Hochschullehre variantenreich gestalten. Heinz Bachmann
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Название: Hochschullehre variantenreich gestalten

Автор: Heinz Bachmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783035500271

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СКАЧАТЬ es bei der Neuausrichtung in der Lehre nicht nur um methodisches Handwerk geht, sondern zentral eben auch um Einstellungsänderungen bei Dozierenden und Studierenden. Das Resultat der Bemühungen darf sich sehen lassen: ­Orientiert sich die Lehre an den Bloom’schen Taxonomiestufen (siehe hier), erbringen die Studierenden plötzlich viel anspruchsvollere Leistungen als im herkömmlichen Laborpraktikum. Dieser Mehrwert hat allerdings auch seinen Preis: Statt zwei Dozierenden sind nun plötzlich sieben in das Unterrichtsgeschehen involviert. Dies ist übrigens nicht untypisch für diese neuen Lernformen. Die Dozierenden haben oft nicht weniger, sondern eher mehr zu tun, was ja auch vertretbar ist, wenn dadurch ein Mehrwert erzeugt wird. Dabei verschiebt sich die traditionelle Rolle des Dozierenden vom Stoffvermittler in Richtung eines Coachs, Beraters und Organisators von Lern­arrange­ments. Für Interessierte sei an dieser Stelle auf «Zwischen Beraten und Dozieren» (Thomann et al. 2011), den zweiten Band dieser Buchreihe, hingewiesen.

      Mehrwert von aktivierenden Methoden auch beim Schulen des Denkens

      Es ist nicht genug, einen guten Kopf zu haben; die Hauptsache ist, ihn richtig anzuwenden.

      René Descartes (1596–1650)

      Ein zentrales Anliegen in jedem Studienfach ist die Fähigkeit, das kritische Denken zu schulen. Neugier, die Dinge zu hinterfragen, Sachverhalte zu analysieren und kreativ neue Ideen zu entwickeln, gehören zu den Kernkompetenzen jeder Fachrichtung. In der Sprache des Erziehungswissenschaftlers Benjamin Bloom (1913–1999) geht es dabei um das Rezipieren, Verstehen, Anwenden, Analysieren, Erschaffen und Beurteilen von Sachverhalten. In Abbildung 1 sind mögliche verschiedene Ebenen des Denkens beim Lernen illustriert, so wie Bloom sie in seiner berühmt gewordenen Taxonomie beschrieben hat.

      In Vorlesungen wird oft nur das Denken auf den untersten Ebenen der Taxonomie – Memorieren und Verstehen – geschult. Bei den in diesem Buch vorgestellten Methoden können, wenn richtig angewendet, zusätzlich die oberen Ebenen der Taxonomie involviert werden.

      Die Autorin Petra Hild geht der Frage nach, wie Kooperatives Lernen an Hochschulen aussehen kann. Sie zeigt, dass die Anwendung dieser Methode weit über die allgemein praktizierte Gruppenarbeit hinausgeht. «Jede/r kann etwas gut und niemand ist gut in allem» ist eine zentrale Prämisse. In der gemeinsamen Arbeit wird auch das lerntheoretisch begründete Aushandeln und Abgleichen individueller Lernkonstruktionen gefördert.

      Der Autor Claude Müller Werder thematisiert das problembasierte Lernen (PBL). Studierende bearbeiten authentische Fragestellungen und erhalten so die Möglichkeit, Problemlösestrategien und Wissenserwerb in möglichst realen Kontexten zu erarbeiten und damit die Kluft zwischen Wissen und Handeln zu verringern.

      Die Autorinnen Christine Bieri und Esther Kamm sowie der Autor Reto Luder zeigen, wie forschungsorientiertes Lernen an einer pädagogischen Hochschule aussehen kann. Abhängig vom gewählten Forschungstyp werden die verschiedenen Stufen der Bloom’schen Taxonomie abgedeckt. Erfahrungen zeigen, dass dieses Lernsetting vermehrt auf Autonomie und Selbstverantwortung bei den Studierenden setzt. Zusätzlich wird klar, dass ein solches Vorgehen auf Kosten der Breite in die Tiefe geht. Nicht das oberflächlich-additive «Abarbeiten» vereinzelter und als kleine Einheiten konzipierter «Module» ist gefragt, sondern eine vertiefte Auseinandersetzung mit einem Thema über einen längeren Zeitraum.

      Bei der Planspielmethode geht es zum Beispiel darum, vernetztes Denken mit mehreren Variablen im System zu üben. Dabei werden Systeme analysiert und relevante Variablen identifiziert und evaluiert. Neben dem Spielen entsprechender Spiele können Studierende auch angehalten werden, selbst Planspiele zu entwerfen. Geschieht das, haben wir die höchste Stufe der Bloom’schen Taxonomie – das Gestalten – erreicht. Ein zusätzlicher Gewinn resultiert aus der Tatsache, dass beim Spielen auch Gefühle angesprochen werden, was für nachhaltiges Lernen von zentraler Bedeutung ist (Beitrag von Willy Kriz).

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      Abbildung 1: Bloom’sche Taxonomie für den kognitiven Bereich – verschiedene Ebenen des Denkens beim Lernen (übernommen von der Louisiana State University, Center for Academic Studies)

      In der zweiten Hälfte des Buches kommen vor allem Autoren von technischen Fachrichtungen zu Wort. Das Projektstudio im Architekturstudium an der Universität Liechtenstein oder das problembasierte Grundlagenpraktikum für angehende Chemiker an der Fachhochschule Wädenswil in der Schweiz sind ganz auf Handlungsorientierung und employability ausgerichtet. Banzer, Scherrer und Staub zeigen in ihrem Beitrag anhand des Architekturstudiums auf, wie eine kompetenzorientierte Studiengangentwicklung aussehen kann. Dabei gehen sie unter anderem der Frage nach, inwieweit neben der Fachdisziplin auch didaktische Gesichtspunkte bei der Studiengangsgestaltung eine Rolle zu spielen haben.

      Die Autorinnen und Autoren der verschiedenen Hochschulen und Fachrichtungen demonstrieren überzeugend, dass die Kompetenzorientierung nichts mit der Fachrichtung oder der Institution zu tun haben muss. Dass das Schulen überfachlicher Kompetenzen – oft auch soft skills genannt – durchaus auch ein Thema in den sogenannten harten Wissenschaften ist, zeigt der Beitrag von Margot Tanner. Als verantwortliche Leiterin des Projektes No-TechS (non technical skills) an der School of Engineering der Zürcher Fachhochschule ist sie verantwortlich für die Planung und Umsetzung entsprechender Lehr-und Lernformate in den Ingenieurwissenschaften (Beitrag von Tanner in diesem Buch).

      Sowohl bei ihrem Beispiel wie auch beim Beispiel von Banzer et. al wird klar, dass ein systemischer Ansatz, bei dem die ganze Institution in die «Kompetenzorientierung» einbezogen wird, erfolgversprechender ist als nur eine punktuelle Veränderung auf Modulebene von einzelnen Dozierenden. Diese Erkenntnis deckt sich mit vergleichbaren Erfahrungen aus dem angelsächsischen Raum (Cullen et al. 2012).

      We believe that relying on individual classroom efforts to change the learning environment on a programmatic, college, or institutional scale is not strategic and does nothing to link and integrate those individual experiences. We believe that for graduates to develop the skills we have referred to in this chapter, curricular coherence, repeated experiences, and reflection on learning across courses are necessary (S. 13).

      Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass mit den vorgestellten Methoden

      ➤höhere Ebenen des Denkens (nach Bloom) aktiviert werden;

      ➤die Verarbeitungstiefe des vermittelten Wissens und Könnens zunimmt; die Transferwirksamkeit (Stichwort employability) der in den Lehrveranstaltungen vermittelten Inhalte verbessert wird;

      ➤die Kluft zwischen Wissen und Handeln verkleinert wird (Stichwort ­träges Wissen);

      ➤die Transdisziplinarität und das Arbeiten in Teams gefördert werden.

      Literaturverzeichnis

      Bachmann, H. (2011) (Hrsg.). Kompetenzorientierte Hochschullehre. Bern: hep.

      Bologna (2009). Abschlusskommuniqué der Ministerkonferenz. Quelle: Internet (Zugriff 12.02.2012) http://www.ond.vlaanderen.be/hogeronderwijs/bologna/conference/documents/Leuven_Louvain-la-Neuve_Communiqué_April_2009.pdf

      Cullen, R. & Harris, M. & Hill, R. R. (2012). The Learner-centered Curriculum. San Francisco: The Jossey-Bass.

      ECTS Users’ guide (2009). Quelle: СКАЧАТЬ