Meine Seele will endlich fliegen. Hermine Merkl
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Название: Meine Seele will endlich fliegen

Автор: Hermine Merkl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783991076704

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СКАЧАТЬ haftet ihm in der Psychologie durchaus etwas Negatives an, denn hier wird die Symbiose nur dann als positiv angesehen, wenn sie eine Beziehung beschreibt, in der Personen zusammenleben, die miteinander in einer guten, sich gegenseitig ergänzenden und nährenden Beziehung sind. Sind diese jedoch entweder gegenseitig voneinander abhängig oder besteht eine einseitige Abhängigkeit, dann läuft der Einzelne Gefahr, sich zu sehr im anderen zu verlieren. Leben wir als kleine Kinder noch sehr stark in einer Symbiose mit unseren Eltern, baut sich diese mit dem Älterwerden in der Regel immer mehr ab. Tut sie das nicht, spricht man sogar von einer krankhaften Symbiose. Vor allem dann, wenn wir als Erwachsene unser Wohlbefinden allzu sehr von anderen Menschen abhängig machen, bzw. so auf andere fixiert sind, dass wir uns selbst dabei übersehen. Dabei versucht die abhängige Person den anderen an sich zu binden und tut viel um die Beziehung aufrechtzuerhalten. Wenn es sein muss sogar mit Selbstaufopferung.

      In der Beziehung zwischen Mutter und Kind entspricht die Symbiose einer ganz normalen und vor allem sehr wichtigen Entwicklungsphase während der Schwangerschaft und frühen Kindheit. Für die ersten neun Monate sind wir – was unsere Entwicklung angeht – über die Nabelschnur bestens versorgt und müssen uns um nichts kümmern. Unsere Bedürfnisse scheinen somit gestillt. Wir sind mit der Mutter zu einer Einheit verschmolzen und alles, was sie erlebt, erleben auch wir. Alle positiven, aber auch alle negativen Gefühle und Erfahrungen der Mutter gehen in dieser pränatalen Zeit über die Nabelschnur ungefiltert auf das Ungeborene über. Somit fühlen wir, was sie fühlt und teilen mit ihr Empfindungen der Freude und des Glücks, aber auch ihre Erwartungen, Ängste und Sorgen oder gar ihren Schmerz. – Was auch immer geschieht, wir teilen alle diese Erfahrungen mit ihr. – Spätestens nach neun Monaten kommt dann der Tag, an dem aus unserer anfänglich so perfekten Symbiose ein erstes Symbiosetrauma entsteht. Jetzt gilt es, den wohltuenden, kuscheligen Raum der Geborgenheit für immer aufzugeben. Wird die Nabelschnur durchtrennt, erleben wir diesbezüglich unseren ersten Schock, denn die Sicherheit und Geborgenheit, die vorher noch da waren, sind plötzlich für immer weg.

      Auch wenn wir mit unserer Geburt den ersten entscheidenden Schritt in die Selbstständigkeit unseres Lebens gewagt haben, bleiben wir vor allem in der Zeit nach der Geburt und in den ersten drei Jahren noch sehr stark davon abhängig, dass uns die Mutter auch weiterhin gut und liebevoll umsorgt. Erleben wir in diesen ersten Jahren eine gute symbiotische Phase zwischen Eltern und Kind, entwickelt sich daraus eine gute, gesunde kindliche Autonomie und die Phase einer gesunden Ablösung beginnt. – Doch was geschieht, wenn diese lebensnotwendigen Bedürfnisse nach Verbundenheit und Liebe in der Beziehung zwischen Mutter und Kind aus welchen Gründen auch immer nicht ausreichend gesichert und gewährleistet waren? – Als Säugling und Kleinkind brauchen wir einen Erwachsenen (v. a. unsere Mutter) als Spiegel, der uns unsere Gefühle und ersten Erfahrungen erklärt und reflektiert. Nur so können wir uns selbst als eigenständiges Wesen immer mehr und immer besser erfahren. Uns selbst kennenlernen und einen guten Bezug zu uns selbst, sowie ein gutes Selbstbewusstsein entwickeln. Zudem geben uns die Zuwendung und Liebe der Mutter, sowie ein intensiver Körperkontakt mit ihr vornehmlich die Sicherheit und den Halt, die wir brauchen, um im Sinne einer ganzheitlich gesunden Entwicklung immer mehr auf unsere eigene Entdeckungsreise „Leben“ zu gehen.

      Nicht immer ist eine derart gesunde Autonomieentwicklung des Kindes möglich, v. a. dann, wenn es während der Schwangerschaft oder vor bzw. nach der Geburt zu diversen Komplikationen kam. Liegen solch schwierige Startbedingungen vor, die eine sichere Bindung zwischen Mutter und Kind behindern, laufen die Bedürfnisse des Kindes im Hinblick auf Körperkontakt, Zuwendung und Liebe ins Leere, fühlt sich das Kind nicht wertgeschätzt, nicht (ausreichend) geliebt und ist emotional unterernährt. – Kommt dann noch ein Gefühl von Unsicherheit dazu bzw. bleiben im Verlauf der späteren Entwicklung die Bedürfnisse des Kindes weiterhin unerfüllt, so kommt es nicht zur vollständigen Abnabelung von den Eltern und wir entwickeln uns nur unzureichend zu einem autonomen, selbstsicheren und selbsterfüllten Menschen. In uns bleiben unerfüllte Bedürfnisse zurück, die wir scheinbar damit befriedigen, dass wir uns vermehrt um die Bedürfnisse anderer kümmern. So entstehen jedoch Verstrickungen und Abhängigkeiten, die mehr schaden als nützen. Gibt es bei den Eltern selbst auch unerfüllte Abhängigkeiten und Strukturen, weil sie aufgrund ihrer eigenen Biografie an Liebe und Zuwendung durch ihre Eltern ebenfalls zu wenig bzw. gar „nicht satt geworden“ sind, ist es ihnen nicht möglich, das Kind in die Selbstständigkeit zu entlassen. Aus eigener Bedürftigkeit binden sie so ihre Kinder wiederum an sich, um die damit einhergehenden ungelösten Gefühle nicht spüren zu müssen.

      In uns bleibt diese unerfüllte Beziehung zurück, die wir dadurch zu kompensieren versuchen, indem wir uns vermehrt um die Bedürfnisse anderer kümmern, um uns selbst auf diese Art eine Daseinsberechtigung zu geben. Doch in uns selbst bleiben wir „unfrei“ und mit der Mutter verstrickt. Sind ewig Suchende nach dieser Liebe. Wer diese sucht, der findet sie nicht. Je mehr er sucht, umso mehr entzieht sie sich ihm, denn sie will nicht im Außen gefunden werden, sondern erst in der Person selbst, die nach ihr sucht. Erst dann stehen wir sozusagen mit beiden Füßen in der Welt und können endlich nach der physischen Geburt – die mitunter schon Jahrzehnte zurück liegt – auch psychisch geboren werden. Erst mit der Liebe zu uns selbst sind wir wirklich beseelt und können ein Leben in wahrem Glück mit viel Leichtigkeit und Freude leben. Ruhen in uns, fühlen uns erfüllt und können wahrhaft gesunde Beziehungen pflegen, weil wir endlich in der Beziehung zu uns selbst angekommen sind. Sie ist der Schlüssel für ein in jeglicher Hinsicht erfülltes Leben.

      Gelingt uns dies nicht, suchen wir uns im Außen solange Partner und Freunde, von denen wir uns erwarten, dass sie zumindest zu einem Teil die Leere, die wir in uns fühlen, ausfüllen können. Im Grunde genommen wählen wir unbewusst die Freunde und Partner, die sich genauso verhalten wie unsere Mütter und halten an diesen Beziehungen fest, auch wenn sie uns nicht oder viel zu wenig erfüllen. Unbewusst leben wir mit ihnen all die Programme, die wir uns als Abwehr-, Anpassungs- und Überlebensstrategien bereits in jungen Jahren angeeignet haben, um bloß nicht alleine zu sein, denn sonst müssten wir unsere eigene Leere fühlen und bewusst durch den Seelenschmerz und die damit verbundenen Gefühle tiefer Traurigkeit, die wir bislang verdrängt haben, gehen. Allzu leicht wählen wir nach einer Phase des ersten Verliebt-Seins und der daraus resultierenden Euphorie beseelt von dem Glauben, den richtigen Partner gefunden zu haben, unbewusst Beziehungsarrangements, die uns immer und immer wieder aufs Neue erleben lassen, dass da auch weiterhin ein unerfüllter Hunger nach der wahren Liebe in uns lebt.

      Solange es beide Partner vermögen, sich hinsichtlich ihrer Bedürfnisse zu ergänzen bzw. einen für beide guten Mittelweg (Kompromiss) zu gehen, kann eine solche Partnerschaft sehr harmonisch und durchaus auch erfüllend sein. Doch der nach wahrer Liebe Suchende bleibt genauso ein Suchender wie ein Träumer ein Träumer bleibt. Und wenn die Seifenblase der Illusion von einer gesunden Beziehung zerplatzt, dann wird die traurige Wirklichkeit Realität. – Dann erkennen wir, dass sich beide Partner gefunden haben und zusammengeblieben sind, um immer und immer wieder ihr Symbiosetrauma unbewusst zu re-inszenieren, denn jeder von uns hat sein ganz eigenes Thema mit seiner Mutter. Jeder von uns hat ihre Präsenz in seinem Leben auf eine ganz eigene Art erfahren, erlebt und gefühlt. In diesem Prozess des Erlebens ähneln sich nicht einmal СКАЧАТЬ