Meine Seele will endlich fliegen. Hermine Merkl
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Название: Meine Seele will endlich fliegen

Автор: Hermine Merkl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783991076704

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СКАЧАТЬ Fürs Auge im Außen zwar noch nicht wirklich ersichtlich, aber irgendwie doch schon spürbar. Mit der Zeit nahmen eine zunächst noch undefinierbare Unzufriedenheit und Unausgeglichenheit immer mehr Raum in meinem Leben ein, die im Verlauf der nächsten Jahre eine Form annahmen, die leider nicht mehr mit „gut“ und „günstig“, sowohl für mich selbst als auch für meinen Mann, zu bezeichnen waren. Da ich ab Herbst 2007 mit dem Hineinwachsen und Ankommen in der neuen beruflichen Situation beschäftigt war, war mir der Blick auf ein erfülltes und gelingendes Privatleben immer mehr abhandengekommen. Viel zu sehr hatte ich meinen Fokus auf den Beruf ausgerichtet. So vollzog sich im Privatleben ein Wandel, der schleichend begann, doch von Jahr zu Jahr immer mehr an Fahrt aufnahm. Als mir die Situation dann insoweit bewusst war, dass auch ich davor die Augen nicht mehr verschließen konnte, redete ich mir zwar immer noch ein, dass sich die Wogen des Sturmes auch wieder glätten könnten. Dass alles nur vorübergehend sei. Dass es nur so lange so anstrengend und an der Substanz zehrend sei, bis ich mich beruflich an der neuen Schule wieder integriert sah und mich im neuen Aufgabengebiet wieder sicher fühlen konnte. Doch was ich gänzlich übersah, war, dass ich zu dieser Zeit bereits mit so viel Neuem konfrontiert war, was bei mir bereits einen höheren Stresslevel „aufflammen“ ließ.

      Schließlich hatte ich nicht nur den Schul- und Ortswechsel von der Stamm-Schule zur neuen Schule zu bewältigen, sondern sah mich auch der Herausforderung gegenüber, wieder vertraut zu werden mit neuen Klassen, einem neuen Kollegium, sowie einem völlig neuen Aufgabengebiet. Folglich für mich kein ganz so leichter Beginn. Kaum waren diese vier Jahre des Hineinwachsens in das neue Kollegium gemeistert, erfolgte ein erneuter Standortwechsel mit meiner Berufung auf die Schulleiterstelle. Meine Freude darüber war riesengroß, war es doch genau das, worauf ich in den letzten Jahren hingearbeitet hatte. Doch zugleich hieß es erneut: neuer Standort – neue Schule – neue Klassen – neues Kollegium – neues Aufgabengebiet. Was folgte, waren also weitere Jahre der Veränderung und des Lernens. Eine Zeit, die ich im Leben nicht missen möchte. Doch ich gebe zu, dass es auch eine sehr intensive und mitunter sehr harte Zeit war, in der ich mich oft auch sehr einsam fühlte. Beruflich hatte ich erreicht, was ich erreichen wollte. Ich war da angekommen, was ich mir erwünscht hatte. Ich wollte als Schulleiterin etwas bewirken, etwas gestalten, meine Visionen leben und hatte mir dafür die beste Ausgangsposition geschaffen. Zumindest dachte ich mir dies. Doch beruflich am Zielort der Träume angekommen zu sein heißt noch lange nicht, in der Erfüllung und im wahren Leben angekommen zu sein. Mit meinem beruflichen Engagement hatte ich zwar erreicht, was meinem Ego gefiel. Ich war davon überzeugt eine wunderbare Startposition eingenommen zu haben, auf der sich nun mein weiteres Leben beruflich wie privat entfalten könnte. Doch falsch gedacht. Die Rechnung habe ich ohne die anderen Personen und Variablen gemacht. – Doch dazu später mehr.

      Da es mir heute zum Glück wieder um so vieles besser geht – wenn auch noch nicht vollständig in allen Bereichen geheilt –, fühle ich mich dazu motiviert und inspiriert, Ihnen einen Einblick davon zu geben, was mich im Jahr 2016 mit knapp 55 Jahren in der sogenannten „Blüte meines Lebens“ aus meiner „Umlaufbahn“ (privat wie beruflich) geworfen hat. Doch ich möchte dabei keineswegs lamentieren oder gar mit Ihnen „meinen“ Schmerz und „meine“ Wunden aufarbeiten. Manches sei nur deshalb erwähnt, damit Sie sich ein Bild davon machen können, was mein Leben derart durcheinandergeworfen hat, dass es derart aus allen Fugen und Bahnen geriet. Ein Zustand, den man weder sich selbst, noch anderen wünscht. Doch wenn das Leben es so will, dann liegt es letztlich an uns selbst, wieder allen Mut zusammenzunehmen, einen Fuß vor den anderen zu setzen und Stück für Stück nach vorne weiterzugehen. Und dies so lange, bis sich im Leben auch wieder Alternativen zeigen. Nicht umsonst heißt es immer wieder: „Der Weg geht durch die Dunkelheit ins Licht!“

      Nun, ich weiß, dass ich dieses „Schicksal“ mit vielen teile. Ich bin nicht die Einzige mit der Diagnose „Burnout, Depression und PTBS“. – Nicht die Einzige, die von ihrem Leben auf eine derart „interessante“ Art und Weise auf diesen Weg gebracht wird. Die vom Leben selbst auf diese Probe gestellt wird. Auf eine Probe, die – so kann ich das heute, vier Jahre später sagen – für jeden Einzelnen von uns trotz aller Krisen und Einschränkungen doch auch zu einer unglaublichen Lernchance wird. Vorausgesetzt wir erlauben es uns daraus zu lernen und uns dabei vor allem die sogenannte „Dunkelheit“ anzusehen. Allein in Deutschland teile ich das Los der Diagnose „Depression“ bereits mit weit über 5 Millionen Menschen. Und die Zahl der Erkrankungen ist nicht rückläufig, sondern ganz im Gegenteil stetig ansteigend. Jede vierte Person soll davon bereits betroffen sein. Was mich bei der Thematik „Depression“ besonders erschreckt, ist die unglaublich hohe Zahl, mit der bereits Kinder & Jugendliche zu Leidtragenden werden, die noch weniger als wir – der betroffene Erwachsene – verstehen, warum sie bereits in so frühen Jahren ihres Lebens in eine solche Krisensituation geworfen werden. Als Schulleiterin habe ich mitunter die Erfahrung gemacht, dass bereits Jugendliche im Alter von 13/14/15 Jahren vor diese große Herausforderung gestellt sind. – Und ihnen oder ihren Eltern nicht wirklich helfen zu können, das hat mich zum einen ohnmächtig und zum anderen aber auch richtig wütend gemacht. Sie sehen: Auch heute noch lässt mich das Schicksal dieser jungen Menschen nicht kalt. Allein schon von Berufswegen her liegt mir das Wohlergehen junger Menschen ganz besonders am Herzen.

      Nach Angaben der Stiftung Deutsche Depressionshilfe erkranken jedes Jahr in Deutschland insgesamt etwa 5,3 Millionen Menschen an einer behandlungsbedürftigen Depression. Die Mehrheit der Deutschen ist im Lauf des Lebens entweder direkt aufgrund eigener Erkrankung (23 %) oder indirekt als Angehöriger eines Erkrankten (37 %) von einer Depression betroffen. Ist Depression überhaupt eine Krankheit? – Dies mit Ihnen hier zu diskutieren habe ich an dieser Stelle nicht vor. Ich folge mit diesem Buch meinem Gefühl, dass es allerhöchste Zeit wird, dass wir uns gesamtgesellschaftlich gesehen mit den Ursachen und Folgen eines mitunter so krank machenden gesellschaftlichen Systems und den tragischen Folgen dieser Diagnose „Depression“ einmal intensiver auseinandersetzen. Dass wir lernen, offen, verständnisvoll und mitfühlend über dieses „Krankheitsbild“ zu reden, ohne vor der Diagnose die Augen zu verschließen und davon zu laufen, als wäre sie ein Gespenst. Schließlich könnten Sie oder Ihr Kind, Ihr Partner, ein Familienmitglied morgen gegebenenfalls selbst Leidtragender/Leidtragende einer solchen Diagnose sein. Oder als Familienangehöriger, Partner/in, Freund/in davon in Mitleidenschaft gezogen sein.

      Was mich sehr ärgerlich macht, ist, die Betroffenen ganz einfach und ganz schnell mal in die Schublade „krank, weil depressiv“ zu stecken und sie insgeheim wegen ihrer Diagnose und der daraus entstehenden Kosten im Gesundheitswesen letztendlich sogar noch zu „verurteilen“. Glauben Sie mir: Die Depression sucht sich keiner aus. Sie passiert mit uns. Und meiner Meinung nach liegen viele ihrer Ursachen in unserer Leistungsgesellschaft, in einer „überreizten“ Wettbewerbsgesellschaft, im gnadenlosen Konkurrenzdenken, das uns Menschen so sehr voneinander entfernt. – Kein Wunder, wenn eine Gesellschaft, die fast nur noch auf Leistungssteigerung, Profitdenken und Gewinnmaximierung setzt, irgendwann, weil allzu sehr „entmenschlicht“, am Zusammenbrechen ist. Doch auch diese Diskussion werde ich an dieser Stelle nicht mit Ihnen führen. Dafür muss ein anderer Rahmen her.

      Was mir am Herzen liegt, sind vor allem die betroffenen Menschen, egal ob Jung oder Alt.

      Daher mache ich es mir heute zur Aufgabe, mit diesem gesellschaftlichen „Tabu-Thema“ zu brechen, indem ich offen und ehrlich über meine eigene Geschichte spreche. Die Geschichte „meiner“ Depression. Heute kann ich dies tun, denn inzwischen habe ich gelernt: „Ich bin nicht diese Geschichte. Ich bin nicht diese Diagnose. Ich bin so viel mehr!“ – Doch es hat seine Zeit gedauert, bis ich wieder so denken konnte und bis ich es vermochte, aus einem anderen Fokus heraus auf die „Geschichte (m-)einer Depression“ zu schauen.

      Heute danke ich dieser Depression. Heute weiß ich: Die Depression war bzw. ist meine Lehrerin. Im Grunde genommen will sie nur das Beste für mich. Sie will mich aufrütteln und mich etwas Wichtiges lehren. Das Problem war nur, dass ich dafür erst einmal wieder selbst „die Schulbank drücken“ musste, um das sogenannte „Alphabet“ dieser Art des „Nicht-mehr-in-der-Welt-sein-Wollens“ zu verstehen. Ich musste erst durch die einzelnen СКАЧАТЬ