist aber nicht notwendig, weil auch noch andere Gründe (z.B. Schummeln) für eine gute Leistung verantwortlich sein können.
3. Ursachen lösen oft nur unter bestimmten Bedingungen Effekte aus, indem etwa ein Stressor nur bei schwacher Stressresistenz zu psychischen und somatischen Störungen führt oder selbst die besten Argumente dann nicht einstellungsverändernd wirken, wenn sie aus Mangel an Aufmerksamkeit nicht gehört oder aufgrund zu geringen Vorwissens nicht verstanden werden. Die Ursache ist in diesen Fällen notwendig (d.h. ohne sie kein Effekt), aber nicht hinreichend.
4. Der vierte Typ von Kausalbeziehung ist schließlich jener, bei dem eine Ursache nur unter bestimmten Bedingungen wirksam wird, aber auch andere Ursachen die gleiche Wirkung hervorrufen. So lässt sich eine bestimmte Verhaltensweise eines Kindes durch Versprechen von Belohnung hervorrufen, dies aber nur dann, wenn beim Kind auch ein Bedürfnis nach der versprochenen Gratifikation vorhanden ist. Die gleiche Verhaltensweise kann aber auch durch körperliche Gewalt, durch Bestrafungsandrohung oder andere Faktoren provoziert werden. Da viele psychische Phänomene sowohl multikausal verursacht als auch nur unter bestimmten Voraussetzungen auslösbar sind, ist diese letzte (weder hinreichende noch notwendige) Kausalbeziehung in der Psychologie wohl am häufigsten anzutreffen.
Multikausale - und multieffektive Beziehungen zwischen psychischen, sozialen oder physischen Ereignissen sind also eher die Regel als die Ausnahme. Als ein weiterer diesbezüglicher Ansatz für eine solcherart komplexe, den realen Gegebenheiten entsprechende wissenschaftliche Ursachenanalyse wurde die INUS-Methode vorgeschlagen (s. Westermann, 2000). Das INUS-Schema postuliert, dass eine Ursache oft weiterer Bedingungen für die Auslösung СКАЧАТЬ